Artikel herunterladen

Leserbrief: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Clopidogrel

Zu unseren beiden Mitteilungen über Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) nach Clopidogrel und unserem Fazit, auch unter dieser Substanz – ähnlich wie unter Ticlopidin – das Blutbild zu kontrollieren (AMB 2000, 34, 63 und 67b), schreiben uns Dres. B.v.S. und M.T. von Sanofi-Synthelabo, Berlin (stark gekürzt und gering umgestellt): >> Im Zusammenhang mit der Einnahme von Clopidogrel wurden von Sanofi-Synthelabo und Bristol-Myers Squibb einzelne Verdachtsfälle von TTP (etwa 4 Verdachtsfälle/eine Million behandelter Patienten) gemeldet. Diese Fälle wurden von einem unabhängigen Expertengremium begutachtet, das zu dem Schluß kam, daß weder alle Berichte mit Sicherheit als Fälle von TTP einzustufen sind noch daß bei diesen Berichten ein Kausalzusammenhang mit Clopidogrel als sicher angenommen werden kann …

… Wir meinen, daß Ihr Fazit in zwei Punkten unzutreffend ist: 1. Die Inzidenz einer TTP unter Clopidogrel-Therapie entspricht der natürlichen Inzidenz einer TTP (3,7/einer Million Patientenjahre). 2. Unter Clopidogrel muß das Blutbild nicht kontrolliert werden, weder regelmäßig noch unregelmäßig. Eine frühzeitige Diagnose einer TTP ist damit nicht möglich. Erst wenn der klinische Verdacht besteht, würde man im Rahmen der Diagnosesicherung ein Blutbild anfordern … << Antwort: >> Ihre Feststellung, daß die Häufigkeit der TTP unter Clopidogrel der natürlichen Inzidenz entspricht, ist eine Vermutung. Einzelfallberichte über unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) dienen eben nur der Erhöhung der Pharmakovigilanz gegenüber einer Substanz, nicht jedoch zur quantitativen Erfassung von UAW. Dies ist nur im Rahmen einer kontrollierten Therapie möglich. Nur 20000 Patienten erhielten Clopidogrel im Rahmen kontrollierter klinischer Studien; das entspricht maximal 30000-40000 Patientenjahren. Dieser Zeitraum ist nur ein Bruchteil der Zeit, in der ein selteneres natürliches Ereignis zu erwarten ist. Wie schon bei vielen anderen Substanzen zuvor, mehren sich nach der ersten Publikation dieser UAW unter Clopidogrel bei 11 Patienten (1) nun auch Berichte über weitere TTP-Fälle. Der FDA wurden seit den ersten Berichten in den vergangenen sechs Monaten neun weitere TTP-Fälle unter Clopidogrel gemeldet. Fachleute gehen daher heute von einem Fall/15000 mit Clopidogrel behandelten Patienten aus (2), also weit mehr als die natürliche Inzidenz beträgt.

Ihre Bemerkung, daß das Blutbild gar nicht zu kontrollieren sei, trägt nicht dazu bei, die wahre Häufigkeit dieser UAW aufzuklären. Es gibt milde, subklinische Formen der TTP, die nur durch Laboruntersuchungen erkannt werden können (Thrombozyten, Fragmentozyten, LDH). Je früher ein Sinken der Thrombozytenzahl erkannt und das vermutlich ursächliche Agens abgesetzt wird, desto besser ist die Prognose der UAW. Mit Ihrer Auffassung, daß unter Clopidogrel das Blutbild nicht kontrolliert werden muß, weder regelmäßig noch unregelmäßig, widersprechen Sie übrigens auch einem (ehemaligen?) bezahlten Berater Ihrer eigenen Firma, C.L. Bennett, der sich folgendermaßen geäußert hat: „We think that a weekly platelet count during initial therapy would be prudent“ (2). Daher wird von Experten nicht nur empfohlen, das Blutbild regelmäßig zu kontrollieren, sondern auch alle Verdachtsfälle unbedingt zu melden (3). <<

Literatur

1. Bennett, C.L., et al.: N. Engl. J. Med. 2000, 342, 1773.
2. Bennett, C.L., et al.: N. Engl. J. Med. 2000, 343, 1193.
3. Hankey, G.J.: Lancet 2000, 356, 269.