Artikel herunterladen

Leserbrief: Plasmapherese und andere Methoden zur Behandlung der Maculadegeneration?

Frage von Dr. H.S. aus Bad Dürkheim: >> Von einer Augenärztin wird Plasmapheresetherapie zur Behandlung einer Maculadegeneration der Netzhaut empfohlen. Gibt es Hinweise auf die Wirksamkeit dieser Methode? Gibt es andere wirksame Behandlungen? <<

Antwort: >> Die senile Maculadegeneration ist in den Industrieländern die häufigste Ursache von Sehstörungen im Alter. Charakteristisch sind Drusen, vom Pigmentepithel ausgehende Hyalingebilde, eventuell mit Kalkeinlagerungen, die beerenartig an der Sehnervenpapille wachsen. Bei ihrer Entstehung sollen große Eiweißmoleküle eine Rolle spielen, die mit zunehmendem Alter vermehrt vorkommen und in der Netzhaut abgelagert werden. Durch Plasmapherese sollen diese Moleküle entfernt werden.

Von den vielen Erkrankungen, bei denen die Plasmapherese unter- bzw. versucht worden ist, sind nur wenige Indikationen übriggeblieben. Zur Maculadegeneration gibt es bisher keine überzeugenden Berichte. Widder, R.A., et al. (1) berichteten 2002 über 20 Patienten, die sechsmal im Jahr drei Jahre lang behandelt wurden. Bei 15 der 20 Patienten besserte sich die Sehkraft; eine Vergleichsgruppe gab es allerdings nicht. Es gibt auch einen Zwischenbericht einer großen Studie, für die nach den Auflagen einer Zulassungsbehörde insgesamt 150 Patienten vorgesehen sind (2). Der Verlauf von 43 Patienten wurde ein Jahr lang beobachtet. Sie wurden achtmal in zehn Wochen mit Plasmapherese oder einer Scheinapherese (!) behandelt. Die Behandelten hatten einen signifikant günstigeren Verlauf der Maculadegeneration. Die Studie ist offenbar bis heute nicht abgeschlossen. Zwischenergebnisse einer aus gutem Grund mit viel höherer Patientenzahl geplanten Studie können noch keine Evidenz schaffen. Mittlerweile ist es still geworden um die Methode. Anläßlich der Jahrestagung 2003 der deutschen ophthalmologischen Gesellschaft wurde kein einziger Vortrag zu diesem Thema gehalten.

Es gibt mehrere multizentrische, randomisierte und verblindete Studien, die belegen, daß sich z.B. durch Laserkoagulation Drusen zurückbilden können. Leider zeigen diese Studien aber auch, daß dies keinen Einfluß auf den klinischen Verlauf der Maculadegeneration hat. Ein Visusverlust durch Atrophie oder Umwandlung in die feuchte, exsudative Form kann trotzdem auftreten (3, 4).

Mehrere Untersuchungen haben sich auch mit der Wirksamkeit von antioxidativen Vitaminen und Zink beschäftigt. Dazu gibt es eine neuere Übersicht (5). Die größte der darin erwähnten Arbeiten (6) schloß zwischen 1992 und 1998 insgesamt 3640 Patienten ein. Die Patienten wurden gruppiert nach Schweregraden randomisiert und verblindet behandelt, entweder mit einer Kombination von Antioxidantien Vitamin C 113 mg/d plus Vitamin E 68 mg/d plus Vitamin A = Betacaroten 4,9 g oder Zinkoxid 18,4 mg oder einer Kombination von Zink und Antioxidantien oder mit Plazebo. Am Ende von fünf Jahren zeigte sich, daß im Plazebo-Arm eine Verschlechterung der Erkrankung bei 27,8% eingetreten war, bei den mit Antioxidantien Behandelten bei 22,6%, in der Zinkgruppe bei 21,6% und in der Kombinationsgruppe bei 20,2%. Der günstige Effekt war auf die Patienten beschränkt, bei denen die Erkrankung schon bei Einschluß am weitesten fortgeschritten war.

Der Aussagewert der Studie wird wesentlich dadurch eingeschränkt, daß der positive Effekt auf eine Untergruppe beschränkt war. Die Ergebnisse müssen in einer Studie bestätigt werden, in die nur Patienten mit fortgeschrittener Maculadegeneration eingeschlossen sind. In dieser Studie wird sicher Betacaroten als Kombinationspartner nicht eingesetzt werden, weil es nach anderen Untersuchungen in so hoher Dosierung karzinogen wirkt (6).

Von sechs weiteren Untersuchungen mit Antioxidantien und/oder Zink (zitiert nach 5) zeigen vier eine negative Wirkung, zwei eine positive. Die Ergebnisse sind z.T. schon deswegen nicht zu verwerten, weil die Patientenzahlen nicht ausreichend waren, um den geringen zu erwartenden Effekt nachzuweisen. Insgesamt also muß man gespannt auf eine Studie warten, die nur Patienten mit fortgeschrittener Maculadegeneration einbezieht. Allerdings gibt es bisher nicht einmal begründete Vermutungen, daß zur Prophylaxe oder bei beginnender Maculadegeneration eine spezielle Strategie wirksam sein könnte. <<

Literatur

  1. Widder, R.A., et al.: Ophthalmologe 2002, Suppl. 1, 26 (Vortrag).
  2. Klingel, R., et al.: Ophthalmologe 2002, Suppl. 1, 25 (Vortrag).
  3. Chorioidal Neovascularization Prevention Trial: Ophthalmology 1998, 105, 11.
  4. Folk, J., und Russell, S.R.: Ophthalmology 1999, 106, 1241.
  5. Bartlett, H., und Eperjesi, F.: Ophthalmic Physiol. Opt. 2003, 23, 383.
  6. AREDS 8 = Age Related Eye Disease Study 8: Arch. Ophthalmol. 2001, 119, 1417.