Der Erreger: Ebola-Viren sind behüllte Einzel-Strang-RNS-Viren aus der Familie der Filoviridae (Fadenförmige). Klinisch gehören sie in die Gruppe von Viren, die hämorrhagische Fieber verursachen können. Das Ebola-Virus ist eng mit dem Marburg-Virus verwandt, das 1967 durch Versuchstiere (Affen) aus Afrika nach Marburg eingeschleppt wurde. Dort (Behringwerke) infizierten sich Tierpfleger und später auch Krankenhauspersonal der Universitätsklinik. Einige Patienten starben. Das Marburg-Virus – das erste dieser Familie – wurde damals von Virologen der Universität Marburg isoliert und charakterisiert. Es stand damit für die Wissenschaft zur Verfügung. Ebola- und Marburg-Viren sind die größten bekannten humanpathogenen RNS-Viren. Sie können alle Körperzellen befallen, sind also nicht, wie viele andere Viren, auf bestimmte Wirtszellen beschränkt (Übersicht bei 1). Die Matrixproteine VP40 und VP24 gelten als immunologisch relevant und sind mögliche Angriffsziele für eine Therapie. Das Ebola-Virus wurde nach dem Fluss Ebola benannt, einem Nebenfluss des Kongo. Dort, vormals Zaire, kam es im September 1976 zum ersten bekannten Ausbruch (2). Damals starben 280 von 318 Patienten (Letalität 88%) bei allerdings sehr schlechter allgemeiner medizinischer Versorgung (Übersicht bei 1). Andere Viren, die ein hämorrhagisches Fieber auslösen können, sind z.B. das Lassa-, Krim-Kongo-, Hanta- und Lujo-Virus (3).
Reservoir: Das natürliche Reservoir der Ebola-Viren sind Tiere; es handelt sich also um eine Zoonose. Bisher konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, von welchen Tieren die Erkrankung übertragen wird. Es gibt Hinweise auf Flughunde als mögliche Überträger, denn in Nil-Flughunden und Hammerkopf-Flughunden wurden sowohl Ebola- als auch Marburg-Viren gefunden. Diese Tiere erkranken selbst nicht. Es könnte also sein, dass von Flughunden angefressene Früchte von Affen aufgefressen wurden und sich diese dabei infiziert haben. Infizierte Affen (Affen erkranken auch selbst), die bei der Jagd geschossen oder gefangen wurden, oder andere gejagte Tiere („Buschfleisch“) könnten dann das Virus auf den Menschen übertragen haben (4).
Übertragung, Verlauf: Die Übertragung des Virus von infizierten Tieren auf den Menschen ist ein seltenes, aber zum Ebola-Ausbruch führendes Ereignis. Die weitere Infektion von Mensch zu Mensch erfolgt durch direkten Kontakt mit Erkrankten bzw. ihren Körperflüssigkeiten oder durch Verstorbene im Rahmen besonderer Rituale bei der Bestattung. Eine Übertragung durch Tröpfchen ist auch denkbar, z.B. wenn ein Infizierter hustet. Ebola-Patienten haben jedoch eher selten Bluthusten (s. Tab. 1). Für den aerogenen Infektionsweg gibt es keine Hinweise. Die Inkubationszeit beträgt 2-21 Tage, meist 8-10 Tage. Kontagiös sind Erkrankte solange Symptome bestehen, besonders in der Spätphase der Erkrankung, wenn die Viruslast am höchsten ist (4).
Die Symptome sind zu Beginn der Erkrankung sehr unspezifisch und können nicht von anderen Infektionskrankheiten, wie z.B. Malaria, unterschieden werden. Im Vordergrund stehen neben Fieber Symptome des Gastrointestinaltrakts. Zu Blutungen kommt es erst im weiteren Verlauf (s. Tab. 1). Die exakte Diagnose wird mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) bzw. durch Anzüchtung des Virus gestellt.
Aus den Übertragungswegen leiten sich die entsprechenden Schutzmaßnahmen für Ärzte und Pflegepersonal ab. Schutzkittel, Handschuhe, Mundschutz, Schutzbrille sowie eine Kopfhaube sind erforderlich. Infizierte Patienten sollten auf einer entsprechend ausgestatteten Infektionsstation untergebracht werden. Die Körperflüssigkeiten dieser Patienten müssen speziell entsorgt und die Untersuchungsmaterialien unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen versandt werden.
Aktueller Ausbruch: Der bisher größte registrierte Ausbruch ereignete sich in Ländern, die früher nicht betroffen waren: zurzeit hauptsächlich Guinea, Sierra-Leone und Liberia in Westafrika. Die ersten vereinzelten Patienten wurden im Dezember 2013 registriert, und seit April 2014 stieg die Zahl der Neuerkrankten in diesen drei Ländern stetig. Bis Ende August 2014 waren nach WHO-Angaben in Westafrika 3069 Menschen infiziert und 1552 Menschen daran gestorben (5). Die Letalität von insgesamt ca. 55% liegt damit deutlich unter der beim ersten Ausbruch am Fluss Ebola (5, 6).
