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HLA-B*13:01 ein Marker für das Dapson-Hypersensitivitätssyndrom

Dapson (4-4’-Sulfonyldianilin) wurde 1908 synthetisiert und ist ein antiinfektiv und antientzündlich wirkendes Arzneimittel (1). Es wird heute bei mehreren Infektionskrankheiten wie Lepra, Malaria und bei der Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie (off label) eingesetzt, aber auch bei chronisch entzündlichen Erkrankungen mit Infiltrationen von Neutrophilen oder Eosinophilen in die Haut oder Kornea, z.B. Dermatitis herpetiformis Duhring, IgA-Dermatose, oder subkorneale pustuläre Dermatose (2). Das Hypersensitivitätssyndrom im Zusammenhang mit Dapson-Behandlung wurde zuerst von Lowe und Smith 1949 beschrieben (3) und etwas später als Überempfindlichkeitsreaktion unter dem Namen „Dapson-Syndrom“ bekannt (4). Ein solches Syndrom entwickeln 0,5-3,6% der Patienten (5). Es entsteht meist 4-6 Wochen nach Therapiebeginn und ist fast immer durch eine Trias charakterisiert: Hautausschlag, Fieber gefolgt von einer systemischen Reaktion mit Beteiligung anderer Organe, z.B. Lymphknotenschwellungen, Hepatitis, Myokarditis, Nephritis, Pneumonitis, Enzephalitis sowie Eosinophilie, atypische Lymphozytose, aber auch Agranulozytose. Die Verlaufsformen dieser Erkrankung sind unterschiedlich und reichen von milden Symptomen bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Durch den weltweiten Einsatz des Wirkstoffs bei Lepra und zur Prophylaxe der Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie bei HIV-Infizierten konnte die Epidemiologie des Dapson-Hypersensitivitätssyndroms präzisiert werden. Die Inzidenz liegt bei 1,4%, die damit verbundene Letalität bei 9,9% (6). Bisher war es nicht möglich, die Wahrscheinlichkeit einer solchen Reaktion vorherzusagen. In einer neuen Arbeit aus China wurden nun genetische Bereiche im HLA-Molekül auf den Zusammenhang mit dem Dapson-Hypersensitivitätssyndrom untersucht (9).

Im ersten Schritt dieser Studie wurden 872 Patienten eingeschlossen, die Dapson im Rahmen der Lepratherapie erhielten. 39 entwickelten ein Dapson-Hypersensitivitätssyndrom, die übrigen 833 dienten als Kontrolle. Die Untersuchungen konzentrierten sich auf „Single-nucleotide-Polymorphismen“ (SNPs) und die HLA-Moleküle. Die Analysen wurden dann um weitere Patienten mit Dapson-Hypersensitivitätssyndrom und Kontrollen erweitert. Die sehr umfangreichen Untersuchungen und statistischen Auswertungen von 430.276 SNPs führten zu signifikanten Assoziationen mit HLA-B*13:01 und HLAC*3.04. Weitere Untersuchungen ergaben dann, dass die Assoziation von HLA-B*13:01 und dem Dapson-Hypersensitivitätssyndrom am größten war (Odds-Ratio: 20,53; p = 6,84 x 10-25). Die Präsenz von HLA-B*13:01 hat eine Sensitivität von 85,5% und eine Spezifität von 85,7% für die Vorhersage eines Dapson-Hypersensitivitätssyndroms, und die Abwesenheit eines solchen SNP reduziert das Risiko um den Faktor 7 (von 1,4% auf 0,2%). Dieses Gen findet sich bei 2-20% der Chinesen, 1,5% der Japaner, 1-12% der Inder und bei 2-4% der Menschen aus Südostasien. Bei Europäern und Afrikanern fehlt dieses HLA-Gen. Gerade in den Ländern mit hoher Inzidenz der Lepra, wie Indien, ist das Gen verbreitet, wenn auch mit starken regionalen Unterschieden: 0-12%. Somit ist dort das Risiko für ein Dapson-Hypersensitivitätssyndrom in einigen Regionen als hoch einzustufen.

Wenn auch diese Diagnostik bei Dapson für uns in Europa nicht sehr relevant erscheint, so ist unseres Erachtens doch das generelle Prinzip, die Wahrscheinlichkeit gravierender Nebenwirkungen bestimmter Arzneimittel vorhersagen zu können, klinisch wichtig.

Fazit: Die Testung auf HLA-B*13:01 ist eine Möglichkeit, die Inzidenz des potenziell lebensbedrohlichen Dapson-Hypersensitivitätssyndroms in den Ländern zu senken, wo Dapson als Therapie der Lepra noch häufig eingesetzt werden muss. Wir hatten bereits darüber berichtet, dass durch eine Testung auf HLA-B*15:02 das Auftreten eines Carbamazepin-induzierten Stevens-Johnson Syndroms mit guter Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden kann (7, 8).

Literatur

  1. Fromm, E., undWittmann, J.: Berichte Deutsch. Chem. Ges. 1908, 41, 2264.
  2. Wozel, V.E.:Dermatol. Clin. 2010, 28,599. Link zur Quelle
  3. Lowe, J., undSmith, M.: Int. J. Lepr. 1949, 17, 181. Link zur Quelle
  4. Allday, E.J.,und Barnes, J.: Lancet 1951, 2, 205. Link zur Quelle
  5. Zhu, Y.I.,und Stiller, M.J.: J. Am. Acad. Dermatol. 2001, 45, 420. Link zur Quelle
  6. Lorenz, M.,et al.: Acta Derm. Venereol. 2012, 92, 194. Link zur Quelle
  7. Chung, W.H.,et al.: Nature 2004, 428,486. Link zur Quelle
  8. Chen, P., etal.: N. Engl. J. Med. 2011, 364, 1126 Link zur Quelle . Vgl. AMB 2011, 45, 46 Link zur Quelle und AMB 2011, 45, 64b. Link zur Quelle
  9. Zhang, F.-R.,et al.: N. Engl. J. Med. 2013, 369, 1620. Link zur Quelle