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Sofort nach radikaler Prostatektomie begonnene ablative Hormontherapie bei Prostatakarzinom und regionären Lymphknotenmetastasen

Der optimale Zeitpunkt für den Beginn einer ablativen Hormontherapie bei Patienten mit Prostatakarzinom und auschließlich regionären Lymphknotenmetastasen ist unklar. Eine 1997 publizierte Studie des „Medical Research Council“ bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem asymptomatischem Prostatakarzinom ergab signifikante Vorteile (Gesamtüberleben, tumorspezifisches Überleben) für den sofortigen Beginn einer hormonellen Behandlung (Orchiektomie oder LH-RH-Analogon) im Vergleich zu einem abwartenden Verhalten („Watchful waiting“ und Beginn der Hormotherapie bei Progreß der Erkrankung; 1). Ebenso profitierten in einer Studie der „European Organization for Research and Treatment of Cancer“ (EORTC) Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom von einer zeitgleich mit perkutaner Bestrahlung begonnenen adjuvanten Hormontherapie mit Goserelin (Zoladex) im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie (2; vgl. AMB 1997, 31, 77).

Eine randomisierte, prospektive Studie der „Eastern Cooperative Oncology Group“ (ECOG) untersuchte den klinischen Stellenwert einer frühzeitig begonnenen ablativen Hormontherapie bei Patienten mit auf die Prostata begrenztem Karzinom und mikroskopischem Nachweis von regionären Lymphknotenmetastasen (minimale Resterkrankung) nach radikaler Prostatektomie und bilateraler Lymphadenektonie im kleinen Becken (3). Insgesamt 98 Patienten wurden unabhängig von der Serumkonzentration des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) nach radikaler Prostatektomie (Stadium T1: n = 7, T2: n = 91) und mikroskopischem Nachweis nodaler Metastasen randomisiert und erhielten entweder eine ablative Hormontherapie (Goserelin 3,6 mg s.c. alle 28 Tage oder bilaterale Orchiektomie) oder wurden engmaschig kontrolliert und erst bei Progreß der Erkrankung hormonell behandelt. Die ursprünglich avisierte Zahl von randomisierten Patienten (n = 220) wurde nicht erreicht, da während der Laufzeit dieser Studie die Bedeutung des PSA, insbesondere für die frühzeitige Erkennung eines Prostatakarzinoms, deutlich wurde und die Therapiestrategie zunehmend beeinflußte. Nach einer medianen Beobachtungsdauer von 7,1 Jahren waren die Therapieergebnisse (Gesamtüberleben, Prostata-spezifisches Überleben, Rezidivrate) für Patienten, die sofort und nicht erst bei Progreß der Erkrankung hormonell behandelt wurden, signifikant besser (s. Tab. 1). Die in dieser Studie ausgewerteten Parameter wie z.B. Serumkonzentrationen des PSA oder der sauren Phosphatase vor radikaler Prostatektomie, histopathologisches Grading, lokale Ausdehnung des Tumors, Zahl der befallenen Lymphknoten oder Art der ablativen Hormontherapie hatten keinen Einfluß auf das Überleben.

Die Ergebnisse dieser randomisierten Studie und deren Bedeutung für das klinische Vorgehen werden in einem Editorial des N. Engl. J. Med. kritisch diskutiert (4). Aufgrund des verbesserten Prostatakarzinoms-Screenings haben heute weniger als 5% der Patienten, bei denen im lokalisierten Stadium eine radikale Prostatektomie mit kurativer Intention durchgeführt wurde, einen Befall regionaler Lymphknoten, so daß eine Überprüfung der o.g. Therapieergebnisse in einer größeren Studie nicht möglich sein wird. Die wichtige Frage, ob adjuvante hormonelle oder nicht-hormonelle Therapiemaßnahmen bei Patienten mit Prostatakarzinom im lokalisierten Stadium nach radikaler Prostatektomie die Prognose verbessern, wird nur durch weitere randomisierte Studien zu beantworten sein. Kürzlich beschriebene prognostische Faktoren (z.B. Verlauf der PSA-Serumkonzentration, Differenzierungsgrad des Prostatakarzinoms) sind für die Planung derartiger Studien von Bedeutung (5).

Fazit: Die optimale adjuvante Behandlung des Prostatakarzinoms ist weiterhin unklar. Eine sofort nach radikaler Prostatektomie begonnene ablative Hormontherapie verbesserte in einer Studie der „Eastern Cooperative Oncology Group“ die Prognose von Patienten mit Prostatakarzinom und mikroskopischen Nachweis regionärer Lymphknotenmetastasen.

Literatur

1. Medical Research Council Prostate Cancer Working Party Investigators Group: Br. J. Urology 1997, 79, 235.
2. Bolla, M., et al.: N. Engl. J. Med. 1997, 337, 295.
3. Messing, E.M., et al.: N. Engl. J. Med. 1999, 341, 1781.
4. Eisenberger, M.A., und Walsh, P.C.: N. Engl. J. Med. 1999, 341, 1837.
5. Pound, C.R., et al.: JAMA 1999, 281, 1591.

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