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Bei tuberkulöser Meningitis ist eine intensivierte Therapie nicht wirksamer als die Standardtherapie

Bei tuberkulöser Meningitis sind meist die Meningen der Hirnbasis befallen, und häufig entwickelt sich eine Abduzensparese. Im Liquor sind eine hohe Eiweißkonzentration und eine mäßige Pleozytose (vorwiegend Lymphozyten) typisch (1). Die Letalität ist hoch; es sterben noch ca. 30%, auch wenn die Letalität durch die heute obligate zusätzliche Behandlung mit einem Glukokortikosteroid gesenkt werden konnte (2). Derzeit wird als Induktion eine vierfach-antituberkulöse Standardtherapie für 2 Monate und eine Erhaltungstherapie mit zwei antituberkulösen Wirkstoffen – in der Regel INH und Rifampicin – für weitere 7-10 Monate empfohlen (vgl. 3). Diese Empfehlungen sind von der Therapie bei Lungentuberkulose abgeleitet. Sie berücksichtigen jedoch nicht, dass die Konzentration eines unverzichtbaren Wirkstoffs, Rifampicin, im Liquor nur Konzentrationen von < 30% derjenigen im Plasma erreicht (4). Die Steigerung der Rifampicin-Dosis von 10 mg/kg/d auf 13 mg/kg/d erhöht die Plasmakonzentrationen um 65% mit nur wenig häufigeren Nebenwirkungen (5). In einer aktuellen Studie aus Indonesien konnte die Letalität bei Patienten mit tuberkulöser Meningitis mit einer höheren Rifampicin-Dosis (13 mg/kg/d i.v.) um 50% gesenkt werden im Vergleich zur oralen Therapie mit 10 mg/kg/d (6). Auch Fluorochinolone sind gegen Mykobakterien wirksam (vgl. 7) und haben zudem eine gute Liquorgängigkeit (8). So erreicht man beispielsweise mit Levofloxacin Liquor-Konzentrationen von ca. 70% derer im Blut (8).

Nun hat sich eine große prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte und doppelblinde Studie aus Vietnam (9) mit der wichtigen Frage befasst, ob sich durch eine intensivere antituberkulöse Therapie (IT), d.h. höhere Dosis Rifampicin und zusätzliche Behandlung mit einem Fluorochinolon (Levofloxacin), die Letalität bei tuberkulöser Meningitis senken lässt. Verglichen wurde mit der Standardtherapie (ST). Die Studie wurde an einem größeren Krankenhaus durchgeführt, in dem die Erkrankung häufiger behandelt wird. Es wurden 817 Erwachsene eingeschlossen. 349 dieser Patienten waren zusätzlich HIV-positiv. Die ST (n = 409) bestand aus einer zweimonatigen oralen Induktionstherapie mit Rifampicin (10 mg/kg/d), INH, Ethambutol und Pyrazinamid und einer anschließenden Erhaltungstherapie mit Rifampicin plus INH für weitere 7 Monate. In der Gruppe mit IT (n = 408) betrug die Rifampicin-Dosis 15 mg/kg/d), und außerdem wurde noch Levofloxacin (20 mg/kg/d) für die ersten 2 Monate hinzugefügt. Die Patienten beider Gruppen erhielten zusätzlich Dexamethason in den ersten 6-8 Wochen. Die übrige Therapie war gleich. Der primäre Endpunkt war die Letalität 9 Monate nach Randomisierung.

Nach 9 Monaten waren 113 Patienten in der IT-Gruppe und 114 in der ST-Gruppe gestorben (Hazard-Ratio: 0,94; 95%-Konfidenzintervall: 0,73-1,22; p = 0,66). In der Subgruppenanalyse gab es keinen Hinweis für einen klinischen Vorteil der IT, ausgenommen bei Infektionen mit INH-resistenten Mykobakterien. Als Faktoren für einen prognostisch fatalen Verlauf fanden sich: höherer Schweregrad der neurologischen Ausfälle bei Therapiebeginn und mehrere Resistenzen der Mykobakterien.

Wegen Nebenwirkungen musste die IT häufiger als die ST abgebrochen werden (64 vs. 95; p = 0,08; nicht signifikant). Auch Krampfanfälle (23 vs. 11; p = 0,04) und Sehstörungen (14 vs. 4; p = 0,02) waren in der IT-Gruppe häufiger als in der ST-Gruppe, ebenso allergische Reaktionen (30 vs. 17; p = 0,052; nicht signifikant).

Fazit: In dieser Studie konnte eine im Vergleich zur Standardtherapie intensivierte antituberkulöse Therapie die hohe Letalität bei tuberkulöser Meningitis nicht senken.

Literatur

  1. AMB 2006, 40,81. Link zur Quelle
  2. Prasad, K., und Singh,M.B.: Cochrane Database Syst.Rev. 2008Jan 23;(1):CD002244. Link zur Quelle
  3. AMB 2007, 41,73. Link zur Quelle
  4. Nau, R., et al.: J. Antimicrob. Chemother. 1992, 29,719. Link zur Quelle
  5. Ruslami, R., et al.: Antimicrob. Agents Chemother. 2007, 51,2546. Link zur Quelle
  6. Ruslami, R., et al.:Lancet Infect. Dis. 2013, 13, 27. Link zur Quelle
  7. AMB 2015, 49,45 Link zur Quelle . AMB 2014, 48, 57 Link zur Quelle . AMB 2014, 48,87a Link zur Quelle . AMB 2012, 46, 85a. Link zur Quelle
  8. Thwaites, G.E., etal.: Antimicrob. Agents Chemother. 2011, 55, 3244. Link zur Quelle
  9. Heemskerk, A.D., etal. (TBM-IT = TuBerculous Meningitis-Intensified Therapy):N. Engl. J. Med. 2016, 374, 124. Link zur Quelle