Frage von Dr. G.K. aus L.: >> In der Ausgabe Juli 2002 des ARZNEIMITTELBRIEF (Seite 51) wird berichtet, daß ein Zusammenhang zwischen einer medikamentös induzierten Pankreatitis und der Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR) wahrscheinlich ist. Gibt es hierzu klinische Studien? Müssen Patienten vor einer MMR-Impfung darüber aufgeklärt werden? <<
Antwort: >> In der zitierten Arbeit wurden die der dänischen Arzneimittelkommission von 1968 bis 1999 gemeldeten 47 Fälle von Pankreatitis analysiert, die im Zusammenhang mit Medikamentengaben aufgetreten waren (1).
Das Auftreten einer Pankreatitis nach einer MMR-Impfung ist ein sehr seltenes Ereignis. Sie wird weder in dem von der American Academy of Pediatrics herausgegebenen ”Red Book 2000″ (2) noch in dem vom Center of Disease Control herausgegebenen ”Pink-Book” (3) erwähnt. Auch in einer prospektiven Studie in Finnland, die von 1982 bis 1996 bei 1,8 Millionen Impflingen durchgeführt wurde, wird keine Pankreatitis aufgeführt. Lediglich bei fünf Impflingen wird ohne weitere Angaben über Übelkeit und Erbrechen berichtet (4).
In der Fachinformation zu MMR-Impfstoffen heißt es: „In Einzelfällen wurde in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung das Auftreten einer Pankreatitis beobachtet“. Hierbei handelt es sich in der Regel um Spontanmeldungen, die beim Hersteller nach Einführen des Impfstoffes eingegangen sind. Dabei ist aber noch nichts über einen kausalen Zusammenhang gesagt. Auch ein Zusammenhang zwischen MMR-Impfung und Typ-I-Diabetes konnte nicht aufgezeigt werden (5).
Eine Aufklärung über alle in einer Fachinformation erwähnten Nebenwirkungen ist nicht erforderlich. Nach einer höchstrichterlichen Entscheidung muß nur über alle spezifischen Risiken einer Impfung informiert werden, unabhängig davon, ob sie häufig oder selten auftreten (6, 7). Dabei muß der Patient nur im Großen und Ganzen über Chancen und Risiken der Behandlung aufgeklärt werden. In den vom Deutschen Grünen Kreuz herausgegebenen Merkblättern zur Aufklärung über MMR-Impfungen heißt es lediglich: „Sehr selten kann auch eine mumpsähnliche Erkrankung auftreten“. Hier ist vor allem an die vorübergehende Parotisschwellung gedacht. <<
Literatur
- Andersen, V., et al.: Eur. J. Clin. Pharmacol. 2001, 57, 517.
- American Academy of Pediatrics. Mumps. In: Pickering, L.K. (Hrsg.): 2000 Red Book. Report of the Committee on Infectious Diseases. 25. Ausg. Elk Grove Village, IL, 2000. S. 407.
- Epidemiology and Prevention of Vaccine-Preventable Diseases. Mumps. Pink Book. 7. Ausg. Centers of Disease Control 2002. Washington. www.cdc.gov/nip/publications/pink
- Patja, A., et al.: Pediatr. Inf. Dis. J. 2000, 19, 1127.
- Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten. Mumpsschutzimpfung und Diabetes Typ I. Bundesgesundhbl. 1986, 29, 431.
- BGH: Urteil vom 15.02.2000. VI ZR 48/99. BGH. NJW 2000: 1784.
- Nassauer, A., et al.: Bundesgesundhbl. 2000, 43, 519.