Pharyngitiden und Tonsillitiden sind ein häufiger Grund für die Verschreibung von Antibiotika durch Hausärzte. In Schweden beispielsweise machen diese Erkrankungen ca. 11% aller Antibiotikaverschreibungen durch die Primärversorger aus. Dabei gehört Schweden zu den Ländern, in denen Antibiotika verhältnismäßig zurückhaltend verordnet werden. So wurde dort im Jahr 2013 bei 29 pro 1.000 Einwohnern die Diagnose Halsschmerzen gestellt. In ca. zwei Dritteln wurden diese als Tonsillitis klassifiziert, und 80% dieser Patienten erhielten ein Antibiotikum (1).
Um einerseits die Wirksamkeit der antibiotischen Therapie besser vorhersehen zu können und andererseits die Verschreibung von Antibiotika bei Halsschmerzen zu reduzieren, wurden bereits vor Jahren klinische Kriterien erarbeitet, bei denen Patienten mit Halsschmerzen wahrscheinlich von einer antibiotischen Therapie profitieren. Die europäischen und schwedischen Richtlinien empfehlen eine antibiotische Therapie, wenn 3 der 4 Centor-Kriterien vorliegen: Fieber > 38°C; Fehlen von Husten; geschwollene und druckschmerzhafte vordere Halslymphknoten; vergrößerte oder belegte Tonsillen (2). Ferner sollte ein Schnelltest zum Nachweis von Streptokokken der Gruppe A im Abstrich angewendet werden, um eine unnötig lange antibiotische Therapie zu vermeiden. Bei nachgewiesener Infektion mit Streptokokken oder hochgradigem Verdacht empfehlen die Leitlinien eine Therapie mit z.B. Penicillinen von 7-10 Tagen (3-5). Eine Cochrane-Metaanalyse von 2016 bestätigte die bessere Wirksamkeit von Penicillin bei einer Pharyngotonsillitis durch Streptokokken der Gruppe A gegenüber breiter wirkenden Antibiotika (6). Eine kürzere als die empfohlene Behandlungszeit könnte den Vorteil haben, weniger Nebenwirkungen (NW) und Kosten zu verursachen und auch weniger schädlich für die Mikrobiota zu sein. Andererseits könnte eine kürzere Behandlungszeit klinisch weniger wirksam sein und Rückfälle begünstigen. Um diese Fragen zu klären wurde in einer durch öffentliche Mittel unterstützten Studie aus Schweden 5 versus 10 Tage antibiotische Behandlung bei akuter Tonsillitis verglichen (7).
Methodik: In diese offene randomisierte kontrollierte Nicht-Unterlegenheitsstudie wurde an 17 primären Gesundheitszentren in Schweden von September 2015 bis Februar 2018 insgesamt 433 Patienten im Alter ≥ 6 Jahre eingeschlossen. Sie mussten eine Pharyngotonsillitis mit Nachweis von Streptokokken der Gruppe A haben und mindestens 3 der 4 Centor-Kriterien erfüllen. Eine Gruppe (n = 215) erhielt oral Penicillin V (Phenoxymethylpenicillin) viermal täglich 800 mg für 5 Tage (insgesamt 16 g), die andere Gruppe dreimal täglich 1.000 mg für 10 Tage (insgesamt 30 g). Die viermal tägliche Einnahme wurde gewählt, weil sie hinsichtlich der minimalen Hemmkonzentration von Penicillin V pharmakokinetisch günstiger ist als eine dreimal tägliche Einnahme (6). Primärer Endpunkt war die Heilung 5-7 Tage nach Beendigung der Therapie. Die Nicht-Unterlegenheit wurde auf ≥ 10 Prozentpunkte Unterschied festgelegt. Sekundäre Endpunkte waren: bakterielle Eradikation, Zeit bis zum Verschwinden der Symptome, Häufigkeit von Rezidiven und NW.
Ergebnisse: In der 5-Tage-Gruppe wurden 89,6% (181 von 202) der Patienten und in der 10-Tage-Gruppe 93,5% (182 von 195) geheilt (95%-Konfidenzintervall: -9,7-2,2). Eine bakteriologische Eradikation wurde bei 80,4% (156 von 194) der Patienten in der 5-Tage-Gruppe und bei 90,7% (165 von 182) in der 10-Tage-Gruppe erreicht. Rezidive hatten 8 Patienten nach der kurzen und 7 nach der längeren Therapie. Die Zeit bis zum Verschwinden der Symptome war in der 5-Tage-Gruppe kürzer. Durchfall, Übelkeit und vulvovaginale Beschwerden (Ausfluss, Juckreiz) waren in der 10-Tage-Gruppe häufiger und länger anhaltend.
In einer ähnlich konzipierten prospektiven Kohortenstudie aus Großbritannien mit 12.829 Erwachsenen, die sich mit akuten Halsschmerzen beim niedergelassenen Allgemeinarzt vorstellten, wurden die klinischen Ergebnisse von 3 unterschiedlichen Behandlungszeiträumen der antibiotischen Behandlung miteinander verglichen (8). Es erhielten 62% der Teilnehmer (7.872 von 12.677) ein Antibiotikum – meistens ebenfalls Penicillin V (5.656 von 7.474 = 76%), und die Behandlungsdauer lag entweder bei 5 Tagen (20%), 7 Tagen (57%) oder 10 Tagen (22%). Auch in dieser Studie zeigte sich kein signifikanter Unterschied im klinischen Erfolg zwischen den Gruppen. Allerdings war die Diagnose in dieser sehr praxisnahen Studie weniger genau, und es wurden weder konsequent die Centor-Kriterien angewendet noch der mikrobiologische Nachweis von Streptokokken der Gruppe A gefordert.
Fazit: Bei Pharyngotonsillitis durch Streptokokken der Gruppe A erwies sich Penicillin V oral viermal täglich 800 mg für 5 Tage hinsichtlich der klinischen Heilung und der Elimination der Streptokokken einer 10-tägigen Behandlung mit dreimal täglich 1.000 mg nicht unterlegen. Rückfälle waren in beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Nebenwirkungen traten bei der kürzeren Behandlungsdauer weniger häufig auf und waren auch nicht so lang anhaltend.
Literatur
- Tyrstrup, M., et al.: BMC Infect. Dis. 2016, 16, 709. Link zur Quelle
- Centor, R.M., et al.: Med. Decis. Making 1981, 1, 239. Link zur Quelle
- Pelucchi, C., et al.: Clin. Microbiol. Infect. 2012, 18 (Suppl. 1), 1. Link zur Quelle
- Läkemedelsverket 2012, 23, 18. Link zur Quelle
- https://www.awmf.org/uploads/ tx_szleitlinien/017-024l_S2k_Tonsillitis_ Gaumenmandeln_2015-08-verlaengert.pdf Link zur Quelle
- van Driel, M.L., et al.: Cochrane Database Syst. Rev. 2016, 9, CD004406. Link zur Quelle
- Ståhlgren, G.S., et al.: BMJ 2019, 367, l5337. Link zur Quelle
- Moore, M., et al. (DESCARTE = DEcision rule for the Symptoms and Complications of Acute Red Throat in Everyday practice): Br.J.Gen.Pract. 2017, 67, e623. Link zur Quelle