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Rituximab zur Therapie der idiopathischen membranösen Glomerulopathie?

Die membranöse Glomerulopathie (MGP) ist eine ätiologisch ungeklärte Erkrankung, die nicht selten zur dialysepflichtigen Niereninsuffizienz führt. Der zeitliche Verlauf und die Symptome sind individuell recht unterschiedlich; die meisten Patienten haben ein nephrotisches Syndrom, das konstant besteht oder in Schüben mit Remissionen verläuft. Die MGP ist die häufigste Ursache des nephrotischen Syndroms im Erwachsenenalter. Die MGP gibt es in Assoziation mit anderen Erkrankungen (sekundäre Form, z.B. bei Karzinomen, Hepatitis B oder C, nach Arzneimitteln oder Chemikalien) oder idiopathisch.

Histologisch ist die MGP gekennzeichnet durch Vorwölbungen der glomerulären Basalmembran (Spikes) und teilweise massiven granulären subepithelialen Immunkomplex-Ablagerungen, die überwiegend IgG enthalten. An der Bildung dieser Immunkomplexe mit nicht genau bekannten glomerulären, aber auch nicht-renalen Antigenen sind nach heutiger Sicht B-Lymphozyten beteiligt. Auf diesen pathogenetischen Vorstellungen fußen auch die bisherigen – notgedrungen nicht spezifischen – Therapieversuche mit zytostatischen bzw. immunsuppressiven Substanzen, z.B. Chlorambucil plus Kortikosteroide (sog. Ponticelli-Schema; 1, 2), Ciclosporin (3, 4) oder Cyclophosphamid plus Kortikosteroide (5-7). Leider sind diese Therapieversuche bei einem großen Teil der Patienten unbefriedigend, sowohl hinsichtlich der Besserung des nephrotischen Syndroms als auch auch hinsichtlich des Funktionsverlustes der Nieren. Zudem ist diese Therapie mit teils schweren UAW (Infektionen, Leukopenie) verbunden, die zum Absetzen zwingen. Neuartige Therapieansätze hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben. Deshalb ist eine unter der Rubrik ”Research Letters” im Lancet erschiene Arbeit der Arbeitsgruppe um G. Remuzzi interessant (8). Sie hat sich mit der Wirkung des gegen das CD20-Antigen von B-Lymphozyten gerichteten monoklonalen Antikörpers Rituximab (Mabthera; s.a. 9) bei acht Patienten mit idiopathischer MGP und nephrotischem Syndrom befaßt, die nicht niereninsuffizient waren (Kreatinin-Clearance um 124 ml/Min./1,73 m2). Rituximab wurde in einer Dosis von 375 mg/m2 alle 4 Wochen insgesamt 20 Wochen lang als Infusion gegeben. Für diese Indikation ist Rituximab bei uns nicht zugelassen.

Ergebnisse: Mit Ausnahme eines Patienten besserte sich nach 4 bzw. 20 Wochen die große Proteinurie signifikant von im Mittel anfangs 8,6 ± 1,4 auf 3,8 ± 0,8 bzw. 3,7 ± 0,9 g/d. Zwei Patienten erreichten eine komplette Remission ihres nephrotischen Syndroms. Albuminurie und fraktionelle Albumin-Clearance fielen um 70% bzw. 65% und das Serumalbumin stieg um 31%. Das Serum-Kreatinin und die Kreatinin-Clearance blieben unverändert. Das Körpergewicht nahm um 5 kg ab. Der Anteil der CD20-Lymphozyten an den Lymphozyten insgesamt fiel schon nach der ersten Infusion von Rituximab stark ab (von 9,3% auf 0%) und blieb auch bis zum Studienende unterhalb normaler Werte (3,7%). In der Zahl der Lymphozyten, Granulozyten, Thrombozyten und in der Konzentration der Immunglobuline fanden sich keine Veränderungen.

Als UAW traten bei einem Patienten Schüttelfrost sowie bei zwei Patienten Exanthem und Laryngospasmus nach der ersten Infusion auf mit rascher Besserung nach 125 mg Methylprednisolon i.v.. Die Autoren meinen, daß die (Kurzzeit-)Verträglichkeit von Rituximab besser ist als die der bisherigen Behandlungsregime.

Fazit: Diese erste kleine Studie scheint zu bestätigen, daß B-Lymphozyten mit CD20-Antigen pathogenetisch an der idiopathischen MGP beteiligt sind und daß es in Zukunft möglicherweise etwas spezifischere Möglichkeiten gibt, therapeutisch einzugreifen. Die Ergebnisse müssen in größeren Studien überprüft werden, denn viele Fragen sind noch offen, so z.B., wie lange der Effekt von Rituximab anhält, ob auch Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz und schweren histologischen Veränderungen profitieren und ob schließlich die Langzeitverträglichkeit von Rituximab im Vergleich zur bisherigen zytostatisch-immunsuppressiven Therapie bei idiopathischer MGP wirklich besser ist.

Literatur

  1. Ponticelli, C., et al.: N. Engl. J. Med. 1992, 327, 599.
  2. Ponticelli, C., und Passerini, P.: Kidney Int. 1994, 46, 595.
  3. Rostoker, G., et al.: Nephron 1993, 63, 335.
  4. Cattran, D.C., et al.: Kidney Int. 1995, 47, 1130.
  5. Reichert, L.J., et al.: Ann. Intern. Med. 1994, 121, 328.
  6. Branten, A.J.W., et al.: Clin. Nephrol. 2001, 56, 1.
  7. Ponticelli, C., et al.: J. Am. Soc. Nephrol. 1998, 9, 444.
  8. Remuzzi, G., et al.: Lancet 2002, 360, 923.
  9. AMB 2000, 34, 61b und 2002, 36, 33.