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Änderung der Zusammensetzung von Euthyrox®

In der Drug Safety Mail 2019-18 der AkdÄ vom 10.4.2019 wird auf die zu Mitte April/Anfang Mai 2019 veränderte Zusammensetzung des Schilddrüsenhormon-Präparats Euthyrox® der Firma Merck Serono GmbH hingewiesen. Sie besteht darin, dass der Hilfsstoff Laktose gegen die Hilfsstoffe Mannitol und Zitronensäure ausgetauscht wurde. Diese Änderung der Formulierung verfolgte den Zweck, die Stabilität des Wirkstoffs Levothyroxin-Natrium im Arzneimittel während der gesamten Dauer der Haltbarkeit des Arzneimittels zu erhöhen (1, 2).

Über die eingeschränkte Haltbarkeit von levothyroxinhaltigen Arzneimitteln bei geringer therapeutischer Breite wurde wiederholt berichtet (z.B. 3). Bereits 2003 konnte eine längere Haltbarkeit von Levothyroxin-Tabletten unter Verwendung des Hilfsstoffs Mannitol im Vergleich zu Laktose gezeigt werden (4). Lag der bisher akzeptierte Schwankungsbereich für den Gehalt an Levothyroxin-Natrium bei 90-110% (5), konnte er unter der veränderten Rezeptur auf 95-105% gesenkt werden (6). Insofern ist davon auszugehen, dass die veränderte Rezeptur eine stabilere Einstellung der Patienten ermöglicht. In Frankreich wurde nach Umstellung auf die veränderte o.g. Rezeptur 2017 vermehrt über Symptome berichtet, die mit einer hypo- oder hyperthyreoten Stoffwechsellage vereinbar erschienen. Es wurden jedoch keine entsprechenden Veränderungen des TSH-Werts dokumentiert (s. Zusammenfassung in 7).

In einem für den Wechsel erstellten Rote-Hand-Brief der Firma Merck Serono GmbH wird darauf hingewiesen, dass nach der Änderung der Formulierung bei einigen Patienten jedoch Unterschiede in der Resorption von Levothyroxin-Natrium auftreten und nachfolgend zu einer Veränderung der Stoffwechsellage führen können. Daher wird eine engmaschige klinisch-symptomatische und labordiagnostische Überwachung der Patienten nach dem Umsetzen auf die neue Formulierung von Levothyroxin-Natrium empfohlen (2, 8).

Unter Berücksichtigung der Erfahrungen im Rahmen der Umstellung der Formulierung in Frankreich und der Verordnungshäufigkeit von Euthyrox® ist es wichtig, dass die verschreibenden Ärzte Patienten während der Umstellung adäquat über die Veränderung in der Formulierung informieren (2). Daher wäre auch eine Angabe hilfreich, in welchem Prozentsatz relevante Veränderungen der Resorption auftreten und welche Prädiktoren Patienten mit veränderter Resorption identifizieren. Üblicherweise wird eine Messung der Schilddrüsenparameter ca. 6-8 Wochen nach Dosisänderung empfohlen (9). Ein vergleichbares Vorgehen ist nach Umstellung auf Euthyrox® in neuer Zusammensetzung angeraten. Während für die überwiegenden Indikationen eine Kontrolle des TSH-Werts ausreichend erscheint, ist für Patienten mit sekundärer Hypothyreose die zusätzliche Bestimmung von (freiem) T3 und T4 sinnvoll. Bei Patienten mit primären Schilddrüsenerkrankungen sollte die Intensität der klinischen und labordiagnostischen Kontrollen in Abhängigkeit der zu erwartenden (Rest-)Sekretionskapazität erfolgen. Im Rote-Hand-Brief werden besonders zu beachtende Patientengruppen aufgeführt, nämlich Patienten mit dem Ziel einer TSH-supprimierenden Therapie bei bzw. nach Schilddrüsenkarzinom, Schwangere, Kinder und ältere Menschen sowie Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen (8).

Ein Zusammenhang zwischen Laktoseintoleranz und reduzierter Resorption von Levothyroxin wurde in der Literatur wiederholt beschrieben (z.B. 10). Weiterhin wurde gezeigt, dass eine Laktoserestriktion bei Patienten mit Autoimmunthyreoiditis vom Typ Hashimoto und zusätzlich bestehender Laktoseintoleranz zum Sinken der TSH-Spiegel durch vermutlich gesteigerte Resorption von Levothyroxin führt (11). Kasuistisch konnte ebenfalls durch Umstellung dosisgleicher laktosehaltiger Levothyroxin-Tabletten auf laktosefreie Levothyroxin-Lösung bei Patienten mit zuvor subklinischer Hypothyreose unter Substitutionstherapie (zumeist auf Grund einer Autoimmunthyreoiditis vom Typ Hashimoto) eine euthyreote Stoffwechsellage erreicht werden (12). Daher ist auch eine engere Überwachung von Patienten mit gesicherter Laktoseintoleranz zu empfehlen. Ein überzeugender Hinweis auf den Einfluss von laktosehaltigem Levothyroxin auf die klinischen Symptome bei Laktoseintoleranz findet sich in der Literatur jedoch bisher nicht. Insofern erscheint die in der Patienteninformation von Euthyrox® suggerierte bessere Verträglichkeit der veränderten Zusammensetzung durch Elimination der Laktose fraglich.

Literatur

  1. https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/ DSM/Archiv/2019-18.html Link zur Quelle
  2. Paesler, J., et al.: Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2018, Ausgabe 3. Link zur Quelle
  3. Collier, J.W., et al.: 2010, 11, 818. Link zur Quelle
  4. Patel, H., et al.: Int. J. Pharm. 2003, 264, 35. Link zur Quelle
  5. http://www.fda. gov/ICECI/Inspections/ InspectionGuides/ucm074928.htm Link zur Quelle
  6. Gottwald-Hostalek, U., et al.: Curr Med Res Opin. 2017, 33, 169. Link zur Quelle
  7. Schatz, H., und Diederich, S.: AVP 2019, 46, 8. Link zur Quelle
  8. https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/… Link zur Quelle
  9. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/053-046.html Link zur Quelle
  10. Skelin, M., et al.: Clin. Ther. 2017, 39, 378. Link zur Quelle
  11. Asik, M., et al.: Endocrine 2014, 46, 279. Link zur Quelle
  12. Fallahi, P., et al.: Endocrine 2017, 57, 175. Link zur Quelle