Die erektile Dysfunktion (ED) wird oft in ursächlichen Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten gebracht und schränkt maßgeblich die medikamentöse Compliance bei Männern ein. Insbesondere von Betablockern wird allgemein angenommen, daß sie häufig eine ED verursachen. Auch in der in der Fachinformation für Betablocker wird auf diese unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) hingewiesen; allerdings wurde die Prävalenz und die langfristige Entwicklung der ED unter Betablocker-Medikation bislang nicht ausreichend untersucht. Zum anderen kann eine ED auch durch kardiovaskuläre Erkrankungen entstehen.
Mit Hilfe eines eleganten Studiendesigns ging die italienische Arbeitsgruppe um A. Silvestri (Eur. Heart J. 2003, 24, 1928) der Frage nach, ob die ED bei Betablocker-Medikation auch von der Information der Patienten abhängt und sich möglicherweise durch Sildenafil (Viagra®) behandeln läßt. In die Studie wurden 96 männliche Patienten eingeschlossen (Durchschnittsalter 52 Jahre) ohne vorbestehende ED mit Erstdiagnose einer kardiovaskulären Erkrankung (40% hatten Bluthochdruck, 60% KHK). In der ersten Studienphase erhielten alle Patienten einmal täglich p.o. 50 mg Atenolol. Hierzu wurden die Patienten in 3 Gruppen aufgeteilt: Gruppe A (n = 32) erhielt das Medikament in verblindeter Form, Gruppe B (n = 32) wurde über die Art des Arzneimittels informiert, aber nicht über die mögliche UAW ED, Gruppe C (n = 32) wurde mit dem Hinweis „kann gelegentlich eine Erektionsstörung auslösen” informiert. Nach 90 Tagen wurden mit validierten Erhebungsbögen die Kriterien einer ED abgefragt. Die Inzidenz einer ED betrug in Gruppe A 3,1% (n = 1), in Gruppe B 15,6% (n = 5), in Gruppe C 31,2% (n = 10; p < 0,01).
In der zweiten Studienphase erhielten nun die 16 Patienten, die eine ED entwickelt hatten, Sildenafil oder Plazebo als Bedarfsmedikation in einem Cross-over-Design in jeweils einer Studienwoche. Diese Studienmedikation war in beiden Gruppen mit Ausnahme eines Patienten gleichermaßen wirksam. Die Autoren folgern, daß die durch Betablocker induzierte ED nicht durch eine spezifische Medikamentenwirkung, sondern überwiegend durch psychische Effekte verursacht ist.
Fazit: Das Auftreten einer erektilen Dysfunktion unter Betablocker-Therapie ist maßgeblich von psychischen Faktoren abhängig. Bei geringen Erwartungsängsten vor dieser UAW tritt sie vermutlich selten auf. Ärzte sollten ihre Patienten hierüber informieren, um solche UAW zu vermindern. Die Ergebnisse der Studie sollten an größeren Gruppen mit unterschiedlichen Betablocker-Dosierungen überprüft werden.