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Mit mediterraner Diät gegen das metabolische Syndrom

Die steigende Prävalenz des metabolischen Syndroms (m.S.) in den Industrienationen gewinnt zunehmende medizinische Bedeutung und gesundheitspolitische Brisanz. In den USA wird der Bevölkerungsanteil mit manifestem m.S. inzwischen auf 24% geschätzt. Fehlernährung und Bewegungsmangel sind die bekannten Hauptursachen, allerdings gab es bisher nur wenige Daten zur Wirksamkeit ernährungstherapeutischer Ansätze. In JAMA wurden nun die Ergebnisse einer randomisiert-kontrollierten Ernährungsstudie aus Italien mit 180 Patienten (99 Männer, 81 Frauen) mit m.S. publiziert (1). Die Diagnose des m.S. wurde nach dem Adult Treatment Panel (ATP III) gestellt, d.h. die Patienten mussten mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllen: Abdominelle Adipositas (Taillenumfang > 102 cm bei Männern, > 88 cm bei Frauen), HDL-Cholesterin < 40 mg/dl (Frauen < 50 mg/dl), Hypertriglyzeridämie > 150 mg/dl, Blutdruck ≥ 130/85 mm Hg und Nüchtern-Blutzucker > 110 mg/dl. Raucher und Patienten mit Prämedikation oder bereits bestehender KHK wurden von der Studie ausgeschlossen. Nach Randomisation erhielten 90 Patienten eine ausführliche Schulung in den Prinzipien der traditionellen mediterranen Kost (Interventionsgruppe; s.a. 2). Dies beinhaltete den täglichen und reichlichen Verzehr von Obst, Gemüse, Walnüssen, Vollkorngetreide und Olivenöl. Fleisch, Wurst und Butter sollten nur in reduzierten Mengen gegessen werden (Nahrungsenergie aus gesättigtem Fett < 10%). Die 90 Patienten der Kontroll-Gruppe wurden angewiesen, einer üblichen fettarmen („prudent”) Diät zu folgen. Studienendpunkte waren die Faktoren des m.S., die Gefäß-Endothelfunktion (Blutdruckantwort auf L-Arginin-Injektion) und Marker der vaskulären Inflammation (CRP, Interleukine). Die Studiendauer betrug zwei Jahre.

In beiden Gruppen gab es acht „Drop-outs”. Die Adhärenz zur empfohlenen Ernährungsform der Interventionsgruppe war sehr hoch und lässt auf eine sehr eingehende und professionelle Schulung schließen. Die Daten der apparativen Messungen zeigten konsistente und signifikante Vorteile für die Interventionsgruppe nach zwei Jahren (s. Tab. 1).

Insbesondere erfüllten nach zwei Jahren nur noch 40 Patienten in der Interventionsgruppe vs. 78 Patienten in der Kontroll-Gruppe die Diagnosekriterien eines m.S. (p < 0,001). Die Autoren folgern zu Recht, dass mit einer konsequenten mediterranen Diät das metabolische Syndrom erfolgreich behandelt werden kann. Interessanterweise blieben die Vorteile für die Interventionsgruppe auch nach statistischer Adjustierung um die jeweils erzielte Gewichtsabnahme bestehen. Dies impliziert, dass die günstigen Veränderungen auf Metabolismus, Endothelfunktion und vaskuläre Inflammation weitgehend unabhängig von der erzielten Gewichtsabnahme waren. Vielmehr sind spezifische günstige Mechanismen einzelner Ernährungskomponenten zu vermuten.

In derselben Ausgabe des JAMA berichten Kim Knoops et al. über die Ergebnisse der europäischen HALE-Studie (3), in der die Letalität bei 70-90Jährigen untersucht wurde. In dieser selektierten Gruppe fanden sich deutliche Zusammenhänge zwischen Gesamt-Letalität und Faktoren des Lebensstils. Adhärenz zu den Charakteristika einer mediterranen Diät (Hazard Ratio = HR: 0,77), moderater Alkoholkonsum (HR: 0,78), körperliche Aktivität (HR: 0,63) und Nicht-Rauchen (HR: 0,65) waren die relevanten Faktoren für ein niedriges Risiko. Die Kombination aller vier Faktoren erniedrigte die HR auf 0,35. Umgekehrt war die Nicht-Adhärenz mit diesen Lebensstilfaktoren mit einem Exzessrisiko und mit 60% aller Todesfälle verbunden (61% kardiovaskulär, 60% Krebserkrankungen).

In einem begleitenden Editorial kommentieren Eric Rimm und Meir Stampfer von der Harvard Medical School die Ergebnisse (4). Sie betonen, dass nun genügend wissenschaftliche Daten die Bedeutung des Lebensstils für die Gesundheit belegt haben und fordern Aktivitäten zur konsequenten Umsetzung. Sie postulieren, dass durch Modifikationen des Lebensstils mit einem Bruchteil der Ausgaben, wie sie für medikamentöse Behandlungen chronischer Erkrankungen nötig sind, eine wirksame Prävention möglich wäre.

Fazit: Mediterrane Diät plus besondere Formen des Lebensstils (ausreichend Bewegung, Nichtrauchen) wirken sich prophylaktisch und therapeutisch günstig auf Risikofaktoren des metabolischen Syndroms aus, auch in fortgeschrittenem Lebensalter. Die Kosten/Nutzen-Relation dieser Verhaltensweisen ist nach Ansicht von Ernährungsexperten besonders gut.

Literatur

  1. Esposito, K., et al.: JAMA 2004, 292, 1440.
  2. AMB 1999, 33, 74 und 2000, 34, 88.
  3. Knoops, K.T., et al. (HALE = Healthy Aging: a Longitudinal study in Europe): JAMA 2004, 292, 1433.
  4. Rimm, E.B., und Stampfer, M.J.: JAMA 2004, 292, 1490.

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