Wenig Aufmerksamkeit wurde in Deutschland der Vertriebseinstellung von Troglitazon in Großbritannien und Dänemark gewidmet. Wegen des Verdachts, relativ häufig Leberschädigungen zu verursachen, ist in den USA die Anwendung eingeschränkt worden, jedoch wurde dort kein Verbot ausgesprochen. Das war Gegenstand sehr kritischer Diskussionen in der dortigen Tagespresse.
Troglitazon ist die erste Substanz einer neuen Klasse von Wirkstoffen zur Behandlung des Typ-2-Diabetes mellitus. Sie wurde 1997 zuerst in den USA durch die FDA zur Zusatzbehandlung mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen zugelassen. Zehn Monate nach Einführung dort und nachdem etwa 500000 Patienten mit Troglitazon behandelt worden waren, lagen der FDA 35 Spontanberichte über Leber-schädigungen unterschiedlicher Schweregrade vor. Ob Troglitazon allein die Ursache für die Auslösung dieser unerwünschten Wirkung gewesen ist, war bis dahin nicht bekannt. In den USA wurden entsprechende Warnungen und Hinweise auf die Notwendigkeit regelmäßiger Leberfunktionstests in die Produktinformationen aufgenommen. Nach der Aufforderung der FDA an die Ärzte, über Leberschädigungen nach Troglitazon-Einnahme zu berichten, lagen der FDA zwei Monate später schon 150 Spontanberichte über Leberschädigungen vor.
Troglitazon ist innerhalb der EU national in Großbritannien und in Dänemark, nicht jedoch in Deutschland zugelassen worden. In diesen beiden Ländern nahmen die Firmen die Arzneimittel (Warenzeichen: Rezulin, Rizulin, Romazin, Sensulin) bei dieser neuen Erkenntnislage vom Markt. In den USA ist Troglitazon weiterhin verfügbar. Auch eine Ende März 1999 durchgeführte Anhörung bei der FDA hatte kein Verbot zur Folge, sondern striktere Anwendungsbeschränkungen und Anweisungen zur Therapiekontrolle.
Die Vermarktung und Marktrücknahme von Troglitazon macht mehrere Sachverhalte deutlich. Möglicherweise werden neue Wirkstoffe nicht ausreichend oder adäquat präklinisch und klinisch geprüft, um sie schneller für die Anwendung beim Menschen zur Verfügung zu stellen, was den finanziellen Zielen der großen Firmenfusionen entgegenkommt. International harmonisierte Systeme der Pharmakovigilanz mit enger Überwachungspraxis und schnellem Informationsaustausch durch die Behörden ermöglichen schneller regulatorische Entscheidungen zu neu erkannten Arzneimittelrisiken. Nicht alles, was als besonders streng angesehene Arzneimittelbehörden entscheiden, muß höchsten Sicherheitsstandards entsprechen. Offenbar hat die Zurückhaltung der deutschen Behörde uns vor einem (vermeidbaren) Arzneimittelrisiko bewahrt.