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Keine Wirksamkeit der Endokarditisprophylaxe vor Zahnbehandlungen und anderen Prozeduren bei Risikopatienten?

Vor vier Jahren wurden von der American Heart Association neue Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe vor medizinischen Eingriffen veröffentlicht (1), die auch in andere nationale Richtlinien aufgenommen wurden. Die neuen Empfehlungen reduzierten die prophylaktische Gabe von Antibiotika erheblich. Wir haben darüber berichtet (2). Eine sichere Studienlage hierzu gab es allerdings nicht. So ist es erfreulich, dass jetzt eine englische Studie der wichtigen Frage nachgegangen ist, ob die restriktiveren Empfehlungen zur prophylaktischen Gabe von Antibiotika häufiger zu Endokarditiden geführt haben. In dieser Studie wurden englische Register herangezogen, um die Häufigkeit der Endokarditisprophylaxe und die Häufigkeit von Endokarditiden vor und nach den neuen Empfehlungen zu erfassen (3). Im März 2008 war im UK empfohlen worden, bei allen Risikopatienten vor zahnärztlichen und anderen invasiven Prozeduren die Antibiotika-Prophylaxe ganz zu unterlassen.

Vor dieser Empfehlung im UK wurden dort 3 g Amoxicillin oral oder 600 mg Clindamycin einmalig vor invasiven Zahneingriffen bei Risikopatienten gegeben. In der Studie konnten alle Verschreibungen im Zeitraum zwischen Januar 2004 und April 2010 erfasst werden. Außerdem wurden aus einem weiteren nationalen Register alle bakteriellen Endokarditiden im Zeitraum zwischen Januar 2000 und April 2010 analysiert und auch Todesfälle durch Endokarditis erfasst.

Nach Einführung der neuen Empfehlungen sind in England die Verschreibungen für die oben erwähnten Antibiotika um 78,6% zurückgegangen (p < 0,001), d.h. von einer mittleren Verschreibungsrate pro Monat von 10.277 auf 2.292. Hingegen wurde kein Anstieg in der Inzidenz bakterieller Endokarditiden oder von dadurch bedingten Todesfällen registriert.

Fazit: Eine Expertengruppe hat im UK empfohlen, keine Endokarditisprophylaxe bei Risikopatienten mehr durchzuführen. Dadurch wurden die Antibiotikaverschreibungen deutlich reduziert, ohne dass die Inzidenz bakterieller Endokarditiden oder die Zahl der Todesfälle durch Endokarditis angestiegen ist.

Literatur

  1. Wilson, W., et al.:Circulation 2007: Link zur Quelle
  2. AMB 2008, 42, 06. Link zur Quelle
  3. Thornhill, M.H., et al.:BMJ 2011, 342, d2392. Link zur Quelle