Herausgegeben von den Mitgliedem der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, 18. Aufl., 935 S., 3 Abb., 68 Tab. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 1997. 78 DM
Schick kommt sie daher, nach über sechs Jahren Pause, die 18. Auflage der „Arzneiverordnungen“. Ein gelb-goldener Streifen belebt die sterilen Ärzteverlagsstreifen weiß und blau. Welche Chance, dem budgetgebeutelten Vertragsarzt Auswahlkriterien an die Hand zu geben, wann er die in diesen sechs Jahren auf den Markt gekommenen, viel teureren Arzneistoffe wirklich braucht und wann bewährte ebenso wirksam sind! Welchen Zweitanbieterpräparaten darf er vertrauen und welchen nicht? Die Datenbasis ist dank „Evidence based medicine“ unserer angelsächsischen Kollegen nicht schlecht.
Schon bei „Antibiotika“ wünscht man sich aber harte Auswahlkriterien und Beschränkung auf die Praxisantibiotika im Sinne Siegenthalers. Die Gliederung der Nichtopioid-Analgetika nach chemischen Gruppen ist wenig hilfreich; die Risiken werden aber nicht miteinander verglichen. Bei den Benzodiazepinen wird geraten, sich selbst „ein kleines Sortiment von Substanzen auszuwählen, mit deren Eigenschaften der/die Verordnende gut vertraut ist“.
Man freut sich zu lesen: „ACE-Hemmer nicht bei unkomplizierter Hypertonie zum Therapieeinstieg …“ bei den Alternativen fehlen jedoch Diuretika, deren metabolische Nebenwirkungen „bei den antihypertensiv wirksamen Dosen von untergeordneter Bedeutung“ seien. Mit Ausnahme der Kapitel „Koronare Herzkrankheit“, „M. Parkinson“ und „Entzündliche Darmerkrankungen“, in denen sogar Fließschemata bei der differentialtherapeutischen Entscheidung helfen, stehen in vielen Kapiteln alle Arzneistoffe gruppenweise alphabetisch geordnet. Bei einer Reihe von Arzneistoffen, besonders bei den „Ratschlägen“, fehlen „detaillierte Angaben“ bzw. wichtige Nebenwirkungen und Wechselwirkungen (z.B. Wespenstichrisiko bei ACE-Hemmern, Omeprazol-Sehstörungen nicht nur bei Schwerkranken, Leberfibrose nach niedrigdosierter Methotrexat-Gabe).
Bei einer Straffung könnten einige Kapitel zum Opfer fallen, die der Niedergelassene nie ohne Fachkonsil therapiert: z.B. seltene Virusinfektionen, Psychosen, Malignome und Immundefekte. Andererseits wäre ein Kapitel über Verkehrsrisiken durch Arzneimittel wünschenswert.
Die Drucktechnik ist gegenüber der Vorauflage viel besser; farbige Unterlegungen gliedern den unübersichtlichen Stoff. Die noch kleinere Schriftgröße erschwert älteren Kollegen den Gebrauch. Der Hauptansprechpartner der Arzneiverordnungen, der „Vertragsarzt“ (s. Vorwort), braucht heute mehr denn je Arzneiauswahlhilfen, wenn er durch Verzicht auf Unnötiges den echten Fortschritt in der Pharmakotherapie bezahlbar machen soll. Wenn die Auswahlhilfen aber zu deutlich sind sowie Unwirksames unnötig und überflüssig genannt wird, dann verbietet möglicherweise ein Gericht die Veröffentlichungen der Schrift, wie jüngst den Arzneiverordnungsreport (s. AMB 1997, 31, 80a). Da sind die „Arzneiverordnungen“ klüger: Sie bleiben in ihren Empfehlungen allgemeiner und erwähnen einfach viele umstrittene Arzneimittel nicht. Auch ein Urteil.
Insgesamt ein in der Praxis bewährtes, empfehlenswertes Standardwerk der Arzneimitteltherapie.