Die HZL ist eine seltene, chronisch verlaufende lymphoproliferative Erkrankung der B-Lymphozyten, bei der eine Panzytopenie und Splenomegahe klinisch im Vordergrund stehen. Während in früheren Jahren zunächst die Splenektomie und später die Behandlung mit alpha-Interferon (á-lFN) als Therapie der Wahl galten, haben die sehr guten Ansprechraten nach einmaliger 7tägiger Dauerinfusion des Purinanalogons 2-CdA – komplette Remission (CR) bei etwa 80% der Patienten – das Interesse auf diese neue Substanz gelenkt (vgl. AMB 1993, 27, 45). Da trotz Erreichens einer CR bei vielen Patienten mittels immunologischer sowie molekularbiologischer Analysen ein Persistieren der pathologischen Zellpopulation im Knochenmark (minimal residual disease) nachzuweisen war, wurden klinische Studien mit Spannung erwartet, die den längerfristigen Verlauf nach einmaliger Gabe von 2-CdA (z.B. Dauer der CR, Ansprechen auf 2-CdA im Rezidiv) und evtl. Spät-komplikationen dieser Substanz untersuchten.
Über Ergebnisse einer derartigen Studie wurde kürzlich von einer Gruppe aus Chicago berichtet (M.S. Tallmann et al Blood 1996, 88, 1954). Insgesamt erhielten 52 z.T. mit á-lFN und/oder Splenektomie vorbehandelte, konsekutive Patienten mit HZL einen Zyklus mit 2-CdA (0,1 mg/kg/d als kontinuierliche i.v. Infusion über 7 Tage), von denen 50 hinsichtlich des klinischen Ansprechens auswertbar waren. Bei 40 Patienten (80%) konnte durch 2-CdA eine CR und bei 9 (18%) eine partielle Remission erreicht werden, und nur ein Patient sprach nicht an. Insgesamt 7 Patienten (5 nach Erreichen einer CR und 2 nach PR) erlitten 12 bis 45 Monate nach initialer Therapie mit 2-CdA ein Rezidiv der HZL. Bei 5 Patienten wurde erneut 2-CdA verabreicht, wodurch bei 2 Patienten eine 2. CR und bei 3 eine PR erreicht werden konnte. Als akute Toxizität nach Gabe von 2-CdA wurde insbesondere eine Myelosuppression und Fieber mit negativen Blutkulturen beobachtet. Nach einer medianen Beobachtungsdauer von 33 Monaten für alle Patienten wurde bei 2 Patienten eine Neuropathie diagnostiziert, deren ätiologische Zuordnung unklar blieb, und ein 70jähriger Patient erkrankte an einem Prostatakarzinom. Weitere sekundäre Neoplasien oder opportunistische Infektionen, aufgrund der durch 2-CdA ausgelösten lmmunsuppression besonders gefürchtete Spätkomplikationen, wurden nicht beobachtet. Das progressionsfreie Überleben beträgt nach 4 Jahren für alle 52 Patienten 72% und das Gesamtüberleben 86%. Von verschiedenen klinischen Parametern erwies sich nur eine Vorbehandlung mit á-lFN bzw. Splenektomie als prognostisch wichtiger Faktor für das progressionsfreie Überleben.
Fazit: Die einmalige Gabe von 2-CdA führt bei den meisten Patienten mit HZL zu lang anhaltenden Remissionen. Patienten, die nach 2-CdA rezidivieren, sprechen auf eine erneute Therapie mit dem Purinanalogon an. Spätkomplikationen, die eindeutig auf 2-CdA zurückzuführen sind, wurden bisher nicht beobachtet. Für die Beurteilung des kurativen Potentials von 2-CdA bei der HZL ist die Beobachtungsdauer in den meisten Studien noch zu kurz.