Artikel herunterladen

Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion: kein Vorteil von Sacubitril/Valsartan versus Valsartan

Zusammenfassung: In der großen, vom Hersteller gesponserten PARAGON HF-Studie konnte die Behandlung mit Sacubitril/Valsartan im Vergleich zu Valsartan allein bei Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) das Risiko für kardiale Dekompensationen und Tod aus kardiovaskulärer Ursache nicht verringern. Die Wirkstoffkombination bleibt somit nur eine Therapieoption für Patienten mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) < 40%, die trotz dreifacher medikamentöser Therapie der Herzinsuffizienz symptomatisch bleiben.

Die Kombination Sacubitril/Valsartan (Sa/Va) ist Zweitlinientherapie und Ersatz für ACE-Hemmer (ACE-H) oder Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker (AT-II-RB), wenn Patienten mit Herzinsuffizienz bei reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) trotz optimaler Behandlung mit ACE-H oder AT-II-RB plus Betablocker plus Mineralokortikoid-Rezeptorblocker (MRB) noch symptomatisch sind (ESC-Empfehlung IB; 1, 2). Bei reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF) ≤ 40% und einem NT-proBNP-Wert ≥ 1600 pg/ml senkte Sa/Va das NT-proBNP stärker als Enalapril in der üblichen Erhaltungsdosis (PIONEER-HF-Studie; 3). In der PARADIGM-HF-Studie ergab sich durch die frühe bzw. Erstlinien-Therapie von Sa/Va im Vergleich zu Enalapril ein nicht signifikant niedrigeres Risiko für kardiale Dekompensation oder Tod bei Patienten mit HFrEF (4). Wir haben über beide Studien kritisch berichtet und auf die Unzulänglichkeit des Surrogatparameters NTproBNP als Studienendpunkt hingewiesen (5).

Bei herzinsuffizienten Patienten mit erhaltener (preserved) kardialer Ejektionsfraktion (HFpEF) ist die Letalität und Morbidität ebenfalls hoch und die Lebensqualität deutlich eingeschränkt; das für diese Patienten geeignete therapeutische Konzept ist aber völlig unklar (6). Bisher konnte mit keiner medikamentösen Therapie die Prognose der HFpEF überzeugend reduziert werden (7-9). Als Ursachen der HFpEF werden u.a. diskutiert: erhöhte intrakardiale Füllungsdrücke aufgrund diastolischer Dysfunktion, subklinische systolische Dysfunktion oder auch eine Niereninsuffizienz mit den Folgen Flüssigkeitsretention und Belastungsdyspnoe (10-12). In der PARAMOUNT-Studie, einer vom pharmazeutischen Unternehmer gesponserten Phase-II-Studie, senkte Sa/Va das NT-proBNP bei HFpEF stärker als Va allein, und es wurde eine klinische Verbesserung der NYHA-Klasse beschrieben (13). Es bestand deshalb die Hoffnung, dass Sa/Va als erstes Arzneimittel auch zu klinischen Verbesserungen bei der HFpEF führt.

Daher wurde die Therapie mit Sa/Va versus Va allein bei Patienten mit HFpEF in einer multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Studie verglichen (PARAGON-HF; 14). Die Studie wurde vom Hersteller Novartis gesponsert. Im Zeitraum von 2014 bis 2016 wurden insgesamt 4.822 Patienten mit struktureller Herzerkrankung in 43 Ländern eingeschlossen; 51% waren Frauen. Die Patienten waren ≥ 50 Jahre alt und hatten eine LVEF ≥ 45% sowie Symptome der Herzinsuffizienz der Stadien II-IV nach NYHA-Klassifizierung. Alle Patienten hatten beim Screening erhöhte NT-proBNP-Werte: in der Sa/Va-Gruppe im Median 904 pg/ml (IQ-Range: 475-1596 pg/ml), in der Va-Gruppe 915 pg/ml (IQ-Range: 453-1625 pg/ml).

