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Natürlich vorkommendes Lithium im Trinkwasser und Suizidrate

Lithium ist eine wirksame Behandlung bipolarer Störungen. Es gilt als „Mood stabilizer”, dessen suizidpräventive Wirkung im Gegensatz zu vielen anderen Antidepressiva belegt ist (1). Der wesentliche Nachteil ist die geringe therapeutische Breite. Deshalb muss die Therapie mit Messungen der Serumspiegel exakt kontrolliert werden. Zu den zahlreichen, teilweise potenziell bedrohlichen UAW zählen u.a. Polyurie, Polydipsie, kardiale Arrhythmien, neurologische Symptome (Tremor bis hin zu Krampfanfällen und Koma), gastrointestinale, dermatologische und endokrine Symptome, Embryotoxizität u.a. Die Tagesdosis liegt bei 0,9-1,8 g.

Als natürliches Spurenelement ist Lithium – ausgewaschen aus Fels und Boden – im Grund- und Trinkwasser vorhanden, allerdings in sehr geringen Mengen. Sie liegen deutlich unter der therapeutischen Dosierung mit starken regionalen Unterschieden. In manchen geographischen Regionen beträgt die natürliche tägliche Zufuhr bis zu 10 mg. Einzelne Untersuchungen aus den USA und Japan hatten eine inverse statistische Assoziation von regionaler Lithiumkonzentration im Trinkwasser und den Suizidraten ergeben (2, 3).

Eine kürzlich im Br. J. Psychiatry publizierte Studie hat nun die Assoziation von Suizidrate in der österreichischen Bevölkerung und der Lithiumkonzentration im Trinkwasser untersucht (4). Es wurden 6.460 Trinkwasserproben aus ganz Österreich analysiert (im Mittel 65,3 Proben aus jedem Bezirk). Die Resultate wurden mit den Suizidraten der Jahre 2005-2009 in den 99 politischen Bezirken Österreichs (Quelle: Statistik Austria) in Beziehung gesetzt. Es zeigte sich eine signifikante inverse Korrelation. Diese blieb auch signifikant nach multivariater Berücksichtigung verschiedener sozioökonomischer Faktoren, die die Suizidrate in Österreich beeinflussen (Bevölkerungsdichte, Einkommen, psychosoziale Versorgung, Anteil der römisch-katholischen Bevölkerung).

Ob diese in drei Ländern auf drei Kontinenten gefundene Assoziation zur Suizidprävention nutzbar ist – etwa durch die in der Vergangenheit von manchen Autoren bereits diskutierte Zugabe von Lithium zum Trinkwasser – ist allerdings sehr fraglich und höchst kontrovers. Bisher hat lediglich eine kleine prospektive randomisierte plazebokontrollierte Studie einen positiven Effekt einer sehr niedrig dosierten Lithiumzufuhr (0,4 mg/d) auf die Stimmung bei ehemaligen Drogenkonsumenten gezeigt (5).

Fazit: Eine epidemiologische Studie aus Österreich bestätigt eine bereits von anderen Kontinenten bekannte inverse Korrelation zwischen Lithiumkonzentration im Trinkwasser und Suizidrate. Rückschlüsse auf einen kausalen Zusammenhang lassen sich aus einer solchen Beobachtung kaum ableiten. Konsequenzen im Sinne einer Prävention mit niedrig dosiertem Lithium ergeben sich derzeit nicht.

Literatur

  1. AMB2003, 37, 49. Link zur Quelle
  2. Schrauzer, G.N., und Shrestha, K.P.:Biol. TraceElem. 1990, 25, 105. Link zur Quelle
  3. Ohgami, H., et al.: Br. J.Psychiatry 2009, 194, 464. Link zur Quelle
  4. Kapusta, N.D., et al.: Br.J. Psychiatry 2011, 198, 346. Link zur Quelle
  5. Schrauzer, G.N., und Vroey, E.:Biol. TraceElem. Res. 1994, 400, 89. Link zur Quelle