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Wirksamkeit und Sicherheit einer langfristigen Gabe von Hydroxyurea bei jüngeren Patienten mit essentieller Thrombozythämie

Die optimale Behandlung von jungen Patienten mit essentieller Thrombozythämie (ET) und hohem Risiko für thrombotische Komplikationen (z.B. persistierende Thrombozytenwerte > 1500 · 109/l, Thrombosen in der Vorgeschichte, Nikotinabusus) ist unbekannt. Auf derzeit vorhandene Therapieoptionen haben wir wiederholt hingewiesen, wobei häufig Anagrelid, eine Substanz mit hemmender Wirkung auf die Megakaryozytenreifung, bei jüngeren Patienten empfohlen wird (vgl. 1, 2). Anagrelid ist im März 1997 von der FDA in den USA und im Juli 2003 von der europäischen Arzneimittelbehörde (EMEA) für die Behandlung von Patienten mit ET zugelassen worden. Zugelassene Anwendungsgebiete sind die Reduktion erhöhter Thrombozytenwerte bei Patienten mit ET, bei denen ein Risiko für thrombotische oder hämorrhagische Komplikationen besteht und die andere Therapien nicht vertragen haben oder keine ausreichende Reduktion der Thrombozyten zeigten. Eine vor zwei Jahren publizierte unkontrollierte Studie bei 35 jüngeren Patienten mit ET hatte eine gute Verträglichkeit einer langfristigen Therapie mit Anagrelid ergeben, jedoch waren Thrombosen (20%), Blutungskomplikationen (20%) und Anämie (24%) häufiger als bei Therapie mit Hydroxyurea (Hydroxycarbamid = Litalir, Syrea; vgl. 2). Gegen die Therapie jüngerer Patienten mit Hydroxyurea spricht in erster Linie das nicht auszuschließende leukämogene Risiko dieser Substanz, wobei die Angaben hierzu in der Literatur jedoch widersprüchlich sind (vgl. 3, 4). Eine italienische Arbeitsgruppe, die sich seit vielen Jahren mit der Behandlung der ET beschäftigt, hat kürzlich über ihre Erfahrungen in der Behandlung jüngerer ET Patienten (medianes Alter 42 Jahre) mit Hydroxyurea berichtet (5). Bei insgesamt 25 Patienten wurde vor dem 1. Januar 1997 im Rahmen einer Kohortenstudie mit der Gabe von Hydroxyurea begonnen. Indikationen für Hydroxyurea waren persistierende Thrombozytenwerte > 1500 · 109/l (n = 12) oder vaskuläre Komplikationen (n = 13), wie ischämischer Schlaganfall, Myokardinfarkt, arterielle oder venöse Thrombosen. Die Patienten erhielten zusätzlich Azetylsalizylsäure (100 mg/d) bei arteriellen bzw. Warfarin (Zielwert: International Normalized Ratio: 2,5) bei venösen Thrombosen. Ziel der Behandlung waren Thrombozytenwerte < 600 · 109/l bzw. < 400 · 109/l bei Patienten mit Thrombose. Diese Zielwerte wurden bei 20 Patienten (80%) erreicht (Median der Thrombozyten: 450 · 109/l). Nach einer medianen Behandlungsdauer von 8 Jahren trat nur bei einem Patienten eine transiente ischämische Attacke, jedoch keine ernsten Thrombosen oder Blutungskomplikationen auf. Kein Patient mußte die Therapie mit Hydroxyurea wegen Unverträglichkleit beenden, und bei keinem Patienten wurde eine leukämische Transformation oder eine andere Neoplasie beobachtet. Als Vorteil von Hydroxyurea wird von den Autoren die myelosuppressive Wirkung nicht nur auf die Thrombo-, sondern auch auf die Granulo- und Erythropoese angesehen. Insbesondere abnorme Interaktionen zwischen neutrophilen Granulozyten und Endothel, die zu Störungen der Mikrozirkulation und vaskulärer Schädigung führen, können möglicherweise durch Hydroxyurea verhindert werden.

Fazit: Diese Kohortenstudie mit allerdings kleiner Patientenzahl spricht dafür, daß Hydroxyurea bei jüngeren Patienten mit ET und hohem Risiko für thrombohämorrhagische Komplikationen eine wirksame und sichere Therapiealternative ist. Randomisierte kontrollierte Studien zum Vergleich der verschiedenen Therapieoptionen bei ET sind dringend notwendig, werden jedoch vorrangig Fragen zur kurzfristigen Wirksamkeit (Verhinderung vaskulärer Komplikationen) und Toxizität beantworten. Das leukämogene Risiko kann vermutlich nur anhand von Kohortenstudien mit ausreichend langer Beobachtungszeit beurteilt werden.

Literatur

  1. AMB 1998, 32, 29.
  2. AMB 2001, 35, 29.
  3. AMB 1996, 30, 86.
  4. AMB 1998, 32, 39.
  5. Finazzi, G., et al.: Blood 2003, 101, 3749.