Der Septische Schock ist weiterhin mit hoher Letalität assoziiert (1). Die zu Grunde liegenden pathophysiologischen Vorgänge sind sehr komplex. Dabei spielen sowohl Faktoren der die Sepsis verursachenden pathogenen Mikroorganismen, als auch Merkmale der Patienten eine große Rolle und bestimmen den klinischen Ausgang (1-4). Die Heterogenität der Infektion macht eine adäquate Charakterisierung der Patienten, wie sie für Studien nötig ist, schwierig. Sepsis und Septischer Schock haben eine Inzidenz von 100-1.000/100.000 Personenjahre und eine Letalität von 20-50% (1-4).
Neue Behandlungsansätze werden erprobt, um das Überleben septischer Patienten zu verbessern. Eine dieser Maßnahmen ist die Entfernung von Entzündungsmediatoren (z.B. Zytokinen) durch verschiedene Techniken wie (intermittierende) Hämofiltration, Hämoperfusion, Plasmapherese oder Immunadsorption (5). Hinter diesen Verfahren steht die Überlegung, potenziell schädliche Substanzen zu entfernen, die im Rahmen der Immunreaktionen auf die Infektion entstehen und Zellen sowie Gewebe schädigen können. So könnte z.B. die Entfernung von Zytokinen in der frühen Phase der Sepsis möglicherweise den Verlauf verbessern (6). Die Ergebnisse einer „Konsensuskonferenz“ von Experten und Intensivmedizinern zum Stellenwert von CytoSorb® (Cytosorbents Corporation, New Jersey, USA) – einer „Blutreinigungstechnik“ mit extrakorporalem Kreislauf über adsorbierende Polymerperlen zur Entfernung von Zytokinen in der Behandlung der Sepsis – wurden dieses Jahr publiziert (7).
Klinische Ergebnisse mit der CytoSorb®-Hämoadsorption bei Sepsis oder Septischem Schock: Es gibt über 100 Fallberichte zu verschiedenen klinischen Anwendungen (15-17). Die größte randomisierte kontrollierte Studie bisher kommt aus Deutschland und schloss zwischen 2008 und 2011 Patienten aus 10 Zentren ein (18). Insgesamt wurden 582 Patienten für diese Studie geprüft, aber nur 100 Patienten eingeschlossen. Alle Patienten waren beatmet und hatten eine schwere Sepsis bzw. einen septischen Schock. Die endgültige Analyse umfasste 97 Patienten. Ein Studienarm wurde mit CytoSorb® (6 Stunden täglich bis zu 7 Tage), der andere Arm entsprechend dem medizinischen Standard behandelt. Der primäre Endpunkt war eine Reduktion der Interleukin-6(IL-6)-Spiegel in einen „normalisierten Bereich“ und nicht absolute IL-6-Werte. Leider waren die Daten von 22 Patienten nicht vorhanden, so dass nur 75 Patienten ausgewertet werden konnten. Zu den sekundären Endpunkten gehörte auch das Überleben nach 28 Tagen. Die Auswertung des primären und der sekundären Endpunkte zeigte keinen Unterschied in den beiden Gruppen (18).
Eine Registerstudie, in die schwer kranke Patienten mit Sepsis aus 20 Zentren eingeschlossen wurden, ergab keine Veränderung der SOFA-Scores und keine Reduktion der Letalität, jedoch konnte IL-6 durch Cytosorb® deutlich gesenkt waren (vorher 5.000 pg/nl, nachher 289 pg/nl; 19). Der SOFA-Score (Sepsis-related Organ Failure Assessment) ermöglicht eine standardisierte Beurteilung der Dysfunktion von 6 Organsystemen bei Patienten mit Sepsis auf Intensivstationen, wobei ein hoher Score mit hoher Letalität assoziiert ist. Registerstudien sind allerdings für die Einschätzung der Wirksamkeit und Sicherheit dieser Intervention nicht geeignet, denn die Heterogenität der eingeschlossenen Patienten erlaubt keinen aussagekräftigen Vergleich.
Kürzlich wurden die Ergebnisse einer Pilotstudie (ACESS) publiziert (20). 20 Patienten in einer frühen Phase des Septischem Schocks wurden innerhalb von 24 Stunden entweder mit CytoSorb® plus Standard oder nur nach Standard behandelt. Die Behandlung erwies sich als sicher. In der Gruppe mit CytoSorb® ergab sich im Verlauf von 48 Stunden ein geringerer Norepinephrin-Bedarf: T0 = 0,54 (IQR: 0,20-1,22); T48 = 0,16 (IQR: 0,07-0,48); Kontrollen: T0 = 0,43 (IQR: 0,19-0,64); T48 = 0,25 (IQR: 0,08-0,65) – jeweils µg/kg/min; p = 0,016. Diese Pilotstudie rechtfertigt aus unserer Sicht weitere Studien zur Prüfung des therapeutischen Stellenwerts von CytoSorb® bei Sepsis. Die Methode sollte aber nicht außerhalb klinischer Studien eingesetzt werden; das empfiehlt auch eine aktuelle Konsensus-Konferenz (7).
Einfluss einer Polymyxin-B-Hämoperfusion auf die Letalität bei Sepsis oder Septischem Schock: Eine extrakorporale Hämoperfusion mit Polymyxin B (PMX-HP), einem bakteriostatischen Polypeptid-Antibiotikum, hat in kleinen Studien eine Verbesserung der Organfunktion und im Überleben gezeigt (8, 9). Größere Studien konnten diese Befunde jedoch nicht bestätigen (10, 11).
Eine randomisierte Studie an Patienten mit Endotoxinämie und Septischem Schock (EUPHRATES) untersuchte auch schwer kranke Patienten, die trotz adäquater Substitution von Flüssigkeit und Behandlung mit Katecholaminen im Schock blieben (12). In dieser Studie wurde unter anderem auch ein Endotoxin-Aktivitäts-Test (EEA) eingesetzt. Bei den 244 Patienten zeigte sich kein Unterschied in der Letalität mit und ohne diese Maßnahme. Aber in einer „posthoc“-Analyse fand sich bei Patienten mit einem MODS (Multiple Organ Dysfuntion Score) > 9 und bei einem EAA von 0,6-0,9 eine um ca. 11% geringere 28-Tage-Letalität (13). MODS ist ein Instrument zur Beurteilung von 6 Organfunktionen und der Prognose von Intensivpatienten mit 0-24 Punkten, wobei > 20 Punkte mit einer Letalität von 100% assoziiert sind. In einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse von 17 Studien zu PMX-HP wurden die Patienten a posteriori in drei Gruppen je nach Risiko (Schweregrad) stratifiziert. Dabei ergab sich kein Zusammenhang zwischen Entfernung von Zytokinen und Letalität (14).
Fazit: CytoSorb®, ein Hämoadsorptionsverfahren, und Polymyxin-B-Hämoperfusionen sind extrakorporale Therapien, die zur Entfernung von Entzündungsmediatoren bei Sepsis geprüft werden. In Studien sind jeweils positive Effekte auf Surrogatendpunkte nachgewiesen worden, jedoch fehlen bisher verlässliche Daten zum klinischen Nutzen. Daher sollten diese aufwändigen Verfahren nicht außerhalb klinischer Studien eingesetzt werden.
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