Mit der Beantwortung dieser Frage beschäftigt sich eine umfangreiche Studie von Praktischen Ärzten des National Health Service in Großbritannien (1) und ein Editorial von M. R. Sears (2). Ausgangspunkt waren mehrere Publikationen aus Großbritannien und anderen Ländern, die dafür sprachen, daß eine regelmäßige (zwei bis viermal tägliche) Anwendung kurz wirkender Beta2-Sympathikomimetika bei Asthma bronchiale (mit oder ohne zusätzliche inhalative Kortikosteroid-Behandlung) den Verlauf der Erkrankung ungünstig beeinflussen kann. In England und in Neuseeland war es 1960 nach Einführung von inhalierbarem Isoprenalin und von 1977 bis 1989 nach Einführung von inhalierbarem Fenoterol zu einem statistisch signifikantem Anstieg von Todesfällen bei Asthmatikern gekommen. Diese Beobachtungen haben in letzter Zeit zu der Empfehlung geführt, kurz wirkende Beta2-Sympathikomimetika (wie z.B. Salbutamol) nur noch bei Bedarf anzuwenden und – falls eine prophylaktische Dauertherapie erforderlich ist – lang wirkende Beta2-Sympathikomimetika (wie z.B. Salmeterol; s.a. 3) in Verbindung mit inhalierbaren Kortikosteroiden einzusetzen.
Die Studie von Dennis et al. versucht zu klären, ob die regelmäßige Anwendung von kurz wirkendem Salbutamol tatsächlich den Schweregrad des Asthmas im Laufe einer zwölfmonatigen Behandlung ungünstig beeinflußt. In 115 Praxen des Medical Research Council wurden 983 Patienten (älter als 18 Jahre) rekrutiert, die wegen Asthma bronchiale mindestens zweimal pro Woche einen kurz wirkenden Beta2-Agonisten allein oder in Kombination mit inhalierbaren Steroiden anwendeten. 90% dieser Patienten benutzten Kortikosteroid-Inhalatoren; sie wurden aufgefordert, während der Studie weiterhin bei Bedarf kurz wirkende Beta2-Agonisten zu benutzen. Die Patienten wurden randomisiert in eine Verum-Gruppe, die viermal täglich 400 µg Salbutamol mit einem Diskhaler inhalieren sollte und in eine Plazebo-Gruppe, die ebenfalls viermal täglich einen Diskhaler benutzte. Endpunkte der Studie waren die Häufigkeit der Exazerbation des Asthmas, basierend auf von den Patienten zu führenden Protokollen, Zunahme der Kortikosteroid-Dosis oder beides.
Am Ende fand sich kein Unterschied hinsichtlich der genannten Endpunkte zwischen den beiden Gruppen. Der morgendliche Peak Expiratory Flow (PEF) war in beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Der mittlere abendliche PEF und die Variabilität des PEF während des Tages waren signifikant größer und die Verwendung von Salbutamol bei Bedarf signifikant seltener in der Gruppe, die regelmäßig Salbutamol benutzte. Die Dosis inhalierter Kortikosteroide war in beiden Gruppen annähernd gleich.
Insgesamt ergab sich durch die regelmäßige Inhalation von kurz wirkendem Salbutamol weder ein deutlich protektiver Effekt im Hinblick auf Exazerbationen des Asthmas noch eine verschlimmernde Wirkung. Patienten, die regelmäßig kurz wirkendes Salbutamol verwendeten, hatten allerdings häufiger unangenehmen Tremor, ein bekanntes Symptom bei höherer Dosierung von Beta2-Sympathikomimetika. Da der Aufwand bei regelmäßiger Benutzung von Salbutamol-Inhalern größer und der therapeutische Effekt nicht besser ist als bei Verwendung des Inhalers bei Bedarf, kann man sich den Empfehlungen im Editorial von M. R. Sears anschließen: Patienten mit leichterem Asthma sollten kurz wirkende Beta2-Sympathikomimetika nur bei Bedarf inhalieren, unabhängig von der regelmäßigen Inhalation von Kortikosteroiden. Patienten, bei denen eine regelmäßige, prophylaktische Therapie mit Beta2-Sympathikomimetika notwendig wird, sollten lang wirkende Substanzen wie Salmeterol (zweimal pro Tag), immer in Kombination mit Kortikosteroiden inhalieren.
Fazit: Bei leichterem Asthma bronchiale sollten kurz wirkende Beta2-Sympathikomimetika nur bei Bedarf, bei schwererem Asthma lang wirkende regelmäßig zweimal täglich und zwar zusammen mit Kortikosteroiden inhaliert werden. Anmerkung der Redaktion: Besteht bei schwerem Asthma zusätzlicher Bedarf können 1-3 Sprühstöße kurz wirkender Beta2-Sympathikomimetika hilfreich sein
Literatur
1. Dennis, S.M., et al.: Lancet 2000, 355, 1675.
2. Sears, M.R.: Lancet 2000, 355, 1658.
3. AMB 1993, 27, 19.