Die inhalative Glukokortikoid-Therapie ist auch bei Kindern mit schwerem Asthma ein wichtiges Therapieprinzip. Fluticason gilt im Vergleich mit anderen Medikamenten, z.B. Beclometason und Budesonid, als relativ nebenwirkungsarm, da es (nach versehentlichem Verschlucken) beim „first pass“ durch die Leber rasch inaktiviert wird. Jedoch können durch die Lunge beträchtliche Steroidmengen resorbiert werden. In der Regel sollten Kinder nicht mehr als 200 µg Fluticason/d inhalieren.
A.J. Drake et al. aus Bristol and Plymouth (UK) berichten im Brit. Med. J. (2002, 324, 1081) über insgesamt vier Kinder im Alter von in 3 Fällen 8 und in einem Fall 4 Jahren, die wegen Asthma über längere Zeit zwischen 500 und 1500 µg Fluticason/d inhaliert hatten, und die wegen akuter Bewußtlosigkeit oder wiederholten epileptischen Anfällen stationär behandelt werden mußten. In allen Fällen stellte sich heraus, daß die bedrohlichen Symptome durch Hypoglykämien (zwischen 0,6 und 1,7 mmol/l; normaler Blutzucker: 2,8-6,5 mmol/l) verursacht waren. Alle Kinder hatten erniedrigtes basales Serum-Kortisol und einen völlig unzureichenden Kortisol-Anstieg im ACTH (Synacthen)-Kurztest. Die vier Kinder erholten sich nach Gabe von Glukose und Hydrokortison, und nach Reduzierung der Fluticason-Dosis auf 200 µg/d oder weniger traten hypoglykämische Reaktionen oder epileptische Krämpfe (als Hauptsymptom der Hypoglykämie in diesem Fall) nicht mehr auf.
Die Autoren warnen vor einer hochdosierten inhalativen Kortikoidtherapie, die bei drei der vier Kinder mit Hypoglykämien auch schon zu leichten Wachstumsverzögerungen geführt hatte. Keines der Kinder wies jedoch „cushingoide“ Züge auf. Wenn das Asthma mit 200 µg Fluticason/d nicht beherrschbar sei, sollte eher eine Kombinationstherapie mit anderen Pharmaka (z.B. Beta-2-Agonisten, Leukotrienrezeptor-Antagonisten) angestrebt als eine Dosiserhöhung des Kortikosteroids versucht werden. Nach Reduktion der Fluticason-Dosis verschwindet die Nebenniereninsuffizienz jedoch nicht sofort. Die Kinder müssen für einige Zeit mit oral verabreichtem Hydrokortison in niedriger Dosierung behandelt werden, bis sich die Nebennierenfunktion (hier belegt durch Normalisierung des Synacthen-Tests) erholt hat. Andernfalls können erneut Hypoglykämien eintreten, oder die Kinder können in Streßsituationen eine schwere Nebennieren-Krise erleiden.
Fazit: Eine hoch dosierte inhalative Glukokortikoid-Therapie kann, ähnlich wie eine supraphysiologisch dosierte orale Therapie, zur sekundären Nebennieren-Insuffizienz führen. Bei Kindern wird diese wahrscheinlich überwiegend durch Hypoglykämien manifest. Durch Einhalten der Dosierungsrichtlinien können diese schweren Komplikationen vermieden werden.