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Eplerenon: Neuer Therapiestandard bei Herzinsuffizienz NYHA II?

In der Entstehungskaskade der Herzinsuffizienz spielt der Hyperaldosteronismus eine zentrale Rolle. Eine Hemmung der Aldosteronwirkung bessert Belastbarkeit und Prognose herzinsuffizienter Patienten. Über den 2005 eingeführten (selektiv an den Mineralokortikoid-Rezeptor bindenden) Aldosteron-Antagonisten Eplerenon (Inspra®; Pfizer) haben wir anlässlich seiner Zulassung berichtet (1, 2). Die Zulassungsstudie EPHESUS hatte im Vergleich zu Plazebo eine signifikante Reduktion von Morbidität und Letalität bei Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion nach akutem (bis zu zwei Wochen zurückliegendem) Herzinfarkt gezeigt (1). Dies ist auch die derzeit zugelassene Indikation für Eplerenon. Der weniger selektive Aldosteron-Antagonist Spironolacton ist seit der RALES-Studie fester Bestandteil der neurohumoralen Kombinationstherapie bei fortgeschrittener (nicht-ischämischer und ischämischer) Herzinsuffizienz im Stadium NYHA III oder IV (3), führt aber nicht selten zu hormonellen UAW, besonders Gynäkomastie (> 10%). Unter Eplerenon war diese nicht häufiger als unter Plazebo. Ähnlich wie bei Spironolacton (4) muss allerdings auch bei Eplerenon mit Hyperkaliämien und Verschlechterung einer vorbestehenden Niereninsuffizienz gerechnet werden, insbesondere bei Kombination mit ACE-Hemmern, AT-II-Rezeptor-Blockern oder NSAID. Direkte Vergleichsstudien von Eplerenon und Spironolacton gibt es nach wie vor nicht. Wir haben deshalb Eplerenon nur bei Unverträglichkeit des deutlich kostengünstigeren Spironolactons empfohlen (1).

Kürzlich wurde nun die EMPHASIS-HF-Studie publiziert. Eplerenon (beginnend mit 25 mg einmal täglich p.o., nach vier Wochen optional Verdoppelung der Dosis) wurde bei 2.737 Patienten mit milder Herzinsuffizienz (69% ischämischer Genese) im Stadium NYHA II (EF < 30% und Hospitalisierung innerhalb sechs Monaten zuvor) gegen Plazebo zusätzlich zur Standardtherapie getestet (5). Die Anteile der mit ACE-Hemmern bzw. AT-II-Rezeptor-Blockern, Betablockern oder Diuretika vorbehandelten Patienten waren hoch und lagen bei 93%, 87%, 85%. Die ursprünglich auf 3.100 Patienten ausgelegte Studie wurde nach 21 Monaten vorzeitig abgebrochen, weil die Endpunkte Letalität und Rehospitalisierung in der Verum-Gruppe hochsignifikant seltener waren. Die Häufigkeit des primären kombinierten Endpunkts (Tod aus kardiovaskulärer Ursache, Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz) wurde von 25,9% auf 18,3% gesenkt (Hazard ratio = HR: 0,63; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,54-0,74; NNT um ein Ereignis pro Jahr zu verhindern: 19). Der sekundäre Endpunkt (Gesamtletalität) wurde ebenfalls seltener erreicht: 12,5% vs.15,5% (HR: 0,76; CI: 0,62-0,93; NNT um einen Todesfall pro Jahr zu verhindern: 51). Eplerenon wurde offenbar verhältnismäßig gut vertragen. Hyperkaliämien > 5,5 mmol/l traten unter Eplerenon bei 11,8%, unter Plazebo bei 7,2% der Patienten auf, Verschlechterung der Nierenfunktion bei 2,8% vs. 3,0%, Gynäkomastie bei 0,7% vs. 1,0%. UAW-bedingte Therapieabbrüche waren unter Eplerenon sogar seltener als unter Plazebo (13,8% vs. 16,2%).

In einer kürzlich präsentierten Analyse von Subgruppen (Zwei-Jahres-Daten) gibt es Hinweise, dass Vorhofflimmern (VHFli) oder Vorhofflattern (VHFla) unter Eplerenon seltener auftrat (6). „Neues” VHFli oder VHFla wurde in der Verum-Gruppe bei 2,7%, in der Plazebo-Gruppe bei 4,5% registriert. Allerdings war die Diagnose eines „vorbestehenden” VHFli/VHFla recht unpräzise und erforderte lediglich eine Erwähnung in der Krankengeschichte und keine EKG-Dokumentation. Randomisierte Studien mit dem primären Endpunkt eines VHFli-Rezidivs sind angekündigt.