Impfstoffe und Therapie: Weder Impfstoffe noch Therapieansätze, die spezifisch gegen das Ebola-Virus gerichtet sind, wurden bisher ausreichend am Menschen getestet. Nur TKM-Ebola, ein Präparat des pharmazeutischen Unternehmers (pU) Tekmira (Kanada), das kleine mit dem Ebola-Virus interferierende RNS-Moleküle enthält, wurde bisher in einer Phase-I-Studie untersucht (8, 9).
Beim aktuellen Ausbruch wird weltweit darüber debattiert, ob es ethisch vertretbar ist, in einer solchen Situation am Menschen ungetestete Impfstoffe oder Arzneimittel anzuwenden (8). Einem infizierten Arzt und einer infizierten Krankenschwester wurde kurz vor Rückkehr in die USA ein am Menschen unerforschtes „Serum“ verabreicht (ZMapp; s. Tab. 1). In den Massenmedien wurde dann über eine Wunderheilung der Schwererkrankten berichtet. In einem lesenswerten Artikel im N. Engl. J. Med., der sich auch eingehend mit ethischen Fragen beschäftigt, wird das Serum ZMapp als monoklonaler Antikörper-Cocktail beschrieben (10). Er enthält Antikörper gegen drei Glykoprotein-Epitope und wird in Tabakpflanzen gentechnisch produziert (10, 11). Diese Antikörper verminderten bei Rhesus-Makaken die Letalität, wenn sie 24-48 Stunden nach experimenteller Ebola-Infektion injiziert wurden (11). Auch wenn die Antikörper erst 4-5 Tage nach der Infektion gegeben wurden, schien noch ein Effekt auf Symptome wie Fieber und PCR-Tests nachweisbar zu sein (12). Bevor diese Antikörper den beiden Amerikanern verabreicht wurden, gab es keinerlei Sicherheitstests beim Menschen. Die Tatsache, dass die beiden Patienten sich nach der Gabe der Antikörper schnell erholten, lässt keine Aussage über Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zu, zumal ein dritter Patient, der auch diese Antikörper bekam, starb. Die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden genesenen Amerikaner – auch ohne die Antikörper – an Ebola gestorben wären, ist gering, denn die Letalität beim aktuellen Ausbruch liegt bei ca. 55% und ist bei guter klinischer Allgemeinversorgung wahrscheinlich noch deutlich niedriger. Wer die ersten Tage der Erkrankung überlebt, hat eine gute Chance, die Infektion insgesamt zu überleben. Dies hat zumindest der Ausbruch 1995 im Kongo gezeigt (10). Die beiden amerikanischen Patienten waren mindestens seit neun Tagen krank, als sie die Antikörper bekamen (10). Bei der Einschätzung der Gefährlichkeit der Ebola-Erkrankung ist unbedingt zu berücksichtigen, dass die Letalität nach einem Ausbruch mit der Zeit sinkt, weil sich die Viren an den Wirt adaptieren. Mehr Transparenz und detaillierte Informationen sind nötig – zu den bisher behandelten und in Zukunft zu behandelnden Ebola-Patienten – um überhaupt aussagefähige Daten zum Nutzen und zur Sicherheit dieser Antiköper zu bekommen.
Noch weniger lässt sich derzeit zu anderen therapeutischen Ansätzen bei der Ebola-Infektion sagen. Dies gilt für TKM-Ebola (s.o.), kleine RNS-Stücke, die mit der viralen RNS-Polymerase interagieren und sie dadurch blockieren sollen. Bei experimentell infizierten Affen hat TKM-Ebola die Letalität gesenkt (13). Die FDA hat aus Sicherheitsgründen eine geplante Phase-I-Studie angehalten. Es wurde befürchtet, dass durch TKM-Ebola ein „Zytokinsturm“ ausgelöst werden könnte. Mittlerweile wurde diese Einschränkung dahin gehend gelockert, dass die Anwendung an infizierten Patienten erlaubt wurde (10).
AVI-7537, das durch RNS-Interferenz gegen das Ebolavirus-Protein VP24 gerichtet ist, hat bei Affen einen Überlebensvorteil gezeigt (14) und wurde offensichtlich in einer bisher nicht veröffentlichten Sicherheitsstudie am Menschen getestet (10). BCX-4430, ein Adenosin-Analogon, war gegen Ebolaviren bei Nagern wirksam und bei Affen, die mit dem Marburg-Virus infiziert waren (15). Chloroquin und Imatinib haben in vitro eine Aktivität gegen das Ebola-Virus gezeigt und auch in einem Nagermodell (16, 10). Für andere in der Entwicklung befindliche Substanzen gibt es noch zu wenige Daten.
