Im Jahre 1993 wurde die DCCT-Studie (Diabetes Control and Complications Trial) veröffentlicht. Sie zeigte, daß im Durchschnitt 6,5 Jahre mit intensivierter Insulintherapie behandelte Typ-1-Diabetiker im Vergleich mit konventioneller Therapie einen deutlich besseren HbA1C-Wert hatten und Retinopathie und Nephropathie langsamer fortschritten. Die intensivierte Insulintherapie wurde daraufhin als evaluierter Standard und als kosteneffektiv eingestuft. Die US-amerikanischen Kollegen, die diese Studie durchgeführt haben (DCCT-Gruppe), berichten jetzt im N. Engl. J. Med. (2000, 342, 381) über eine Nachbeobachtung der Patientinnen und Patienten der DCCT-Studie. Den Patienten der Gruppe mit intensivierter Insulintherapie wurde empfohlen, diese beizubehalten, was auch in fast allen Fällen geschah. Den Patienten der konventionellen Therapiegruppe wurde eine intensivierte Insulintherapie angeboten. Nach der Schulung wurden alle Patienten an ihre Hausärzte zurücküberwiesen. Vier Jahre später wurde bei den in die Nachuntersuchung eingeschlossenen Patienten der Fundus oculi fotografiert (n = 1208) und der Urin auf Proteinausscheidung untersucht (n = 1302). HbA1C-Werte wurden jährlich, beginnend am Ende der DCCT-Studie bis zum 4. Jahr registriert.
Ergebnisse: Am Ende der DCCT-Studie war HbA1C in der Gruppe mit intensivierter Insulintherapie 7,2%, in der Gruppe mit konventioneller Therapie 9,1% (Unterschied: 1,9%). 75% der Patienten mit zuvor konventioneller Therapie entschlossen sich, zur intensivierten Insulintherapie überzugehen. Bereits nach einem Jahr war deren HbA1C-Wert auf 8% abgefallen, während der Wert in der unverändert mit intensivierter Therapie behandelten Patienten auf etwa 7,5% angestiegen war. Nach 4 Jahren betrug das HbA1C in der stets intensiv behandelten Gruppe 7,9% und in der früher konventionell behandelten Gruppe 8,2%. Trotz dieses nach 4 Jahren relativ geringen Unterschiedes (nur 0,3% Punkte) war der Unterschied zwischen der immer intensiv behandelten Gruppe und der erst seit 4 Jahren intensiviert behandelten Gruppe im Hinblick auf das Fortschreiten von proliferativer Retinopathie, Makulaödem und Häufigkeit von erforderlicher Lasertherapie immer noch deutlich (72% vs. 87%; p < 0,001). Der Anteil der Patienten mit zunehmender Albuminausscheidung im Urin war ebenfalls signifikant geringer in der immer intensiviert mit Insulin behandelten Gruppe. Obwohl also in den letzten 4 Jahren der Unterschied der HbA1C-Werte (als Spiegel der glykämischen Kontrolle) zwischen den beiden Gruppen nur sehr gering war, schritten mikrovaskuläre Komplikationen bei den seit nunmehr über 10 Jahren intensiviert behandelten Diabetikern langsamer fort als bei den während der ersten 6,5 Jahre konventionell behandelten Patienten.
Fazit: Die Ergebnisse sprechen dafür, daß beim Typ1-Diabetes mellitus eine möglichst früh begonnene intensivierte Insulintherapie (die heute in westlichen Ländern weitgehend Standard ist) sich nicht nur im Hinblick auf die glykämische Kontrolle, sondern auch hinsichtlich des Vermeidens mikrovaskulärer Komplikationen lohnt.