Studiendesign: In einer Vorlaufphase mit mehr als 10.000 gescreenten Patienten erhielten alle Teilnehmer Va in halber Zieldosis, gefolgt von Sa/Va in halber Zieldosis. Waren keine Nebenwirkungen erkennbar und lagen die Laborwerte innerhalb festgelegter Sicherheitsgrenzen, wurden die Patienten 1:1 doppelblind randomisiert in eine Gruppe mit Sa/Va (Zieldosis: 97 mg Sa plus 103 mg Va zweimal täglich) oder in eine Gruppe mit Va allein (Zieldosis: 160 mg zweimal täglich). ACE-H, AT-II-RB und MRB wurden bei allen Patienten zu Beginn der Vorlaufphase abgesetzt. Die übrige Medikation wurde beibehalten; sie enthielt in beiden Kollektiven gleich häufig ein Diuretikum (95%) und einen Betablocker (80%). Traten Nebenwirkungen auf, wurde die Studienmedikation reduziert. Der klinische Zustand der Patienten wurde im Abstand von 1-4 Monaten evaluiert.

Primärer kombinierter Studienendpunkt war die Zahl aller stationären Aufnahmen wegen dekompensierter Herzinsuffizienz und Tod durch kardiovaskuläre (kv) Ereignisse. Sekundärer Endpunkt war die Änderung des Scores im Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ) innerhalb von 8 Monaten (Skala von 0-100, wobei höhere Werte eine bessere Belastbarkeit abbilden; 15). Zusätzlich wurden erfasst: Änderungen der NYHA-Klasse, die erstmalige Verschlechterung der Nierenfunktion (GFR-Abnahme ≥ 50% oder dialysepflichtiges Nierenversagen oder Tod durch Nierenversagen) und Tod jeder Ursache. Hypotension, Hyperkaliämie, Niereninsuffizienz und Angioödem waren Nebenwirkungen, auf die besonders geachtet wurde. Klinische und Labor-Ausgangsparameter waren in beiden Gruppen nahezu gleich; der Body-Mass-Index lag bei 30 kg/m2, das Kreatinin bei 1,1 ± 0,3 mg/dl. In der Sa/Va-Gruppe waren etwas mehr Patienten mit ischämisch bedingter Herzinsuffizienz.

Ergebnisse: Die wichtigsten klinischen Ergebnisse einer time-to-event-Analyse sind in Tab. 1 wiedergegeben. Der KCCQ-Score war unter Sa/Va nach 8 Monaten im Mittel nur um einen Punkt besser. Patienten der Sa/Va-Gruppe hatten signifikant häufiger Hypotensionen mit RR-Werten < 100 mm Hg, der RR war systolisch im Mittel um 4,5 mm Hg niedriger, Angioödeme häufiger (14 Patienten unter Sa/Va vs. 4 unter Va), aber Hyperkaliämien und Verschlechterungen der Nierenfunktion seltener. In beiden Gruppen erreichten > 80% der Patienten die geplanten Zieldosierungen. Ein Viertel in jeder Gruppe beendete die Studie vorzeitig, davon ca. 16% wegen unerwünschter Wirkungen. In den 12 zu Studienbeginn festgelegten Subgruppen zeichnete sich ein geringer Vorteil von SA/Va bei Frauen ab – sie waren mit mehr als 50% im Kollektiv gut repräsentiert – und bei Patienten mit schlechterer LVEF (45%-57%); bei diesen ist eine subklinische systolische Herzinsuffizienz mit Tendenz zu kardialer Dekompensation wahrscheinlicher.

