Artikel herunterladen

Ein Scharlatan als Gesundheitsexperte

Eine über mehrere Jahre erfolgte systematische Fehlinformation über medizinische Themen im Fernsehen ist beendet. Der Westdeutsche Rundfunk hat sich Anfang August 2008 von Prof. Hademar Bankhofer getrennt. Der Professor gab regelmäßig seine Gesundheits-Tipps ab, z.B. im ARD-Morgenmagazin. Dabei ist er keineswegs ein Arzt. Den Professorentitel erhielt er von der Universität Wien für besondere Verdienste. Themen seiner Sendungen waren zum Beispiel: Diät ohne Hunger, Genuss dunkler Kirschen gegen Rheuma und Gicht, Chrom, Zink, Zimt und Nopal-Kaktus-Tee gegen Diabetes, zusätzliche Hilfe beim Aufhören mit dem Rauchen oder eine neue medikamentöse Alternative zur Behandlung der Rückenbeschwerden bei Bürofachkräften. Videoclips sind im Internet abrufbar (1).

Gegen die Empfehlung von Obst und Gemüse als Grundlage gesunder Ernährung hätte man nichts einwenden können. Wenn aber Wirksamkeiten von Naturprodukten gepriesen werden, die in seriösen Studien nie gezeigt wurden (z.B. Stutenmilch, dunkle Kirschen, Nopal-Kaktus-Tee) ist allein das schon gefährlicher Betrug, weil Zuschauer und Patienten von wirklich wirksamen medikamentösen Maßnahmen abgelenkt werden. Aber auch für Arzneimittel mit gefährlichen Nebenwirkungen wurde unauffällig geworben. In einer Sendung zur Raucherentwöhnung wurde z.B. das verschreibungspflichtige Medikament Vareniclin (Champix®) positiv erwähnt, ohne auf die gefährlichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) hinzuweisen (2, 3). Das war eindeutig verbotene Werbung für ein rezeptpflichtiges Arzneimittel. An anderer Stelle wurde Etoricoxib (Arcoxia®) herausgestellt, das bekanntlich wegen eines fehlenden Zusatznutzens und bedenklichen UAW in den USA nicht zugelassen wurde (4). Schließlich wurde Herrn Bankhofer aber zum Verhängnis, dass ihm ein Beratervertrag mit der Firma Klosterfrau nachgewiesen werden konnte, für die er ebenfalls Schleichwerbung betrieben hatte (5).

Man muss dem Scharlatan, der zum angesehenen „Gesundheitsexperten” mit Interessenkonflikten wurde, natürlich massive Vorwürfe machen. Eigentlich ist diese Art von Desinformation aber auch von Laien relativ leicht zu erkennen (6). Umso erstaunlicher ist es, dass er so lange in einem öffentlich-rechtlichen Sender auftreten konnte. Im Laufe der Jahre gab es mehrfach Hinweise auf die unhaltbaren, z.T. auch gefährlichen Ratschläge des „Professors” (5), bevor man sich schließlich von ihm trennen musste.

Diese Vorgänge sollten in einem Beitrag des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) für das ARD-Magazin KONTRASTE zum Thema „Gesundheitstipps von Prof. H. Bankhofer im ARD-Morgenmagazin bzw. im Internet” aufgearbeitet werden. An dem Beitrag hatte die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft sehr aktiv mitgewirkt und die fehlende Qualitätskontrolle durch die verantwortlichen Redakteure bzw. die durch keine wissenschaftlichen Untersuchungen gestützten Gesundheits-Tipps kritisiert. Der entsprechende Beitrag wurde allerdings nicht gesendet. Auf Nachfrage der AkdÄ bestätigte die Fernsehdirektorin im Namen der Intendantin, dass „sich der rbb nach umfangreicher interner Klärung entschieden hat, den Beitrag nicht zu senden”. Diese Form der Zensur wurde als interne Angelegenheit des rrb dargestellt und Gründe für das Absetzen des Beitrags zu den unseriösen Empfehlungen von Prof. Bankhofer nicht genannt. Sachliche, an den Interessen und Bedürfnissen der Verbraucher bzw. Patienten orientierte Kritik war offensichtlich nicht gewünscht. Etwas mehr Selbstkritik würde man dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen raten, damit bei Informationen über wichtige gesundheitliche Fragen nicht plötzlich auf dem ersten und zweiten Auge nur Nebel gesehen wird.

Literatur

  1. http://www.mittenimleben.tv/index.php?site=videos&page=2 (9.10.2008) Link zur Quelle
  2. AkdÄ Drug safety mail: http://www.akdae.de/20/10/2008-026.html Link zur Quelle
  3. AMB 2007, 41, 36. Link zur Quelle
  4. AMB 2007, 41, 48a. Link zur Quelle
  5. Antes, G.: Süddeutsche Zeitung vom 1.8.2008.
  6. vgl. Gute Pillen – Schlechte Pillen 2006, Heft 6, S. 6.