Vor einigen Jahren haben wir über eine verbesserte Methode der postkoitalen Kontrazeption nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr berichtet (1). Die ursprüngliche Methode von Yuzpe, A.A., et al. (2) war Gabe zweier hochdosierter „Antibaby-Pillen“ mit 100 µg Ethinylestradiol plus 500 µg Levonorgestrel (LNG) im Abstand von 12 Stunden einige Zeit nach dem Verkehr. Die 1998 mitgeteilte neue Methode bestand in der Einnahme von zweimal 750 µg LNG ohne Östrogen im Abstand von 12 Stunden mit wesentlich geringeren UAW (weniger Übelkeit und Erbrechen) als bei Anwendung der Yuzpe-Methode. In einer kürzlich im Lancet publizierten Studie (3), von der WHO in Europa und in verschiedenen Entwicklungsländern durchgeführt, wurden bei 4136 jungen Frauen mit bisher regelmäßiger Menstruation drei Methoden doppeltblind, randomisiert und plazebokontrolliert miteinander verglichen: A: zweimal 750 µg LNG im Abstand von 12 h; B: einmal 1,5 mg LNG; C: einmal 10 mg Mifepriston. Mifepriston ist ein zur Einleitung von Frühaborten geeigneter und unter strengen Auflagen zugelassener Progesteron-Rezeptor-Antagonist. Er ist auch, wie früher bereits berichtet (4), zur postkoitalen Kontrazeption geeignet. Wegen seiner abortiven Potenz ist es aber viel schwerer, an Mifepriston als an LNG heranzukommen.
Die in die Studie eingeschlossenen Frauen mußten das Kontrazeptivum spätestens 5 Tage nach dem ungeschützten Verkehr einnehmen. Bis zur nächsten Blutung sollten sie keinen Verkehr oder nur unter Anwendung von Kondomen haben. Die Zahl der ohne Kontrazeption zu erwartenden Schwangerschaften wurde unter Berücksichtigung der Zyklustage, an denen der ungeschützte Verkehr stattfand, hochgerechnet. Im Mittel lagen diese Raten bei ca. 8%. Die tatsächlichen Schwangerschaftsraten waren in Gruppe A: 1,77%, in Gruppe B: 1,47% und in Gruppe C: 1,55%. Die Unterschiede waren nicht signifikant, ebenso die der geringen UAW. Innerhalb der Fünf-Tage-Frist war kein starker Trend zugunsten einer möglichst frühen Einnahme der Kontrazeptiva nach dem ungeschützten Verkehr zu erkennen.
Als Wirksamkeitskriterium dieser Methode gilt das rechtzeitige, meist ängstlich erwartete Einsetzen der nächsten Regelblutung. Etwa 55% der Frauen ohne Schwangerschaft hatten die Blutung in allen Gruppen innerhalb von zwei Tagen um den erwarteten Termin. Durch die LNG-Methoden wurde der Termin der Blutung bei ca. 30% der Frauen vorverlegt und bei 15% verzögert. Mit Mifepriston überwogen Verzögerungen des Blutungsbeginns (ca. 30%) gegenüber verfrühten Blutungen (ca. 15%). Die Autoren halten die LNG-Einzeldosis-Methode zur Zeit für die beste, weil Kosten und UAW gering sind, der Erfolg in Form der einsetzenden Blutung relativ früh erkennbar wird und die Compliance besser ist als mit der LNG-Zweidosis-Methode (Vergessen der zweiten Dosis).
In Deutschland ist ein für die postkoitale Kontrazeption zugelassenes Medikament der Firma Hexal auf dem Markt: Duofem, 2 Tabletten zu je 750 µg LNG. Kosten: 10,14 EUR. Die Tabletten können aufgrund der hier besprochenen Veröffentlichung gleichzeitig (statt im Abstand von 12 Stunden) eingenommen werden, unter Einhalten der Fünf-Tage-Frist.
Fazit: Die Einnahme von 1,5 mg Levonorgestrel (eines synthetischen Gestagens) innerhalb von 5 Tagen nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr verhindert ebenso effektiv wie andere bisher bekannte Methoden und mit geringen UAW etwa 5 von 6 unerwünschten Schwangerschaften. Geplante Kontrazeption bleibt aber die Methode der Wahl.
Literatur
- AMB 1998, 32, 69.
- Yuzpe, A.A., et al.: Fertil. Steril. 1982, 37, 508.
- von Hertzen, H., et al.: Lancet 2002, 360, 1803.
- AMB 1992, 26, 118.