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Leserbrief: Methotrexat in der Schwangerschaft

Dr. M.V. aus Bonn schreibt: >> Können Sie mir bitte eine etwas ausführlichere Darstellung der Gefahren einer Therapie mit Methotrexat in der Schwangerschaft geben? <<

Antwort: >> Insgesamt liegen Berichte zu rund 60 Schwangerschaften mit einer „antirheumatischen” Methotrexat (MTX)-Exposition im 1. Trimenon vor (1, 2). Mit knapp 20% liegt die Abortrate über der erwarteten Spontaninzidenz (10-15%), was nicht verwundert, da MTX auch zur Abortinduktion verwendet wird. Insgesamt wird über sieben fehlgebildete Feten berichtet, davon ähneln vier einem Aminopterin/Methotrexat-Syndrom. Von diesen waren zwei in der Frühschwangerschaft täglich exponiert. Zu den anderen drei Kindern mit Fehlbildungen liegen keine Details vor. Bezogen auf die Zahl der lebendgeborenen Kinder ergibt das insgesamt eine deutlich erhöhte Fehlbildungsrate von 17% (Prävalenz 2-3%). Allerdings ist eine Inzidenzberechnung problematisch, da möglicherweise nicht alle Fallberichte prospektiv erfaßt wurden und daher auffällige Schwangerschaftsverläufe überrepräsentiert sind. Feldkamp (2) postuliert, ausgehend von den bis dahin publizierten Fällen, daß mehr als 10 mg/Woche während der Wochen 6-8 nach Konzeption für eine teratogene Schädigung Voraussetzung sind. Auch die später publizierten Entwicklungsstörungen waren überwiegend mit über 10 mg/Woche exponiert. Die Einschränkung des sensiblen Zeitraums auf Woche 6-8 ist problematisch, schon wegen der möglicherweise monatelangen Speicherung von MTX-Derivaten in Hepatozyten und Erythrozyten.

Angesichts der nicht seltenen versehentlichen Exposition in die Frühschwangerschaft hinein und wegen der relativ geringen Zahl publizierter Auffälligkeiten ist eher von einem deutlich geringeren Risiko als den o.g. 17% auszugehen. Die etwa 20 im Fachbereich Embryonaltoxikologie in Berlin prospektiv registrierten Schwangerschaftsverläufe ergeben keine Hinweise auf klinisch faßbare teratogene Effekte. Dies war auch die allgemeine Erfahrung auf einem internationalen Konsensustreffen teratologischer Zentren Mitte April dieses Jahres in Prag. Hieraus sollte man keineswegs auf eine weitgehende Unbedenklichkeit einer Low-dose-MTX-Therapie schließen. Werden Frauen im reproduktionsfähigen Alter mit MTX wegen immunologischer Erkrankungen behandelt, sollte sicher verhütet und – wenn dies nicht zuverlässig erscheint – eine wöchentliche Dosis von 10 mg möglichst nicht überschritten werden. Optimal ist eine Frist von mindestens drei Monaten zwischen Ende der Therapie und der Konzeption. Im Falle einer versehentlichen Hineinbehandlung in die Frühschwangerschaft ist ein Abbruch aus „embryopathischer” Indikation jedoch nicht zwangsläufig gerechtfertigt. Folsäure sollte mit 5 mg/d bis zum Ende des ersten Trimenons substituiert werden. Mit hochauflösendem Ultraschall ist die normale fetale Entwicklung zu bestätigen. <<

Literatur

  1. Chakravarty, E.F., et al.: J. Rheumatol. 2003, 30, 241.
  2. Feldkamp, M., und Carey, J.C.: Teratology 1993, 47, 533.