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Screening auf kolorektale Karzinome: Koloskopie im Vergleich mit Stuhltest auf okkultes Blut

Das kolorektale Karzinom ist weltweit eines der häufigsten Karzinome und trägt wesentlich zur Morbidität in Industrieländern bei (1). Klinische Symptome stellen sich bei diesen Karzinomen oft erst spät ein. Eine frühe Diagnose und Behandlung ist aber prognostisch günstig und daher sehr wichtig. Die Koloskopie gilt als Goldstandard der Früherkennung. Sie wird für bestimmte Risikopatienten als regelmäßige Untersuchung empfohlen (2), ist aber aufwändig. Weniger aufwändig sind Stuhluntersuchungen auf okkultes Blut als Screening- bzw. Suchmethode für kolorektale Karzinome. Karzinome werden dabei aber nur erfasst, wenn diese zum Untersuchungszeitpunkt okkult bluten. Bei positivem Befund ergibt sich zunächst eine Differenzialdiagnose, die durch Koloskopie geklärt werden muss. Dennoch wurde gezeigt, dass durch Suchtests auf okkultes Blut im Stuhl die Letalität am Kolonkarzinom gesenkt werden kann (3-5). In einer spanischen Studie wird zur Zeit ein semiquantitativer immunchemischer Test auf okkultes Blut im Stuhl (FIT= Fecal Immun-Test) mit der endoskopischen Koloskopie verglichen hinsichtlich Entdeckung von Kolonkarzinomen und Verminderung der Letalität an diesen Tumoren. Die Studie ist eine Nicht-Unterlegenheitsstudie. Ergebnisse der ersten Untersuchungsrunde wurden nun veröffentlicht (6).

In dieser Studie wurden 54.404 Patienten (Alter: 50-69 Jahre) durch kommunale Register in acht spanischen Provinzen erfasst und 1:1 randomisiert. Alle Probanden beider Gruppen wurden zu einem Informationsgespräch eingeladen und mussten einen Fragebogen ausfüllen, um Darmerkrankungen, oder Darmkrebs in der Familie zu erfassen. Patienten mit Darmsymptomen, Darmkrebs in der Familie, Kolonadenomen in der Vorgeschichte, bekannter chronisch entzündlicher Darmerkrankung u.a. wurden von der Studie ausgeschlossen. In der Gruppe für die einmalige Koloskopie waren dann noch 26.703 und für den FIT alle zwei Jahre noch 26.599 geeignet. Ziel der Studie ist die Erfassung von Tod durch kolorektale Karzinome nach zehn Jahren. Von den potenziell geeigneten Patienten stellten sich dann 7.368 Probanden aus der Koloskopie- und 9.512 aus der FIT-Gruppe für den weiteren Ablauf der Studie vor. Diesen Patienten konnten sich trotz der Empfehlung für die eine Methode in der jeweiligen Gruppe noch anders entscheiden. In der Koloskopiegruppe wurden schließlich 4.953 Probanden tatsächlich koloskopiert und 1.628 führten tatsächlich den FIT durch. In der FIT-Gruppe führten tatsächlich 8.983 den Test durch und 106 wurden koloskopiert. Die Studie startete im November 2008. Die erste Runde wurde im Juni 2011 beendet. Die 10-Jahres-Ergebnisse werden 2021 vorliegen.

Eine erste Auswertung dieser Studie ergab folgende, etwas schwer zu verstehende Resultate: Insgesamt war die Bereitschaft, an der Studie teilzunehmen, in beiden Gruppen gering. Mehr Probanden nahmen in der FIT- als in der Koloskopie-Gruppe teil (34,2% vs. 24,5%; p < 0,001). Absolut wurden im Rahmen des Screenings 5.059 Teilnehmer koloskopiert, und 10.611 erhielten den FIT. Ein kolorektales Karzinom wurde bei 30 (0,1%) Personen in der Koloskopie- und bei 33 (0,1%) in der FIT-Gruppe entdeckt (Odds-Ratio = OR: 0,99; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,61-1,64; p = 0,99). Diese Angaben beziehen sich auf die oben genannten Gesamtzahlen (n = 26.703 Koloskopiegruppe und n = 26.599 FIT-Gruppe) der randomisierten Probanden. Dies spiegelt die wirkliche Situation bei solchen Screeningverfahren am besten wider und war ein Ziel der Studie. Die Einzelverteilung der Kolonkarzinome war wie folgt: vier beim FIT in der Koloskopie-Gruppe (4/1.706), 26 bei Koloskopie in der Koloskopie-Gruppe (26/4.953) sowie 32 beim FIT in der FIT-Gruppe (32/8.963) und eins bei FIT in der Koloskopie-Gruppe (1/106). Mit der Koloskopie wurden also 27 Patienten mit Kolonkarzinomen (0,5%) und mit dem FIT 36 (0,3%) entdeckt (Odds-Ratio: 1,56; CI: 0,93-2,56; p = 0,09). Also auch diese Post-Hoc-Analyse zeigt keinen statistischen Unterschied. Insgesamt war der FIT 767 mal positiv, und es erfolgten anschließend 663 Koloskopien. Fortgeschrittene Adenome wurden bei 514 (1,9%) in der Koloskopie- und bei 231 (0,9%) in der FIT-Gruppe gefunden (OR: 2,30; CI: 1,97-2,69; p < 0,001). Nicht-fortgeschrittene Adenome wurden bei 1.109 (4,2%) in der Koloskopie- und bei 119 (0,45%) in der FIT-Gruppe nachgewiesen (OR: 9,8; CI: 8,10-11,85; p < 0,001).

Größere Komplikationen (Blutungen, Hypotonie, eine Perforation) ereigneten sich bei 24 Personen der Koloskopie-Gruppe und ähnliche Komplikationen bei 10 Personen der FIT-Gruppe, davon bei acht, die wegen eines positiven FIT koloskopiert wurden.

Fazit: Die Akzeptanz eines nicht-invasiven Screenings (Stuhluntersuchungen) ist größer als die der Koloskopie. Mit beiden Methoden wurden in dieser Studie gleich häufig kolorektale Karzinome entdeckt, Adenome jedoch häufiger mit der Koloskopie. Das Ziel der Studie, nämlich zu klären, welche der beiden Methoden schließlich mehr Todesfälle durch kolorektale Karzinome verhindern kann, wird erst nach Abschluss im Jahr 2021 beantwortet werden können.

Literatur

  1. Bretthauer, M., und Kalager, M.:N. Engl. J. Med. 2012, 366, 759. Link zur Quelle
  2. AMB 2011, 45,92b. Link zur Quelle
  3. Hardcastle, J.D., et al.:Lancet 1996, 348, 1472. Link zur Quelle
  4. Kronborg, O., et al.:Lancet 1996, 348, 1467. Link zur Quelle
  5. Mandel, J.S., et al.: N.Engl. J. Med. 1993, 328, 1365. Link zur Quelle Erratum N. Engl. J. Med. 1993, 329,672.
  6. Quintero, E., et al. (COLONPREV):N. Engl. J. Med. 2012, 366, 697. Link zur Quelle