Artikel herunterladen

Rituximab zur Remissionsinduktion bei ANCA-assoziierter Vaskulitis? Ergebnisse zweier randomisierter Multicenterstudien

Die pathogenetischen Vorstellungen zu ANCA-assoziierten Vaskulitiden, die aus vielen in-vitro- und in-vivo-Befunden entwickelt wurden, legen eine wichtige Beteiligung von B-Zellen nahe (vgl. 1). Daher waren Erfolge einer Therapie mit monoklonalen Antikörpern, die B-Zellen über CD20 depletieren, nicht überraschend. Erstaunlich war allerdings das Ausmaß der positiven Resultate mit Rituximab (RTX = MabTheraâ; monoklonaler, chimärer Maus-Mensch-Antikörper). In nicht-kontrollierten Studien konnten über 90% der Patienten, die unter Standardtherapie (Steroide und Cyclophosphamid) einen refraktären Krankheitsverlauf hatten oder Kontraindikationen entwickelten, erfolgreich therapiert werden (2-6). Die Reduktion der Autoantikörper (ANCA) alleine kann aber die klinische Wirksamkeit nicht erklären. Deshalb werden weitere regulatorische Wirkmechanismen, z.B. auf T-Zellen, diskutiert.

Kürzlich wurden die Ergebnisse zweier wichtiger Studien veröffentlicht, in denen RTX mit Cyclophosphamid zur Remissionsinduktion bei Patienten mit ANCA-assoziierter Vaskulitis verglichen wurde. In der größeren RAVE-Studie (7) wurden 197 Patienten mit aktiver Erkrankung (ca. die Hälfte mit einem Rezidiv) 1:1 randomisiert und doppeltblind therapiert. Patienten mit einem Serum-Kreatinin > 4 mg/dl oder mit einer beatmungspflichtigen pulmonalen Hämorrhagie waren ausgeschlossen. Die Patienten erhielten entweder RTX (375 mg/m2 wöchentlich vier Wochen lang) oder Cyclophosphamid täglich oral (2 mg/kg KG), jeweils gemeinsam mit Steroiden: 1-3 Tage 1 g Methylprednisolon i.v., anschließend 1 mg/kg KG Prednisolon oral mit rascher Reduktion, so dass Patienten mit Remission ohne erneute Krankheitszeichen nach fünf Monaten kein Steroid mehr erhielten. Patienten mit Cyclophosphamid, die eine Remission zwischen Monat 3 und 6 erreicht hatten, konnten auf Azathioprin (2 mg/kg KG/d) umgesetzt werden. In der RTX-Gruppe bestand die Erhaltungstherapie aus Plazebo. Primärer Endpunkt war eine Remission ohne weitere Steroidtherapie nach sechs Monaten. RAVE zeigt, dass RTX sehr effektiv eine Remission induzieren kann (64% der Patienten mit RTX vs. 53% mit Cyclophosphamid) und somit Cyclophosphamid nicht unterlegen war („Noninferiority trial”). Bei Patienten, die wegen eines Rezidivs und nicht bei Erstmanifestation in die Studie eingeschlossen worden waren, zeigte RTX sogar signifikant bessere Ergebnisse als Cyclophosphamid (primärer Endpunkt erreicht bei 67% vs. 42% der Patienten; p = 0,01). Die Zahl der UAW und die Zahl der Patienten, die UAW entwickelten, unterschieden sich in den beiden Gruppen nicht. Unter RTX wurden zwar weniger Leukopenien beobachtet, schwere Infektionen waren jedoch gleich häufig (7%). Bei sechs von 124 Patienten (5%), die während der Studie RTX erhielten, wurde im Verlauf ein Malignom diagnostiziert, hingegen nur bei einem von 73 Patienten ohne RTX (1%; p = 0,26).