Die Resultate der EMPHASIS-HF-Studie sind eindeutig und entsprechen denen der ebenfalls vorzeitig beendeten RALES-Studie. Es ist anzunehmen, dass sich die Herzinsuffizienz-Stadien der Patienten beider Studien beträchtlich überlappen. Ob Eplerenon oder Spironolacton auch bei Patienten im Stadium NYHA II mit günstigeren Prognosekriterien vorteilhaft sind, bleibt vorerst unklar. Grundsätzlich sind unabhängige, direkte Vergleichsstudien von Spironolacton, Eplerenon und Plazebo in allen NYHA-Stadien erforderlich, um die aktuellen Studienresultate zu bestätigen. Dass es eine solche Studie jemals geben wird, ist allerdings unwahrscheinlich.

Experten gehen davon aus, dass es sich bei der Wirkung beider Substanzen um einen Klasseneffekt von Aldosteron-Antagonisten und nicht um spezifische Substanzeffekte handelt. Wie Zulassungsbehörden und Leitlinienautoren mit der Studienlage umgehen werden, ist noch offen. Eine Erweiterung der Zulassung von Aldosteron-Antagonisten auf milde Herzinsuffizienz ab NYHA-Stadium II sowie eine entsprechende Ergänzung der Leitlinen zur Behandlung der Herzinsuffizienz werden jedenfalls erwartet. Derzeit ist Spironolacton noch wesentlich kostengünstiger. Wir halten es daher für das Mittel erster Wahl mit der Option einer Umstellung auf Eplerenon im Falle hormoneller UAW. Nach Ablauf des Patentschutzes (voraussichtlich 2014) wird das diesbezüglich vielleicht besser verträgliche Eplerenon möglicherweise den Platz von Spironolacton einnehmen. In den USA, wo es übrigens auch für die Behandlung der arteriellen Hypertonie zugelassen ist, ist Eplerenon bereits als Generikum erhältlich.

Fazit: Die Daten der EMPHASIS-HF-Studie zeigen eine gute zusätzliche Wirksamkeit des selektiven Aldosteron-Antagonisten Eplerenon (bisher nur zugelassen für linksventrikuläre Dysfunktion nach kurz zurückliegendem Myokardinfarkt) bei „milder” (nicht-ischämischer und ischämischer) Herzinsuffizienz (NYHA II). Wahrscheinlich handelt es sich um einen Klasseneffekt der Aldosteron-Antagonisten. In Anbetracht fehlender Vergleichsstudien und des großen Preisunterschieds scheint es uns angebracht, primär Spironolacton einzusetzen und bei hormonellen UAW auf Eplerenon umzustellen. Unter beiden Substanzen sind gefährliche Hyperkaliämien nicht selten. Nach Beginn der Therapie und besonders bei Risikopatienten (Niereninsuffizienz, Diabetes, Begleitmedikation) sind deshalb häufige Kontrollen der Elektrolyte und der Nierenfunktion erforderlich.

Literatur

  1. Pitt,B., et al. (EPHESUS = Eplerenone Post-acute myocardial infarctionHeart failure Efficacy and SUrvival Study): N.Engl. J. Med. 2003, 348, 1309 Link zur Quelle ; Erratum: N.Engl. J. Med. 2003, 348, 2271; s.a. AMB 2003, 37, 35. Link zur Quelle
  2. AMB2006, 40, 02. Link zur Quelle
  3. Pitt,B., et al. (RALES = Randomized ALdactone Evaluation Study):N. Engl. J. Med. 1999, 341, 709 Link zur Quelle ; s.a. AMB1999, 33, 83. Link zur Quelle
  4. AMB2005, 39, 06a. Link zur Quelle
  5. Zannad,F., et al. (EMPHASIS-HF = Eplerenonein Mild Patients Hospitalization And SurvIvalStudy): N. Engl. J. Med. 2011, 364, 11. Link zur Quelle
  6. HeartFailure Congress der European Society of Cardiology Heart Failure Association2011, Göteborg.