Im Arzneiverordnungs-Report 2001 (Hrsgb.: U. Schwabe, D. Paffrath. Springer-Verlag Berlin-Heidelberg, 2001) wird in einem Kapitel dargestellt, wie bei den kassenärztlichen Arzneiverordnungen durch Umstellung von Originalpräparaten auf preisgünstige Generika, Verzicht auf teure Innovationen ohne zusätzliche Wirkungen (Analogpräparate, Me-too-Präparate) und Einschränkung der Verordnung umstrittener Arzneimittel auch heute noch Kosten gesenkt werden können.
Insgesamt ist der Anteil der Generika am Gesamtumsatz von 1981 bis zum Jahre 2000 von 10% auf 30% gestiegen, der Anteil von Verordnungen von 10% auf 50%. Die Möglichkeiten, noch effektiver zu verordnen, sind aber noch nicht ausgeschöpft. So machen die 20 meist verordneten Generika-fähigen Wirkstoffe aktuell einen Umsatz von 2,45 Mrd. EUR aus; würden diese Wirkstoffe in der preisgünstigsten Form verordnet, könnten 0,72 Mrd. EUR gespart werden. Die größten Effekte sind bei den folgenden fünf Wirkstoffen möglich (in Mio. EUR): Theophyllin 63,81; Omeprazol 62,99; Metoprolol 58,87; Nifedipin 59,16; Isosorbidmononitrat 56,29. Die Tab. 1 zeigt die Einsparpotentiale in den einzelnen Wirkstoffgruppen bei Übergang auf das Standardpräparat. Der Autor des genannten Kapitels (U. Schwabe) geht davon aus, daß diese Übergänge auf Generika in der Regel möglich sind. Die Unterschiede der Wirkungen und die Unterschiede der Nebenwirkungsprofile sind gering und in den meisten Fällen klinisch bedeutungslos.
Effektive Verordnungsweise setzt sich unter dem Zwang der knappen Mittel immer mehr durch. Die Umsatzsteigerung bei den Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen um 2,8% auf 19,33 Mrd. EUR kommt aber nicht durch Umsatzzuwächse in diesem Segment zu Stande, sondern in dem Segment der neuen Arzneimittel (Umsatzzuwachs in Mio. EUR): Cholesterinsynthese-Hemmer (102), Opioid-Analgetika (119), COX-2-Inhibitoren (74), Immuntherapeutika (71), atypische Neuroleptika (35), selektive Antidepressiva (31), AT-II-Rezeptor-Antagonisten (74), ADP-Rezeptor-Antagonisten (26), Insulinanaloga (53), neue insulinotrope Antidiabetika (19). Hier gibt es eine ganze Reihe von umstrittenen Indikationen, die sich nur durchsetzen sollten, wenn sich die Evidenz für zusätzlichen relevanten klinischen Nutzen erhärtet.
Die Berliner Krankenkassen haben ein Projekt gestartet, das Ärzte unterstützen soll, effektiver zu behandeln. Die Arzneimittelverordnungen bestimmter Praxen werden analysiert und die Preisstruktur, geordnet nach Wirkstoffgruppen, abgebildet. Es wird eine Referenzsubstanz genannt und dadurch eine Übersicht gegeben, welche Einsparpotentiale in der individuell angesprochenen Praxis genutzt werden könnten. Die Analysen werden dem Praxisinhaber zugesandt. Die Reaktion auf ein solches Schreiben ist in der Regel Abwehr und Aggressivität. Erst wenn ein Besuchsdienst (Arzt oder Apotheker) die Situation in aller Ruhe erläutert, wandelt sich nicht selten die Ablehnung in Kooperationswilligkeit. Die Tab. 2 zeigt das Verordnungsverhalten in einer speziellen Berliner Praxis und die Einsparpotentiale in den einzelnen Wirkstoffgruppen. Sowohl das Umsatzvolumen als auch die Anzahl der verordneten Wirkstoffe pro Wirkstoffgruppe als auch das Einsparpotential insgesamt dürften eine Ausnahme sein. Wir wollten diese Ausnahme unseren Lesern aber doch demonstrieren, um darauf hinzuweisen, daß die Bemühungen der Kassen um eine kostengünstige Pharmakotherapie Ansatzpunkte findet, die bearbeitet werden müssen, um an anderer Stelle den wirklichen pharmakologischen Fortschritt voll ausschöpfen zu können.