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Beschlüsse des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln

Der G-BA hat im Februar und März 2014 Beschlüsse zu folgenden Wirkstoffen gefasst:

Vismodegib (Erivedge®) ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit symptomatischem metastasiertem Basalzellkarzinom sowie lokal fortgeschrittenem Basalzellkarzinom, bei denen eine Operation oder Strahlentherapie nicht geeignet ist (1). Als zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmte der G-BA für beide Gruppen Best Supportive Care (BSC).

Für den Nachweis eines Zusatznutzens legte der pharmazeutische Unternehmer eine einarmige, noch laufende, nicht verblindet durchgeführte Phase-II-Studie vor. Eingeschlossen wurden insgesamt 104 Patienten, von denen 71 ein lokal fortgeschrittenes Basalzellkarzinom und 33 ein metastasiertes Basalzellkarzinom hatten. Für den Wirksamkeitsnachweis wurde ein historischer Vergleich herangezogen. Bei Patienten mit symptomatischem metastasiertem Basalzellkarzinom sah der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt an, da in der Studie lediglich Patienten mit metastasiertem Basalzellkarzinom ohne Berücksichtigung der Symptomatik untersucht wurden. Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Basalzellkarzinom, für die weder eine Operation noch eine Strahlentherapie geeignet ist, stellte der G-BA einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen fest. Die „Objektive Ansprechrate“ war in der Studie der primäre Endpunkt. 27 von 71 Patienten sprachen auf die Therapie mit Vismodegib an (38,0%). Dem standen jedoch häufige Nebenwirkungen gegenüber, darunter Muskelspasmen, Haarausfall, Geschmackstörungen und gastrointestinale Beschwerden. Daten zur Lebensqualität wurden aufgrund einer geringen Rücklaufquote der Fragebögen nicht zur Beurteilung eines Effekts herangezogen. Der Beschluss wurde auf zwei Jahre befristet. Die Jahrestherapiekosten von Vismodegib pro Patient betragen 113.172,16 €, die Kosten für BSC sind patientenindividuell unterschiedlich.

Enzalutamid (Xtandi®) ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Männer mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom, deren Erkrankung während oder nach einer Chemotherapie mit Docetaxel fortschreitet (2). Gegenüber BSC als zweckmäßiger Vergleichstherapie stellte der G-BA einen Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen fest. Grundlage waren die Ergebnisse der Zulassungsstudie, über die wir berichtet haben (3). Sie ergab unter Enzalutamid im Vergleich zu Plazebo eine statistisch signifikante Verlängerung der medianen Überlebenszeit von 13,6 auf 18,4 Monate. Außerdem zeigten die Ergebnisse der Endpunkte „Zeit bis zur ersten skelettbezogenen Komplikation“, „Zeit bis zur Schmerzprogression“ und „Änderung der Schmerzintensität“ eine Besserung schwerwiegender Symptome. Es ergaben sich auch Hinweise auf relevant weniger schwerwiegende Nebenwirkungen. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Enzalutamid 57.221,44 €.

Pomalidomid (Imnovid®) ist in Kombination mit Dexamethason zur Behandlung des rezidivierten oder refraktären Multiplen Myeloms bei erwachsenen Patienten zugelassen, die mindestens zwei vorausgegangene Therapien, darunter Lenalidomid und Bortezomib, erhalten und unter der letzten Therapie eine Progression gezeigt haben (4). Wir haben ausführlich darüber berichtet (5). Das Ausmaß des Zusatznutzens wurde auf der Basis der Zulassungsstudie bewertet. Die Jahrestherapiekosten betragen pro Patient (≤ 75 Jahre) für Pomalidomid in Kombination mit Dexamethason 160.973,28 €.