Derzeit steht man vor der Entscheidung, ob man am Menschen nicht getestete Substanzen angesichts der Gefährlichkeit und der schlecht zu kontrollierenden Ausbreitung der Ebola-Infektion einsetzen darf oder soll. Hinzu kommt, dass die bisherigen Behandlungsoptionen nicht bzw. nicht ausreichend zur Verfügung stehen und dass die schwache medizinische Infrastruktur in den Ländern, in denen der Ausbruch wütet, die Durchführung einer ethisch korrekten Studie kaum zulässt (vgl. 17). Es dürfte auch schwierig sein, verschiedene Interessenkonflikte sauber zu trennen bzw. kenntlich zu machen. Deshalb erscheint es sinnvoll, dass diese medizinethischen Fragen durch (hoffentlich) unabhängige Spezialisten bearbeitet werden. Eine solche Gruppe wurde von der WHO eingesetzt (18). Nach Ansicht der Autoren eines fundierten Artikels im Lancet ist den Ebola-Kranken gegenwärtig sehr viel mehr geholfen, wenn die medizinische Grundversorgung (Personal, Einrichtung, Hygiene etc.) in den betroffenen Ländern durch Hilfe von außen verbessert wird, als dass ungeprüfte Arzneimittel außerhalb von Studien eingesetzt werden (19). Eine Verbesserung der medizinischen Infrastruktur käme zudem den Patienten künftiger Ausbrüche – auch anderer Infektionen – zugute.
Wie viele andere potenziell tödliche Krankheitserreger, ist auch das Ebola-Virus von militärischem Interesse, einerseits, um Soldaten durch Impfung oder Arzneimittel zu schützen, andererseits als Biowaffe. Es erstaunt deshalb nicht, dass in den USA militärische Einrichtungen mit pU zusammenarbeiten, bezüglich Ebola schon seit Jahren (20). Nach einer aktuellen Meldung will die US-Regierung eine nicht genannte Zahl von Soldaten in die betroffenen Länder schicken. Dort sollen sie Isolierstationen aufbauen und internationale Helfer vor Ort schützen. Für die nationale Sicherheit der USA sei es wichtig, dass die Seuche in Afrika eingedämmt werde, so die Aussage des US-Präsidenten (21). Man vermutet, dass eine Eindämmung natürlich auch wirtschaftlichen Interessen dient. Wir meinen, neben der Sicherheit in anderen Ländern sind zuallererst Hilfsmaßnahmen für die zurzeit und zukünftig Betroffenen in Afrika wichtig. Die Hilfe kommt spärlich und sehr spät.
Literatur
- Klenk, H.-D. (Hrsg.): Marburg and EbolaViruses. Current Topics in Microbiology and Immunology. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, 1999.
- http://whqlibdoc.who.int/ bulletin/1978/Vol56-No2/bulletin_1978_56(2)_271-293.pdf Link zur Quelle
- Fletscher, T.E., et al. BMJ 2014, 349,g5079. Link zur Quelle
- http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/E/Ebola/ Kurzinformation_Ebola_in_Westafrika.html Link zur Quelle
- http://www.afro.who.int/en/clusters-a-programmes/dpc/ epidemic-a-pandemic-alert-and-response/ outbreak-news/Link zur Quelle
- Briand, S., et al.: N. Engl. J. Med. 2014 im Druck. Link zur Quelle
- Fauci, A.S.: N.Engl. J. Med. 2014: Link zur Quelle
- Reardon, S.: Nature 2014, 511, 520. Link zur Quelle
- Enserink, M.:Science 2014, 345, 364. Link zur Quelle
- Goodman, J.N.:Engl. J. Med. 2014 Link zur Quelle
- Olinger, G.G., et al.: Proc. Natl. Acad. Sci USA 2012, 109, 18030.Link zur Quelle
- Pettitt, J., et al.: Sci. Transl. Med.2013, 5, 199ra113. Link zur Quelle
- Geisbert, T.W., et al.: Lancet 2010, 375,1896. Link zur Quelle
- Iversen, P.L., et al.: Viruses 2012, 4,2806. Link zur Quelle
- Warren, T.K., et al.: Nature 2014, 508,402. Link zur Quelle
- Uebelhoer, L.S., et al.: Antiviral Res.2014, 106, 86. Link zur Quelle
- Emanuel, E.J., et al.: J. Infect. Dis. 2004, 189, 930. Link zur Quelle
- www.who.int/mediacentre/ news/statements/2014/ebola-ethical-review-summary/en Link zur Quelle
- Rid, A., und Emanuel,E.J.: Lancet 2014: Link zur Quelle
- http://www.usamriid.army.mil/Link zur Quelle
- http://www.tagesschau.de/ausland/ebola-356.htmlLink zur Quelle