In der deutlich kleineren, nicht verblindeten RITUXVAS-Studie (8), die ausschließlich Patienten mit aktiver, neu diagnostizierter ANCA-assoziierter Vaskulitis mit renaler Manifestation (mediane geschätzte GFR 18 ml/min) einschloss, wurden 44 Patienten 3:1 randomisiert (33 Patienten in die RTX-Gruppe, 11 Patienten in die Kontroll-Gruppe). Die im Median 68 Jahre alten Patienten erhielten entweder RTX (gleiches Regime wie bei RAVE) und zusätzlich Cyclophosphamid i.v. (15 mg/kg) mit der ersten und dritten RTX-Gabe (anschließend kein Azathioprin) oder – in der Kontroll-Gruppe – Cyclophosphamid i.v. (15 mg/kg) drei bis sechs Monate lang im Abstand von zunächst zwei, später drei Wochen bis zur Remission (mindestens sechs, maximal zehn Infusionen) gefolgt von Azathioprin (2 mg/kg KG/d) zur Remissionserhaltung. Das Steroidregime war in beiden Gruppen gleich. Gegenüber der RAVE-Studie wurden die Steroide jedoch langsamer reduziert, sodass die Patienten nach sechs Monaten noch 5 mg Prednisolon erhielten. Eine initiale Plasmapherese oder Methylprednisolon i.v. (bis zu 2 g) waren vor der Randomisierung erlaubt. Primärer Endpunkt war die Remission nach 12 Monaten und schwere UAW. Wie in der RAVE-Studie induzierte RTX Remissionen in einem ähnlichen Ausmaß (76% in der RTX-Gruppe vs. 82% in der Kontroll-Gruppe; median drei Monate bis zur Remission). Die Rate schwerer UAW (überwiegend Infektionen) war in der RTX-Gruppe (42% der Patienten) jedoch nicht niedriger als in der Kontroll-Gruppe (36%). In beiden Therapiegruppen starben je 18% der Patienten. In der RTX-Gruppe stieg die geschätzte renale GFR von 20 ml/min auf 39 ml/min nach 12 Monaten, in der Kontroll-Gruppe von 12 ml/min auf 27 ml/min. Die gleichzeitige Gabe von niedrig dosiertem Cyclophosphamid in der RTX-Gruppe erschwert allerdings die Beurteilung.

RTX ist also zur Remissionsinduktion bei ANCA-assoziierter Vaskulitis geeignet und Cyclophosphamid nicht unterlegen (für beatmete Patienten ist jedoch keine Aussage möglich). Bei Patienten mit Rezidiv nach einer Therapie mit Cyclophosphamid ist RTX sogar signifikant wirksamer. Die Verträglichkeit von RTX ist jedoch nicht besser und die Häufigkeit von UAW gleich hoch, wobei hier vor allem die Daten der RAVE-Studie wichtig sind, da RTX hier mit Cyclophosphamid oral verglichen wird, einem Schema mit bekanntermaßen vielen UAW.

Wichtige Fragen zu RTX bleiben noch offen. Wie viele Patienten entwickeln Rezidive? Nach den Ergebnissen früherer Untersuchungen kann dies erst nach einer Beobachtungszeit von mindestens zwei Jahren beantwortet werden. Außerdem ist die optimale remissionserhaltende Therapie ungeklärt. Zu Langzeit-UAW fehlen Daten. Nach den jetzigen Erfahrungen kommt es nach RTX nicht zu einer für Cyclophosphamid typischen Gonadentoxizität und auch nicht zu myelodysplastischen Syndromen. Bezüglich des Tumorrisikos müssen ebenfalls Langzeitbeobachtungen abgewartet werden. Die in der RAVE-Studie berichteten soliden Tumore wurden so früh entdeckt, dass ein kausaler Zusammenhang nicht wahrscheinlich ist, zumal frühere Studien dies ebenfalls nicht nahelegen.

Fazit: Rituximab (RTX) kann bei Rezidiven ANCA-assoziierter Vaskulitiden, die nach initaler Therapie mit Cyclophosphamid auftreten, empfohlen werden. Allerdings ist die Therapie mit RTX bei dieser Indikation noch ein „Off-label use”. Für die Entscheidung, RTX auch bei Erstmanifestationen einzusetzen, sind die Daten, insbesondere zu Rezidiven und UAW, noch nicht ausreichend.

Literatur

  1. AMB 2007, 41, 91. Link zur Quelle
  2. Specks, U., et al.: Arthritis Rheum. 2001, 44, 2836. Link zur Quelle
  3. Keogh, K.A., et al.: Arthritis Rheum. 2005, 52, 262. Link zur Quelle
  4. Stasi, R., et al.: Rheumatology (Oxford) 2006, 45,1432. Link zur Quelle
  5. Lovric, S., et al.: Nephrol. Dial. Transplant. 2009, 24, 179. Link zur Quelle
  6. Jones, R.B., et al.: Arthritis Rheum. 2009, 60, 2156. Link zur Quelle
  7. Stone, J.H., et al. (RAVE-ITN = Rituximab in ANCA-associated Vasculitis-Immune Tolerance Network): N. Engl. J. Med. 2010, 363, 221. Link zur Quelle
  8. Jones, R.B., et al. (RITUXVAS = RITUXimab versus cyclophosphamide in ANCA-associated VASculitis): N. Engl. J. Med. 2010, 363, 211. Link zur Quelle