Teriflunomid (Aubagio®) ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose (6, vgl. 7). Als zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmte der G-BA die Beta-Interferone (IFN beta) 1a oder 1b oder Glatirameracetat. Die Bewertung des Zusatznutzens basierte auf der offenen, multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Zulassungsstudie, in der eine Behandlung mit Teriflunomid und IFN beta-1a verglichen wurde. Zur Sterblichkeit war keine Aussage möglich, da während der Studie keine Patienten starben. Hinsichtlich des Fortschreitens von Behinderungen (Behinderungsprogression) und dem Auftreten von Krankheitsschüben zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen der Teriflunomid- und der Interferon-Gruppe. Auch für den Endpunkt gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde kein statistisch signifikanter Unterschied beobachtet. Bei den Nebenwirkungen ergaben sich positive und negative Effekte: so traten grippeähnliche Symptome unter Teriflunomid seltener auf als unter IFN beta-1a, dagegen waren Durchfall und Haarausfall in der Teriflunomid-Gruppe häufiger. Insgesamt stufte der G-BA den Zusatznutzen von Teriflunomid als nicht belegt ein. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für: Teriflunomid 22.972,40 €, Glatirameracetat (Copaxone®) 17.801,95 €, Interferon beta-1a (z.B. Avonex®) 20.274,45 € und Interferon beta-1b (z.B. Extavia®) 15.972,60 €.

Regorafenib (Stivarga®) ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom, die zuvor mit verfügbaren Therapien behandelt wurden oder die für diese nicht geeignet sind (8). Diese Therapien umfassen Fluoropyrimidin-basierte Chemotherapie, eine Anti-VEGF-Therapie und eine Anti-EGFR-Therapie. Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurde BSC festgelegt. Auf der Basis der Zulassungsstudie wurde ein Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen festgestellt. In der noch laufenden, doppelblinden Phase-III-Studie wurden 760 Patienten randomisiert (2:1) mit Regorafenib oder Plazebo behandelt. Das mittlere Alter der Studienpopulation lag mit 61 Jahren deutlich unter dem mittleren Erkrankungsalter für das vorbehandelte metastasierte kolorektale Karzinom in Deutschland. Für die Behandlung mit Regorafenib zeigte sich eine Verlängerung des Überlebens um im Median 45 Tage, die statistisch signifikant war (196 Tage vs. 151 Tage). Das Ergebnis stimmte mit einer späteren Analyse der Daten überein (Differenz 42 Tage). Dies wurde als eine relevante Verlängerung des Überlebens gewertet. Zur Bewertung des Zusatznutzens hinsichtlich der Lebensqualität waren die vorgelegten Daten nicht ausreichend. Nebenwirkungen traten bei fast allen Patienten in beiden Gruppen auf. Schwere unerwünschte Ereignisse waren bei mit Regorafenib behandelten Patienten häufiger (78,0% vs. 49,0%), darunter das Hand-Fuß-Syndrom (16,6% vs. 0,4%), Diarrhö (8,2% vs. 2,0%), Exanthem (5,8% vs. 0,4%), Fatigue (15,0% vs. 8,3%) und Hypertonie (7,6% vs. 0,8%). Der Beschluss des G-BA wurde auf 18 Monate befristet. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Regorafenib 68.915,21 €.

Aflibercept (Eylea®) wurde aktuell in folgender Indikation bewertet: Behandlung einer Visusbeeinträchtigung aufgrund eines Makulaödems infolge eines retinalen Zentralvenenverschlusses bei Erwachsenen (9). Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurde Dexamethason (intravitreales Implantat) oder Ranibizumab festgelegt. Daten zum Vergleich mit Dexamethason legte der pharmazeutische Unternehmer nicht vor. Für den Nachweis eines Zusatznutzens gegenüber Ranibizumab schloss der pharmazeutische Unternehmer drei randomisierte kontrollierte Studien ein. Weil sowohl Aflibercept als auch Ranibizumab in den vorgelegten Studien nicht zulassungsgemäß angewandt wurden, gilt ein Zusatznutzen als nicht belegt. Unabhängig von der Entwicklung des individuellen Befunds wurden innerhalb von 20 Wochen sechs geplante Injektionen verabreicht. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen bei 3-12 Anwendungen für Aflibercept 3.145,35 €-12.581,40 €, für Ranibizumab 3.605,22 €-14.420,88 € und für Dexamethason 1.327,91 €-2.655,82 €.

Literatur

  1. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1922/Link zur Quelle
  2. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1933/Link zur Quelle
  3. AMB 2013, 47, 73. Link zur Quelle
  4. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1931/Link zur Quelle
  5. AMB 2014, 48, 05. Link zur Quelle
  6. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1949/Link zur Quelle
  7. AMB 2011, 45, 91. Link zur Quelle
  8. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1948/Link zur Quelle
  9. http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/1946/Link zur Quelle