Frage von Dr. D.G. aus Berlin. >> Zur Prophylaxe eines Rezidivapoplexes erhielt ein Patient mit Multiinfakt-Syndrom Ticlopidin. Nach 15 Tagen kam es zu einer cholestatischen Hepatitis mit deutlich erhöhten Leberwerten (Bilirubin ges. 1,18 mg/dl; Gamma-GT 463 U/l; AP 287; GPT 71 U/l; Hepatitis-Seroligie negativ), die wir auf das Ticlopidin zurückführten; es wurde daher abgesetzt. Des weiteren nahm der Patient schon über einen längeren Zeitraum ASS und Furosemid ein. Nach dem Absetzen von Ticlopidin bildeten sich mit einer 14tägigen Latenz die pathologischen Leberwerte zurück. Ist in der Literatur cholestatische Hepatitis nach Gabe von Ticlopidin beschrieben, und mit welcher Häufigkeit ist mit dieser Nebenwirkung zu rechnen? << Antwort: >> Das Einsatzspektrum von Ticlopidin, einem Thienopyridin-Derivat, das durch Adenosindiphosphat induzierte Thrombozytenaggregation hemmt, wurde nach der Zulassung 1978 in Europa und nach der Markteinführung 1991 in den USA von der Primär- und Sekundärprophylaxe des ischämischen Hirninfarkts deutlich erweitert, so z.B. zur Prophylaxe von Stent-Thrombosen nach Stent-Implantation, Therapie der instabilen Angina pectoris und Behandlung der peripheren arteriellen Verschlußkrankheit.
Als Nebenwirkungen wurden bisher vor allem Neutropenie, Thrombopenie, Agranulozytose, hämolytische Anämien sowie Magen-Darm-Störungen und allergische Hautreaktionen beobachtet (1-3). In den vergangenen Jahren wurden jedoch auch einige Fälle einer toxischen Leberschädigung durch Ticlopidin und/oder seiner Metaboliten unter dem Bild einer cholestatischen Hepatitis beschrieben, d.h. Auftreten eines Ikterus und Erhöhung der Cholestase anzeigenden Enzyme. Die Mehrzahl der Patienten litt unter Pruritus sowie gastrointestinalen Nebenwirkungen (Erbrechen und Diarrhö). Vereinzelt traten auch Hypersensitivitätsreaktionen auf. SGOT und SGPT waren leicht erhöht und im Gegensatz zu den Cholestaseparametern rasch rückläufig.
Das Intervall zwischen der Erstexposition mit Ticlopidin und dem Auftreten von Symptomen war sehr unterschiedlich (7-84 Tage). In den Fällen, bei denen eine Dosierung mitgeteilt wurde, lag diese bei 2mal 250 mg/d. Die Dauer bis zur Normalisierung der Laborwerte nach Absetzen von Ticlopidin war ebenfalls sehr unterschiedlich (Minimum 11 Tage, Maximum ein Jahr; 4-11).
Obwohl die Pathogenese der durch Ticlopidin induzierten Leberschädigung noch nicht genau geklärt ist, wird die Annahme einer toxischen Reaktion sowohl durch Tierversuche als auch durch histologische Befunde von Leberbiopsaten unterstützt. In Tierversuchen konnte durch Ticlopidin eine direkte toxische Schädigung induziert werden, die dann im Rahmen einer allergischen Reaktion zu einer Cholestase führte (13). Des weiteren konnte die Verdachtsdiagnose einer durch Ticlopidin-induzierten medikamentös-toxischen Reaktion in einigen in der Literatur beschriebenen Fällen durch den Nachweis einer zentroazinären Cholestase im Leberbiopsat bestätigt werden (8-10, 12-15).
Fazit: Ungeachtet dessen, daß in den großen Studien zur Wirksamkeit von Ticlopidin (TASS, CATS, STIMS) keine Nebenwirkungen in Form einer cholestatischen Hepatitis gesehen wurden, scheint eine schwer verlaufende cholestatische Hepatitis zu den, wenn auch nur vereinzelt vorkommenden, gravierenden Nebenwirkungen zu gehören. Dem BfArM liegen aus den Jahren 1995-1998 Meldungen über insgesamt 81 Fälle einer durch Ticlopidin induzierten cholestatischen Hepatitis vor. << Literatur
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