Die chronische Pankreatitis ist durch abdominelle Schmerzen, Steatorrhö, Gewichtsverlust, typische morphologische Veränderungen des Pankreas (Verkalkungen; dilatierter und unregelmäßig begrenzter Ductus pancreaticus) sowie einen progredienten Verlust der exokrinen und endokrinen Funktion charakterisiert. Als Therapie der exokrinen lnsuffizienz ist die Substitution mit Pankreasenzymen etabliert. Häufig wird jedoch die Indikation zur Substitution mit Pankreasfermenten nicht ausreichend geprüft und bei unklaren Oberbauchbeschwerden diese Therapie pragmatisch eingeleitet. Der beste Test zur Erfassung der exokrinen Pankreasinsuffizienz ist der Sekretin-Caerulein- bzw. der Sekretin-Cholezystokinin-Test. Wegen des invasiven Charakters und des hohen Zeit- und Kostenaufwands wird dieserTest jedoch nur bei besonderen Fragestellungen durchgeführt. Als indirekte Pankreasfunktionstests sind die Chymotrypsinbestimmung im Stuhl, der Fluoresceindilaurat-Test (Pankreolauryl-Test) oder der NBT-PABA-Test (N-Benzyl-L-Tyrosyl-p-Aminobenzoesäure-Test) etabliert. Diese Testverfahren erreichen jedoch bei leichter Pankreasinsuffizienz nur eine Sensitivität von ca. 50%. Vor diesem Hintergrund untersuchte die Arbeitsgruppe um U.R. Fölsch (Gut 1996, 39, 580) die Aussagekraft der fäkalen pankreatischen Elastase-1 in der Diagnostik der chronischen Pankreasinsuffizienz. In dieser Studie wurden 44 Patienten mit chronischer Pankreasinsuffizienz (8 Patienten mit milder, 14 mit mittlerer und 22 mit schwerer lnsuffizienz), 35 Patienten mit anderen gastrointestinalen Erkrankungen und 50 Probanden als Kontrollen untersucht. Die Diagnose und Einstufung der Pankreasinsuffizienz basierte auf dem Sekretin-Caerulein-Test. Neben der Elastase-1-Konzentration im Stuhl wurde (als allgemein verfügbares Verfahren) die Chymotrypsin-Konzentration im Stuhl bestimmt Die intraindividuellen Schwankungen der Elastase-1- und Chymotrypsinkonzentration wurden bei ausgewählten Patienten durch wiederholte Bestimmungen innerhalb von 10 Tagen analysiert. Die Untersuchung zeigt, daß die Bestimmung der fäkalen Elastase-1 der Chymotrypsinbestimmung, insbesondere in der Diagnostik der leichten und mittleren Pankreasinsuffizienz, überlegen ist (s. Tab. 1).
Die intraindividuellen Schwankungen der Elastase-1-Bestimmungen sind deutlich geringer als die der Chymotrypsinkonzentrationen. Unterschiedliche Außentemperaturen bei der Lagerung der Stuhlproben haben – im Gegensatz zur Chymotrypsinaktivität – keine wesentliche Wirkung auf die Elastase-1-Aktivität. Die Bestimmung der Elastase-1-Konzentration im Stuhl ist als diagnostischer Test der Chymotrypsinbestimmung überlegen; die Chymotrypsinaktivität ist zur Diagnostik der leichten und mittleren Pankreasinsuffizienz aufgrund der niedrigen Sensitivität nicht geeignet. Bei der Bewertung dieser Daten für die klinische Praxis muß aber bedacht werden, daß die fäkale Elastase-1-Konzentration mit einem ELISA-Testsystem gemessen wird. Dabei können 40 Proben sowie acht Standardproben (zur Erstellung der Eichkurve) gleichzeitig gemessen werden (Preis pro Bestimmung: 26,90 DM ohne Berücksichtigung von Personalkosten). Unter der Voraussetzung, daß das Testergebnis bei Patienten mit Verdacht auf Pankreasinsuffizienz innerhalb von zwei Wochen vorliegen sollte, und bei einem durchschnittlichen Probenaufkommen von mindestens acht innerhalb von zwei Wochen müßte der Testkit gedrittelt werden. Unter diesen Bedingungen ergibt sich ein durchschnittlicher Preis von ca. 45 DM. Als kostengünstige Alternative für Institutionen mit nur wenigen Patienten mit vermeintlicher Pankreasinsuffizienz bietet sich der Pankreolauryltest an (Preis für Einzelbestimmung: 33,30 DM). Er korreliert gut mit der Aktivität der fäkalen Elastase-1 (r = 0,57); die Sensitivität und Spezifität bei chronischer Pankreasinsuffizienz Grad II und III beträgt 100% bzw. 92% (Dominguez-Munoz, J.E., et al.: Am. J. Gastroenterol. 1995, 90, 1834). Voraussetzung für die Aussagekraft des Pankreolauryltests ist jedoch der Ausschluß einer gastrointestinalen Erkrankung mit Malresorption. Eine Maldigestion mit ausgeprägter Steatorrhö (Fettausscheidung > 15 g/d) aufgrund einer schweren Pankreasinsuffizienz kann auch durch Inspektion des Stuhls durch einen erfahrenen Arzt mit einer Sensitivität von 82% diagnostiziert werden. Mit einer Sensitivität von mehr als 90% kann durch die „Stuhlvisite“ eine Steatorrhö (Fettausscheidung < 7 g/d) ausgeschlossen werden (Dröge, M., et al.: Z. Gastroenterologie 1996, 34, 663).
Fazit: Bei Verdacht auf leichte Pankreasinsuffizienz ist in der Regel keine Indikation für eine Enzymsubstitution gegeben; die klinische Relevanz des Nachweises muß deshalb im Einzelfall diskutiert werden. Bei ausgeprägter Pankreasinsuffizienz ist eine sorgfältige Anamnese und eine Inspektion des Stuhls (ggf. in Kombination mit Bestimmung des 24-Stunden-Stuhlgewichts) ausreichend, um die Diagnose zu stellen und eine adäquat dosierte Enzymsubstitution einzuleiten. Für klinisch unklare Situationen ist die Bestimmung der Elastase-1-Konzentration wegen höherer Sensitivität der Chymotrypsinbestimmung vorzuziehen.