Im British Medical Journal (1999, 318, 5) findet sich ein lesenswerter kurzer Artikel von M.J. O Doherty et al. aus London und Newcastle, in dem aufgrund zitierter Literatur Richtlinien für die Behandlung einer Hyperthyreose während der Schwangerschaft mitgeteilt werden. Etwa 0,2% schwangerer Frauen haben eine Hyperthyreose. Eine unbehandelte Hyperthyreose kann zu einer beträchtlichen fetalen Morbidität und Mortalität führen. Auf der anderen Seite kann eine falsch durchgeführte medikamentöse Therapie der Hyperthyreose zur Hypothyreose und Kropfbildung beim Fetus führen, da Thyreostatika (Thionamide wie Propylthiouracil, Methimazol/Thiamazol und Carbimazol) über die Plazenta auf das Kind übergehen. Thyroxin geht jedoch nur in geringer Menge von der Mutter auf das Kind über. Die verbreitete Annahme, daß Propylthiouracil die Plazenta weniger durchdringt als Carbimazol und Methimazol, ist nicht gesichert. Folglich können alle drei Thionamide in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Die Dosis des Thyreostatikums soll so niedrig gehalten werden, daß die Mutter gerade eben euthyreot ist. Die Behandlung mit höheren Dosen Thyreostatika und zusätzliche Gabe von Thyroxin, um eine Hyperthyreose zu verhindern, ist kontraindiziert, da hierdurch die Hypothyreoserate beim Fetus deutlich erhöht wird. Mit Fortschritt der Schwangerschaft bei einer hyperthyreoten Frau nimmt der Schweregrad der Hyperthyreose oft ab, so daß TSH und Schilddrüsenhormone (freies T3 und T4) mindestens einmal pro Monat kontrolliert werden müssen, um eine Übertherapie zu vermeiden.
Gelegentlich ist auch über teratogene Effekte von Thyreostatika berichtet worden. Es wurden Kopfhautdefekte und Aplasien der Haut insgesamt beobachtet. Eine kürzlich durchgeführte Studie an 643 Neugeborenen von hyperthyreoten Frauen ergab jedoch keinen Fall von Aplasia cutis. Angeborene Fehlbildungen waren wesentlich häufiger bei Frauen mit unbehandelter Hyperthyreose (6%) als bei solchen, die mit Methimazol behandelt wurden (0,5%).
Eine Radiojodtherapie sollte niemals während der Schwangerschaft durchgeführt werden. Geschieht sie unbeabsichtigt bei nicht bekannter Frühschwangerschaft, dann ist die Auswirkung vor der 10. SSW gering, weil die fetale Schilddrüse noch kein Jod konzentrieren kann, während bei späterer Radiojod-Applikation mit einer Ablation der Schilddrüse gerechnet werden muß. Die allgemeine toxische Wirkung der mit der Gabe von 131Jod verbundenen Bestrahlung des Fetus ist gering und weit unter der Dosis, die zu Fehlbildungen beim Fetus führt. Dies mag anders sein bei höheren Strahlendosen, wie sie z.B. zur Behandlung des Schilddrüsenkarzinoms verwendet werden.
Da Jod in der Muttermilch konzentriert wird, muß eine Frau, die postpartal einer Radiojodtherapie bedarf, unbedingt abstillen. Wegen der Gammastrahlung nach außen soll die Mutter auch für 3 Wochen keinen nahen Kontakt mit dem Kind haben. Bedarf eine Frau während der Stillperiode der Behandlung mit Thyreostatika, dann sind Propylthiouracil oder Carbimazol der Behandlung mit Methimazol unbedingt vorzuziehen, da von letzterem ein viel größerer Anteil in die Muttermilch eintritt.
Fazit: Eine Hyperthyreose in der Schwangerschaft muß in jedem Fall mit der kleinsten Dosis Thyreostatika, die zur Euthyreose führt, behandelt werden. Bei einer so behandelten Schwangerschaft sind negative Folgen für den Fetus nicht zu erwarten, während die negativen Folgen einer unbehandelten Hyperthyreose während der Schwangerschaft gravierend sein können. Während des Stillens darf nicht mit Methimazol, wohl aber mit Propylthiouracil und Carbimazol behandelt werden.