Paracetamol (Acetaminophen) steht seit 1977 auf der Liste der essenziellen Arzneimittel der WHO (1). Studien zu harten Endpunkten gibt es allerdings nur wenige. Trotzdem gehört Paracetamol nach wie vor zu den am häufigsten angewendeten Arzneimitteln, besonders zur Fiebersenkung bei vermuteten Infektionen. Ob Paracetamol in dieser Indikation eigentlich nützt oder eher schadet, ist nicht gut untersucht. Es gibt ältere Befunde, die zeigen, dass Fieber mit höherer Aktivität von Immunzellen (2), einer Hemmung des Bakterienwachstums (3-5) und besserer Wirksamkeit von Anti-Infektiva assoziiert ist (6). Auch deuten Beobachtungsstudien darauf hin, dass Patienten mit Infektionen und höheren Temperaturen bei Aufnahme auf die Intensivstation möglicherweise ein geringeres Sterberisiko haben (7, 8). Daher ist es wichtig, dass jetzt eine Studie der einfachen Frage nachgegangen ist, ob eine Senkung des Fiebers mit Paracetamol bei Patienten, die mit vermuteter Infektion auf der Intensivstation behandelt werden, mit einem messbaren Nutzen assoziiert ist (9).
In Australien und Neuseeland wurden auf Intensivstationen 700 Patienten mit Fieber (≥ 38°C) und mit vermuteter oder bestätigter Infektion in zwei Gruppen randomisiert. Eine Gruppe erhielt Plazebo, die andere 1 g Paracetamol i.v. alle sechs Stunden bis zur Entlassung von der Intensivstation oder bis zum Sistieren des Fiebers oder bis zur Beendigung der antimikrobiellen Therapie oder Tod. Der primäre Endpunkt war die Zeit des Überlebens ohne intensivmedizinische Hilfe vom Zeitpunkt der Randomisierung bis zum Tag 28 (gemessen in Tagen). Ausschlusskriterien waren u.a. Leberfunktionsstörungen, akute ZNS-Symptome oder bekannte Unverträglichkeit gegen Paracetamol.
Die Zeit ohne intensivmedizinische Hilfe war in beiden Gruppen nicht unterschiedlich: 23 Tage in der Paracetamol-Gruppe und 22 Tage in der Plazebo-Gruppe. Statistische Schätzung (nach Hodges-Lehmann) für die absolute Differenz: 0 Tage (96,2%-Konfidenzintervall: 0-1; p = 0,07). Insgesamt starben bis zum Tag 90 nach Randomisierung in der Paracetamol-Gruppe 55 von 346 (auswertbaren) Patienten (15,9%) und in der Plazebo-Gruppe 57 von 344 (16,6%) Patienten (Relatives Risiko: 0,96; 95%-Konfidenzintervall: 0,66-1,39; p = 0,84). Auch nach 28 Tagen war die Letalität in beiden Gruppen nicht unterschiedlich. In dem beobachteten Zeitraum gab es auch keine Unterschiede in den Nebenwirkungen.
Fazit: In dieser Studie war die i.v. Behandlung mit Paracetamol zur Fiebersenkung bei Patienten, die mit vermuteter Infektion auf Intensivstation aufgenommen wurden, nicht hilfreich.
Literatur
- http://www.who.int/selection_medicines/committees/expert/20/EML_2015_FINAL _amended_AUG2015.pdf?ua=1 Link zur Quelle
- Berman, J.D., und Neva, F.A.: Am.J. Trop. Med. Hyg. 1981, 30, 318. Link zur Quelle
- Chu, C.M., et al.: J. Virol. 1982, 41, 353. Link zur Quelle
- Moench, M.: J. Lab.Clin. Med. 1926, 57, 665.
- Small, P.M., et al.:Infect. Immun. 1986, 52, 484. Link zur Quelle
- Mackowiak, P.A., etal.: Am. J. Clin. Pathol. 1981, 76, 57. Link zur Quelle
- Saxena, M., et al.:Intensive Care Med. 2015, 41, 823. Link zur Quelle
- Young, P.J., et al.:Intensive Care Med. 2012, 38, 437. Link zur Quelle
- Young, P., et al. (HEAT = Permissive hyperthermia throughavoidance of paracetamol in known or suspected infection in ICU): N. Engl. J. Med. 2015. Link zur Quelle