Herpes zoster ist die Reaktivierung einer latenten Varizellen-Infektion (Windpocken). Im Frühstadium zeigt sie sich meist in Form von Bläschen entlang der segmental innervierten Dermatome (einseitig oder beidseitig), z.B. am Bauch (Gürtelrose) oder in anderen Hautarealen. Gefürchtet, weil sehr schmerzhaft und oft langdauernd, ist die postherpetische Neuralgie. Die Inzidenz des Herpes zoster beträgt 2-5/1.000 Personenjahre und steigt mit zunehmenden Alter auf 10-13/1.000 Personenjahre in der Altersgruppe > 80 Jahre (1-2). Ähnlich nimmt auch die Inzidenz der postherpetischen Neuralgie zu (3-5). Eine antivirale Therapie kann zwar die Dauer der akuten Hautveränderungen verkürzen, hat aber offensichtlich keinen Einfluss auf die Häufigkeit der postherpetischen Neuralgie (6; 7).
Eine Impfung mit einer Lebendvakzine (Zostavax®, Sanofi Pasteur MSD) reduzierte bei Älteren die Erkrankung an Herpes zoster und die nachfolgenden Komplikationen (8). Dieser Lebendimpfstoff ist für Erwachsene ab 50 Jahre zugelassen und wird für Erwachsene ab 60 Jahre in den meisten westeuropäischen Ländern empfohlen (9, 10). In Deutschland hat die Ständige Impfkommission (STIKO) bisher keine Empfehlung für die älteren Patienten abgegeben (RKI-Homepage).
Da die Anwendung von Lebendimpfstoffen in mehrerer Hinsicht eingeschränkt ist – beispielsweise dürfen immunsupprimierte Personen solche Impfstoffe nicht erhalten – wurde ein Totimpfstoff entwickelt, der die Untereinheit eines Glykoproteins E des Virus enthält zusammen mit dem Adjuvans-System AS01B (HZ/su, GSK Vaccines). In einer Studie mit Probanden ≥ 50 Jahre konnte eine Effektivität des Impfstoffs von 97,2% nachgewiesen werden (ZOE-50-Studie; 11). Obwohl in dieser Studie 24% der Probanden ≥ 70 Jahre alt waren, war die Studie nicht darauf ausgelegt, die Effektivität in dieser Altersgruppe zu ermitteln. Jetzt wurde eine Studie für Probanden ≥ 70 Jahre veröffentlicht (ZOE-70; 12).
Die 1:1 randomisierte (Impfung:Plazebo) Phase-III-Studie wurde in 18 Ländern durchgeführt. Der Impfstoff wurde in zwei Dosen im Abstand von zwei Monaten intramuskulär verabreicht. Die Effektivität hinsichtlich der Verhinderung des Herpes zoster und seiner Komplikationen wurde nicht nur bei den Teilnehmern dieser Studie (ZOE-70), sondern auch bei Teilnehmern beider Studien (ZOE-70 und ZOE-50) gepoolt analysiert.
In der ZOE-70-Studie konnten die Daten von 13.900 Probanden ausgewertet werden (medianes Alter: 75,6 Jahre). Innerhalb der medianen Nachbeobachtungszeit von 3,7 Jahren entwickelten 23 in der Impfgruppe und 223 in der Plazebo-Gruppe einen Herpes zoster (Inzidenz 0,9 vs. 9,2/1.000 Personenjahre). Die Effektivität des Impfstoffs war insgesamt 89,8% (95%-Konfidenzintervall = CI: 84,2-93,7; p < 0,001) und war bei Teilnehmern im Alter von 70-79 Jahren (90,0%) und ≥ 80 Jahren (89,1%) fast gleich. Die gepoolten Daten der Probanden ≥ 70 Jahren aus beiden Studien (16.596 Probanden) ergaben eine Impfeffektivität von 91,3% (CI: 86,8-94,5; p < 0,001) hinsichtlich der Verhinderung von Herpes zoster und 88,8% (CI: 68,7-97,1; p < 0,001) hinsichtlich postherpetischer Neuralgie. Hautreaktionen an der Impfstelle waren häufiger in der Verum-Gruppe innerhalb der ersten 7 Tage nach Injektion (79,0% vs. 29,5%). Schwere Nebenwirkungen, wie immunologisch vermittelte Erkrankungen oder Tod traten in beiden Gruppen gleich häufig auf.
Der Hersteller des Lebendimpfstoffs Zostavax® befürchtet offenbar die Zulassung dieses neuen Totimpfstoffs und die damit verbundene Konkurrenz. Er hat kürzlich eine ungewöhnliche Pressemitteilung verschickt, in der darauf hingewiesen wird, dass Zostavax® erneut eine Ausschreibung in Großbritannien gewonnen hat (Sonofi Pasteur MSD 28.9.2016, Berlin).
Fazit: Ein Totimpfstoff gegen Herpes zoster, der die Untereinheit eines Glykoproteins E des Virus enthält, reduzierte bei Menschen ≥ 70 Jahre effektiv die Erkrankung an Herpes zoster und die postherpetische Neuralgie.
Literatur
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