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Krim-Kongo-Hämorrhagisches Fieber ante portas?

Das Krim-Kongo-Fieber wird durch Zecken übertragen. Der Erreger ist ein RNS-Virus aus der Familie der Nairoviren. Das Virus zirkuliert in der Natur in einem Zecken-Vertebraten-Zyklus, wobei die infizierten Vertebraten häufig keine Symptome zeigen. Die Infektion kann also in Regionen vorhanden sein, ohne dass sie auffällt. Die Zecken des Genus Hyalomma – sie sind sowohl Vektor als auch Reservoir – halten die Infektion in den Naturherden aufrecht (1). Das Virus kann von allen Stadien der Zecken (auch transovariell) übertragen werden, und infizierte Zecken können sich beim Blutsaugen neu infizieren. Hyalomma-Zecken kommen meist nur in wärmeren Klimaregionen vor. Die Erkrankung ist daher aus Afrika, dem mittleren Osten und Südostasien bekannt. In Europa war die Erkrankung beim Menschen nur aus dem äußersten Südosten (Thrakien) bekannt (2, 3). Die Übertragung auf den Menschen erfolgt zum Beispiel beim Absammeln der Zecken von Nutztieren, durch den direkten Stich infizierter Zecken (bei dem sie Mageninhalt regurgitieren), aber auch durch Kontakt mit Gewebe, Blut oder anderen Körperflüssigkeiten infizierter Patienten (3). Die Erkrankung verläuft klinisch sehr unterschiedlich. Es gibt milde Formen, die einer Erkältung ähneln, aber auch das Vollbild des hämorrhagischen Fiebers mit Petechien und diffusen Blutungen. Der Tod kann nach 5-14 Tagen im Schock und Multiorganversagen eintreten (3). In Spanien sind zwei Zeckenarten des Genus Hyalomma bekannt, H. marginatum und H. lusitanicum (1). Die Klimaerwärmung trägt dazu bei, dass sich diese Zeckenarten auch nach Norden ausbreiten, was für H. marginatum belegt ist (1). Die Präsenz infizierter Zecken in Spanien ist schon länger bekannt, aber Erkrankungen von Menschen wurden bisher nicht beschrieben. Zwei neu aufgetretene autochthone Erkrankungen in Spanien weisen auf eine Ausbreitung des Virus in Europa hin (4).

Fallbeschreibung: Indexpatient: Ein 62-jähriger Mann aus Madrid mit bekannter Hypertonie und Schlaf-Apnoe wurde wegen seit zwei Tagen bestehenden hohen Fiebers, Bauchschmerzen, Schwäche, Übelkeit und Durchfall stationär aufgenommen. Wenige Stunden nach Aufnahme entwickelte er purpurfarbene Hautläsionen und blutete aus Punktionsstellen. Am nächsten Tag musste er auf die Intensivstation verlegt und intubiert werden. Er starb am 9. Krankheitstag an diffusen Blutungen und Multiorganversagen.

Die Angehörigen des Patienten berichteten, dass der Patient vier Tage vor der Krankenhausaufnahme während eines Besuchs bei Verwandten auf dem Lande in Zentral-West-Spanien von einer Zecke gestochen worden war. Wegen des Zeckenstichs wurde ambulant eine (unnötige) Behandlung mit Doxycyclin durchgeführt. Im Nachhinein konnte in der ersten Blutprobe des Patienten das Krim-Kongo-Virus nachgewiesen werden.

2. Patientin: Eine 50-jährige Intensivkrankenschwester, die bei der Intubation und der Versorgung des Indexpatienten auf der Intensivstation mitgeholfen hatte, entwickelte Fieber, Muskelschmerzen und petechiale Blutungen. Die Patientin wurde stationär aufgenommen und ab dem 4. Krankheitstag wegen des Verdachts auf Krim-Kongo-Hämorrhagisches Fieber mit Ribavirin behandelt (Expertenempfehlung der WHO; 5). Die Patientin war deutlich weniger krank als der Indexpatient mit moderatem Anstieg der Leberenzyme und nur moderatem Abfall der Thrombozyten. Sie entwickelte im Verlauf Pleuraergüsse, ohne aber intubiert werden zu müssen. Am 8. Tag wurde die Ribavirin-Therapie wegen ausgeprägter transfusionsbedürftiger Anämie als Nebenwirkung beendet. Die höchste Viruslast wurde (retrospektiv) am 2. Krankheitstag gemessen; sie war also schon vor Beginn der Ribavirin-Therapie deutlich abgefallen. Noch am 7. Tag konnte das Virus aus dem Plasma isoliert werden. Am Tag 20 nach Auftreten der Symptome war die PCR negativ. Die Patientin überlebte.

Wie so oft werden Erkrankungen, die in einer Region selten sind, nicht sofort als solche erkannt. Der Verdacht auf Krim-Kongo-Hämorrhagisches Fieber kam bei der Krankenschwester erst auf, weil sie bei der Behandlung des ersten Patienten beteiligt war und mit ähnlichen Symptomen erkrankte. Ohne die Ansteckung wäre diese Kleinepidemie wahrscheinlich gar nicht aufgefallen. Die WHO-Expertenempfehlung zur Ribavirin-Therapie bei Krim-Kongo-Hämorrhagischem Fieber (5) hat bei dieser Patientin außer Nebenwirkungen nichts gebracht.

Fazit: Es muss damit gerechnet werden, dass potenziell gefährliche Infektionserkrankungen auch in solchen geographischen Regionen auftreten, in denen sie bisher nicht vorkamen. Möglicherweise wird dies durch die Klimaerwärmung begünstigt.

Literatur

  1. Gargili, A., et al.: Antiviral Res. 2017, 144, 93. Link zur Quelle

  2. Bente, D.A., et al.: Antiviral Res. 2013, 100, 159. Link zur Quelle

  3. Ergönül, O.: Lancet Infect. Dis. 2006, 6, 203. Link zur Quelle

  4. Negredo, A., et al.: N. Engl. J. Med. 2017, 377, 154. Link zur Quelle

  5. Application for inclusion of ribavirin in the WHO model list of essential medicines. Geneva: World Health Organization. Link zur Quelle