In einem Editorial diskutieren C.M. O’Connor und C. deFilippi die Gründe für die Diskrepanz zwischen den günstigeren Studienergebnissen unter Behandlung mit Sa/Va bei HFrEF in der PARADIGM-HF-Studie und den negativen in der PARAGON HF-Studie bei HFpEF. In PARADIGM-HF war der NT-proBNP-Wert um 77% höher als in PARAGON-HF. Wenn Sa/Va den erhöhten NT-proBNP-Spiegel senkt, der Ausdruck eines ungünstigen strukturellen Umbauprozesses am Herzen ist, dann verwundere es nicht, wenn Sa/Va bei HFpEF mit niedrigeren NT-proBNP-Spiegeln einen geringeren Einfluss auf diesen Surrogatparameter hat. Dass Frauen in dieser Studie einen Vorteil von Sa/Va hatten, wird mit einem geringeren Verteilungsvolumen und der relativ höheren Dosierung bei niedrigerem Körpergewicht in Verbindung gebracht.

Für den Hersteller von Sa/Va sind nach PARADIGM-HF die Ergebnisse der PARAGON HF-Studie sicher eine weitere Enttäuschung. Künftige Studien zur Indikation bei HFpEF, wie von den Autoren vorgeschlagen, wird es wohl nicht geben.

Literatur

  1. Ponikowski, P., et al.: Eur. Heart J. 2016, 37, 2129. Link zur Quelle Erratum: Eur. Heart J. 2018, 39, 860.
  2. https://www.leitlinien.de/mdb/ downloads/ nvl/herzinsuffizienz/ herzinsuffizienz-2aufl-vers2- kurz.pdf Link zur Quelle
  3. Velazquez, E.J., et al. (PIONEER-HF = ComParIson Of sacubitril/valsartaN versus Enalapril on Effect on nt-pRo-bnp in patients stabilized from an acute Heart Failure episode): N. Engl. J. Med. 2019, 380, 539. Link zur Quelle
  4. McMurray, J.J., et al. (PARADIGM-HF = Prospective comparison of ARNI with ACE-I to Determine Impact on Global Mortality and morbidity in Heart Failure: N. Engl. J. Med. 2014, 371, 993. Link zur Quelle
  5. AMB 2019, 53, 19 Link zur Quelle . AMB 2014, 48, 75 Link zur Quelle . AMB 2016, 50, 33. Link zur Quelle
  6. Redfield, M.M.: N. Engl. J. Med. 2017, 376, 897. Link zur Quelle
  7. Yusuf, S., et al. (CHARM = Candesartan in Heart failure: Assessment of Reduction in Mortality and morbidity): Lancet 2003, 362, 777. Link zur Quelle
  8. Massie, B.M., et al. (I-PRESERVE = Irbesartan in heart failure with PRESERVEd systolic function): N. Engl. J. Med. 2008, 359, 2456. Link zur Quelle
  9. Pitt, B., et al. (TOPCAT = Treatment Of Preserved Cardiac function heart failure with an Aldosterone anTagonist): N. Engl. J. Med. 2014, 370, 1383. Link zur Quelle
  10. Mohammed, S.F., et al.: Circulation 2015, 131, 550. Link zur Quelle
  11. Zile, M.R., et al.: N. Engl. J. Med. 2004, 350, 1953. Link zur Quelle
  12. Kraigher-Krainer, E., et al. (PARAMOUNT = Prospective comparison of ARNI with ARB on Management Of heart FailUre with preserved ejectioN fracTion): J. Am. Coll. Cardiol. 2014, 63, 447. Link zur Quelle Erratum: J. Am. Coll. Cardiol. 2014, 64, 335.
  13. Solomon, S.D., et al. (PARAMOUNT = Prospective comparison of ARNI with ARB on Management Of heart FailUre with preserved ejectioN fracTion): Lancet 2012, 380, 1387. Link zur Quelle
  14. Solomon, S.D., et al. (PARAGON-HF = Prospective comparison of ARNI with ARB Global Outcomes iN HF with preserved ejection fraction): N. Engl. J. Med. 2019, 381, 1609. Link zur Quelle
  15. Green, C.P., et al.: J. Am. Coll. Cardiol. 2000, 35, 1245. Link zur Quelle

Abbildung 2020-3-1.gif