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Leserbrief: Protonenpumpen-Inhibitoren und Wachstum von Metastasen beim Mammakarzinom?

Frage von Frau Dr. C.L. aus München: >> Bei einer Patientin mit Mammakarzinom nehmen die seit zwei Jahren bekannten osteoblastischen Knochen- sowie Lebermetastasen unter zeitgleicher Therapie mit Esomeprazol wegen einer Refluxösophagitis langsam an Größe zu. Die Patientin fragt nach einem möglichen kausalen Zusammenhang, weil ihr bei Lektüre des Beipackzettels von Esomeprazol unter „Hormone” „Vergrößerung der männlichen Brustdrüse (Gynäkomastie)” aufgefallen war. <<

Antwort: >> Die häufigste Ursache einer Gynäkomastie (histologisch definiert als gutartige Proliferation des Drüsengewebes in der männlichen Brust) ist die Einnahme von Arzneimitteln (1). Zu diesen zahlreichen Arzneimitteln zählen neben Östrogenen und Antiandrogenen auch Antibiotika (z.B. Isoniazid, Ketoconazol), Histamin-H2-Rezeptoren-Blocker, Protonenpumpen-Inhibitoren (z.B. Omeprazol), Zytostatika (insbesondere alkylierende Substanzen), Herz-Kreislauf-Mittel (Herzglykoside, ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten, Spironolacton), Benzodiazepine (z.B. Diazepam), Phenothiazine und trizyklische Antidepressiva. Während die Gynäkomastie nach Östrogenen oder Antiandrogenen aus einem Ungleichgewicht zwischen stimulierenden Effekten der Östrogene und hemmenden Effekten der Androgene auf das Drüsengewebe resultiert, sind die pathophysiologischen Mechanismen, die nach anderen Arzneimitteln zur Gynäkomastie führen, bisher nur wenig bekannt und zum Teil sicher komplex (z.B. Spironolacton).

Interessant im Zusammenhang mit der Frage unserer Leserin ist eine kürzlich publizierte pharmakologische Untersuchung zur Beeinflussung der Metabolisierung von Östradiol in der Leber durch insgesamt 14 Arzneimittel, nach deren Einnahme eine Gynäkomastie beschrieben wurde (2). Es konnte gezeigt werden, dass diese Arzneimittel (u.a. Omeprazol) die Hydroxylierung bzw. Oxydation von Östradiol in der Leber hemmen und daraus höhere Östradiol-Spiegel im Organismus sowie Gynäkomastie resultieren können.

In der Fachinformation (Stand: Oktober 2004) zu Esomeprazol (Nexium® mups) wird Gynäkomastie als seltene (0,01-0,1%) Nebenwirkung in klinischen Studien beschrieben, wobei keine eindeutige Dosisabhängigkeit vorliegt.

Zur definitiven Beantwortung Ihrer Frage sind weitere Angaben erforderlich (z.B. Alter der Patientin, Hormon-Rezeptorstatus des Mammakarzinoms, begleitende Therapie mit z.B. Hormonantagonisten). Trotz der oben genannten pharmakokinetischen Daten erscheint ein kausaler Zusammenhang zwischen der Einnahme von Esomeprazol und rascherem Wachstum von Leber- und Knochenmetastasen eines Mammakarzinoms unwahrscheinlich, da bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom – einer Voraussetzung für einen stimulierenden Effekt von Östradiol auf das Wachstum von Metastasen – in der Regel eine Therapie mit Tamoxifen (partieller Antagonist am Östrogen-Rezeptor) oder anderen Antiöstrogenen erfolgt.

Eine Pub-Med-basierte Literaturrecherche ergab keine Fundstelle auf z.B. Kasuistiken, in denen über eine Stimulation des Wachstums von Leber- und Knochenmetastasen eines Mammakarzinoms durch gleichzeitige Einnahme von Protonenpumpen-Inhibitoren berichtet wurde. <<

Literatur

  1. Hugues, F.C., et al.: Ann. Med. Interne 2000, 151, 10.
  2. Satoh, T., et al.: Biol. Pharm. Bull. 2003, 26, 695.