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Waschungen mit Chlorhexidin, um nosokomiale bakterielle Infektionen auf Intensivstationen zu reduzieren

Im Krankenhaus erworbene (nosokomiale) Infektionen verlängern den stationären Aufenthalt, erhöhen die Letalität und steigern die Kosten (1-3). Daher werden mehrere Strategien verfolgt, solche nosokomialen Infektionen zu reduzieren. Als wichtiges Reservoir für bakterielle Erreger gilt die Haut der Patienten (4). Von der Haut können die Erreger über venöse oder arterielle Zugänge, durch Harnblasenkatheter oder nach chirurgischen Eingriffen in den Körper der Patienten gelangen und schwere systemische Infektionen verursachen. Mehrere Studien – teilweise in hochrangigen Medizinjournalen publiziert – ergaben, dass tägliche Waschungen mit dem Hautdesinfektionsmittel Chlorhexidin solche Infektionen reduzieren können (5, 6). Diese Maßnahme wurde sogar in einige Leitlinien aufgenommen (7). Allerdings gab es auch kritische Stimmen zu solchen Waschungen: beispielsweise, dass die positiven Ergebnisse möglicherweise auf einem Hawthorne-Effekt beruhen (Verbesserung der Hygiene durch das Wissen des Personals, kontrolliert zu werden; 8). Außerdem sind hohe Kosten, allergische Hautreaktionen und Entwicklung von Resistenzen gegen Chlorhexidin zu bedenken. Nun wurde eine große unizentrische, pragmatische, „Cluster“-randomisierte Crossover-Studie zu diesem Thema durchgeführt (9).

Die Studie auf fünf Intensivstationen eines Krankenhauses in Nashville, Tennessee, schloss insgesamt 9.340 Patienten ein (mittleres Alter 57 Jahre, 58% Männer). Alle Patienten wurden täglich entweder mit Chlorhexidin-getränkten Waschlappen (2%ig) oder mit flüssigkeitsgetränkten Waschlappen ohne Chlorhexidin gewaschen. Die jeweiligen Strategien wurden jeweils für zehn Wochen durchgeführt; dazwischen lag eine zweiwöchige Periode mit Waschungen ohne antimikrobiellen Zusatz (Auswaschperiode). Insgesamt wurden die Strategien während der Studie dreimal gewechselt (Crossover). Der primäre Endpunkt der Studie war zusammengesetzt aus: Infektionen, die mit einem zentral-venösen Zugang assoziiert waren (ZVKI), Harnblasen-Katheter-assoziierte Infektionen (UKI), Beatmungs-assoziierte Infektionen (VAP) und Infektionen mit Clostridium difficile (CDAI). Während der Phase der Waschungen mit Chlorhexidin traten 55 Infektionen auf, davon 4 ZVKI, 21 UKI, 17 VAP und 16 CDAI. Während der Phase der Waschungen ohne antimikrobiellen Zusatz) traten 60 Infektionen auf, davon 4 ZVKI, 32 UKI, 8 VAP und 16 CDAI. Daraus errechnete sich eine Infektionsrate von 2,86 pro 1000 Patiententage in der Chlorhexidin- und 2,90 pro 1000 Patiententage in der Kontroll-Gruppe (95%-Konfidenzintervall: -1,10 bis 1,01; p = 0,95). Nach Adjustierung für unterschiedliche Ausgangsbefunde ergab sich auch kein Unterschied in verschiedenen Subgruppen. Die Waschungen mit Chlorhexidin veränderten auch nicht die Ergebnisse bei den sekundären Endpunkten, wie nosokomiale Bakteriämien, Kontaminationen von Blutkulturen oder klinisch relevanter Keime in Blutkulturen, einschließlich des Nachweises multiresistenter Bakterien. Auch in der Einzelauswertung der fünf Intensivstationen ergab sich kein Vorteil für die Chlorhexidin-Gruppe. Die Letalität während des Krankenhausaufenthalts und die Länge des Aufenthalts auf der Intensivstation waren in beiden Gruppen – nach Ausgleich der Ausgangsparameter – nicht unterschiedlich.

Die Ergebnisse dieser Studie widersprechen denen einer früheren Studie, in die auch eine spezialisierte Station mit vielen Patienten nach allogener Blutstammzell-Transplantation eingeschlossen worden war (5). In dieser Studie hatten die täglichen Chlorhexidin-Waschungen die Besiedlung mit multiresistenten Staphylokokken (MRSA) und Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) reduziert. Allerdings wurde – anders als in der hier besprochenen Studie (9) – auch aktiv nach Besiedlung mit MRSA und VRE gesucht. Da Patienten nach allogener Blutstammzell-Transplantation ein besonders hohes Risiko für Besiedlung mit pathogenen Keimen und für nosokomiale Infektionen haben, könnte dies den Unterschied erklären. In dieser speziellen Gruppe von Patienten könnten tägliche Waschungen mit Chlorhexidin die MRSA- und VRE-Besiedlung reduzieren. Die unterschiedlichen Ergebnisse der beiden Studien bei den positiven Blutkulturen ist vor allem durch den häufigeren Nachweis von Koagulase-negativen Staphylokokken in der Studie von Climo et al. (5) bedingt. Der Nachweis dieser Erregergruppe ist jedoch meist nicht Beweis einer Infektion, sondern häufig Folge einer Kontamination. Ein weiterer wichtiger Punkt, der im Editorial zu diesem Artikel (10) auch angesprochen wird, ist die Möglichkeit, dass durch die Waschungen Chlorhexidin-resistente Erreger selektiert werden und dass auch MDROs (Multidrug-Resistant-Organisms) – vor allem Carbapenem-resistente Klebsiella pneumoniae – induziert werden (11).

Fazit: In dieser Studie konnten tägliche Waschungen mit Chlorhexidin bei Patienten auf Intensivstationen nosokomiale Infektionen, d.h. solche, die mit zentral-venösem Zugang, Harnblasen-Katheter oder Beatmung assoziiert waren, und auch Infektionen mit Clostridium difficile nicht vermindern. Probleme durch die Induktion von Resistenzen beim Gebrauch von Chlorhexidin sollten nicht unterschätzt werden.

Literatur

  1. Kaye, K.S., et al.: J. Am. Geriatr. Soc. 2014, 62, 306. Link zur Quelle
  2. Warren, D.K., et al.: Crit. Care Med. 2006, 34,2084. Link zur Quelle
  3. Roberts, R.R., et al.:Med. Care 2010, 48,1026. Link zur Quelle
  4. O’Grady, N.P., et al.(HICPAC = Healthcare Infection Control Practices AdvisoryCommittee): Clin. Infect.Dis. 2011, 52, e162. Link zur Quelle
  5. Climo, M.W., et al.: N.Engl. J. Med. 2013, 368, 533. Link zur Quelle Erratum: N. Engl. J. Med. 2013, 368, 2341.
  6. Milstone, A.M.: et al.:Lancet 2013, 381, 1099. Link zur Quelle
  7. Calfee, D.P., et al.:Infect. Control. Hosp. Epidemiol. 2014, 35, 772. Link zur Quelle
  8. Srigley, J.A., et al.:BMJ Qual. Saf. 2014, 23, 974. Link zur Quelle
  9. Noto, M.J., et al.: JAMA2015, 313, 369. Link zur Quelle
  10. Pittet, D., und Angus, D.C.: JAMA2015, 313, 365. Link zur Quelle
  11. Harbarth, S., et al.:J. Hosp. Infect. 2014, 87, 194. Link zur Quelle