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Wann kann man bei Prolaktinom-Patienten die dopaminerge Therapie mit Cabergolin (probeweise) beenden?

Eine Hyperprolaktinämie (HyPRL) führt bei jüngeren Frauen meist zu Galaktorrhö und Oligo-/Amenorrhö, da erhöhtes Prolaktin (PRL) eine verminderte oder dysrhythmische Sekretion der Gonadotropine bewirkt. Bei Männern führen die verminderten Gonadotropine zum sekundären Hypogonadismus (s.a. 1). Ursachen einer HyPRL können Prolaktinome (PRLom) sein, die PRL hypersezernieren. Sind sie im Durchmeser < 10 mm, spricht man von Mikro-PRLom, sind sie größer, von Makro-PRLom. Nicht jeder Hypophysentumor, der zur HyPRL führt ist allerdings ein PRLom. Endokrin inaktive Tumore können z.B. durch Druck auf den Hypophysenstiel den Zufluß von Dopamin aus dem Hypothalamus drosseln und zur ”Enthemmungs-HyPRL” führen. Auch eine primäre Hypothyreose und die Einnahme von Dopamin-Antagonisten (z.B. Metoclopramid) können zur Hyperprolaktinämie führen. In manchen Fällen bleibt die Ursache einer HyPRL aber auch ungeklärt.

Seit bekannt ist, daß dopaminerge Medikamente, besonders Bromocriptin und Cabergolin (Cabaseril®, Dostinex®; s.a. 1, 2) eine HyPRL beseitigen und PRLome (auch sehr große) in wenigen Monaten drastisch verkleinern können, ist es ein Kunstfehler, einen Hypophysentumor zu operieren, ohne vorher ein PRLom ausgeschlossen zu haben. PRLom können nämlich in über 90% der Fälle primär, und meist auch ausschließlich, mit dopaminergen Medikamenten behandelt werden. Schon nach wenigen Wochen ist bei Wahl der richtigen Dosis die PRL-Konzentration im Blut normalisiert, und der Tumor wird kleiner. Ist das Gesichtsfeld wegen eines großen PRLom eingeschränkt, bessert sich dieser Zustand oft schon wenige Tage nach Beginn der dopaminergen Therapie. Bisher war es unklar, wie lange man mit Bromocriptin oder Cabergolin behandeln muß, und ob mit diesen Medikamenten eine definitive Heilung zu erzielen ist.

Colao, A., et al., Endokrinologen und Neurochirurgen aus Neapel, berichteten kürzlich im N. Engl. J. Med. (3) über 200 Patienten mit HyPRL (25 ohne Tumor, 105 mit Mikro-PRLom, 70 mit Makro-PRLom), die 24-75 Monate lang mit Cabergolin behandelt worden waren. Bei dauerhaft normalisierten PRL-Konzentrationen im Blut und bei PRLom-Patienten nach Verschwinden oder Verkleinerung des Tumors um > 50% wurde das dopaminerge Medikament abgesetzt. Sie wurden dann mindestens 24 Monate lang nachbeobachtet. Eine HyPRL trat bei Patienten ohne früheren Tumor nur bei 24% wieder auf, bei solchen mit Mikro-PRLom in 31% und bei Makro-PRLom in 36%. Durch MRT-Kontrollen der Hypophysenregion konnte angeblich im gleichen Zeitraum bei keinem der Patienten ein erneutes Tumorwachstum festgestellt werden. Bei Patienten/innen mit einem Rezidiv der HyPRL traten die klinischen Symptome in den meisten Fällen wieder auf, so daß erneut mit Cabergolin behandelt wurde.

Die Ergebnisse dieser relativ langfristigen Beobachtungsstudie sind berichtenswert, weil sie zeigen, daß nach mindestens zweijähriger erfolgreicher Therapie einer HyPRL, auch beim Makro-PRLom, durchaus eine Beendigung der Therapie ohne erhebliches Risiko eines Rezidivs versucht werden kann. Das Serum-PRL und das Hypophysen-MRT müssen allerdings kontrolliert werden, zunächst alle 3 oder 6 Monate. Bei einem Rezidiv muß die Therapie wieder aufgenommen werden. Beobachtungsstudien nach Absetzen von Bromocriptin nach vorheriger Langzeittherapie ergaben mit einer Rezidivfreiheit in nur 10-40% offenbar schlechtere Ergebnisse. Beide Medikamente müssen einschleichend dosiert werden, da dann UAW (Übelkeit, Schwindel durch Hypotension) seltener auftreten oder besser toleriert werden. Am meisten Erfahrung besteht mit Bromocriptin, das aber meist zweimal am Tag in Tagesdosen von 2,5 bis ca. 15 mg gegeben wird. Cabergolin wird nur einmal oder zweimal pro Woche in Wochendosen von 0,5-5 mg gegeben, mit etwas geringeren UAW als bei Bromocriptin. In der vorliegenden Studie betrug die Wochendosis von Cabergolin nur 0,25-2 mg (bei PRLom-Patienten im Mittel 1 mg/Woche).

Fazit: Die Therapie der HyPRL mit dopaminergen Medikamenten, besonders mit Cabergolin, ist eine der eindrucksvollsten Erfolgsgeschichten in der Endokrinologie. Patienten mit Makro-PRLom wurden früher durch die Operation nur selten geheilt. Heute ist es keine Seltenheit, daß PRLome von 4-5 cm Durchmesser, die früher meist nur mit schweren neurologischen und endokrinologischen Defiziten teilreseziert werden konnten, mit Bromocriptin oder Cabergolin fast zum Verschwinden gebracht werden. Die vorliegende Studie zeigt, daß nach Beendigung einer mindestens zweijährigen Therapie in vielen Fällen die HyPRL nicht wieder auftritt. Bei Patienten mit Makro-PRLom sind allerdings noch für einige Zeit MRT-Kontrollen zum Ausschluß eines Rezidivs erforderlich.

Literatur

  1. AMB 1998, 32, 22.
  2. AMB 1998, 32, 40.
  3. Colao, A., et al.: N. Engl. J. Med. 2003, 349, 2023.