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Sequenzielle Behandlung der Osteoporose mit Parathormon und Alendronat

Wir haben erste klinische Ergebnisse zur Wirksamkeit von täglich sc. injiziertem Parathormon (PTH) bei postmenopausaler Osteoporose referiert (1, 2). Vom PTH erhofft man sich eine günstige Wirkung bei Osteoporose, da es – in pulsatiler Form zugeführt – in den ersten Wochen die Osteoblasten, d.h. die Knochenneubildung, stimuliert. Allerdings wird in einer späteren Phase durch PTH überwiegend die Knochenresorption gesteigert, wodurch lokale Umbau- bzw. Erneuerungsprozesse in so genannten bone remodeling units in Gang gesetzt werden. Danach dauert es ungefähr drei Monate bis die anfänglich entstandenen Resorptionshöhlen durch Osteoblasten physiologischerweise – leider aber nicht bei fortschreitender Osteoporose – wieder mit gleicher Menge neuer Knochenmatrix (Osteoid) aufgefüllt sind. Kontinuierlich deutlich erhöhtes PTH steigert dagegen überwiegend die Knochenresorption und führt zu einer fibrösen Umwandlung des Knochenmarks (Ostitis fibrosa cystica), wie vom primären und sekundären Hyperparathyreoidismus bekannt.

Black et al. hatten vor zwei Jahren in ihrer doppeltblinden randomisierten PaTH-Studie (1) gezeigt, dass die tägliche Injektion von PTH (1-84; 100 µg/d s.c.) nach 12 Monaten zu einem Zuwachs der Knochendichte (Dual-Röntgen-Absorptiometrie bzw. quantitative Computertomographie) von 6,3% in der Lendenwirbelsäule postmenopausaler Frauen mit Osteoporose führt (1; s.a. Abb. 1). Eine Kombinationsbehandlung mit Alendronat wirkte nicht additiv, sondern schwächte den Effekt von PTH sogar ab (s.a. 2). Da die Therapie der Osteoporose mit PTH (wegen unklarer Langzeiteffekte) zurzeit auf maximal zwei Jahre beschränkt ist, ist es wichtig zu wissen, was nach dem Absetzen von PTH passiert, d.h. ob die nach einem Jahr beobachtete Zunahme der Knochendichte wieder abnimmt und ob „Antiresorptiva”, wie z.B. Bisphosphonate, diesen Zuwachs erhalten können.

Die Fortsetzung der PaTH-Studie, die dieser Frage nachging, wurde jetzt publiziert (3). PTH wurde nach 12 Monaten abgesetzt und die ursprünglichen Studiengruppen in folgende Gruppen neu randomisiert:

· Gruppe 1: 12 Monate PTH, danach 12 Monate Plazebo (n = 60)

· Gruppe 2: 12 Monate PTH, danach 12 Monate Alendronat (n = 59)

· Gruppe 3: 12 Monate PTH plus Alendronat, danach 12 Monate Alendronat (n = 59)

· Gruppe 4: Alendronat, danach weiter 12 Monate Alendronat (n = 60)

Ein wichtiger Teil der Ergebnisse zur Knochendichte ist in Abb. 1 wiedergegeben. Es zeigt sich am Beispiel des überwiegend spongiösen Knochens der Lendenwirbelsäule, dass der Zuwachs an Mineraldichte (Dual-Röntgen-Absorptiometrie), wie er durch einjährige Behandlung mit PTH erreicht wurde, durch eine Weiterbehandlung mit Alendronat noch steigt. Dagegen geht unter Plazebo die Knochendichte wieder zurück. Unter Weiterführung der Osteoporosetherapie mit Alendronat (10 mg/d) nimmt die Knochendichte auch im zweiten Jahr weiter leicht zu. Ähnlich sind die Ergebnisse gemessen mit der quantitativen Computertomographie. Allerdings nahm die Mineraldichte des kortikalen Knochens an der Hüfte innerhalb der zwei Jahre in allen Gruppen ab. Änderungen am kortikalen bzw. spongiösen Knochen müssen also unter dieser Behandlung separat beurteilt werden.

In einer anderen Studie (4) wurde die Wirkung von täglich kontinuierlich (n = 43) oder täglich zyklisch (drei Monate lang, dann drei Monate Pause; n = 40) injiziertem synthetischem humanem PTH (1-34) bei 126 postmenopausalen Frauen mit Osteoporose 15 Monate lang verfolgt. Die Patientinnen standen bereits unter einer Therapie mit Alendronat (70 mg/Woche), die in den beiden PTH-Gruppen und in einer dritten Gruppe ohne PTH (n = 43) weitergeführt wurde. Die Parameter des Knochenanbaus (N-terminales Propeptid des Typ-I-Kollagens, Osteocalcin und knochenspezifische alkalische Phosphatase) stiegen in beiden PTH-Gruppen an. Aber auch ein Parameter des Knochenabbaus (N-Telopeptid im Urin) stieg unter PTH an, allerdings geringer bei der zyklischen Gabe. Unter Alendronat allein änderten sich die Werte nicht wesentlich. Die Knochenmineraldichte in den Lendenwirbelkörpern nahm unter 1-34 PTH unter beiden Behandlungsregimen gleich stark zu und blieb in der weitergeführten Alendronat-Gruppe gleich. Neue vertebrale Frakturen waren selten: eine in der Gruppe mit PTH täglich, zwei in der Gruppe mit PTH zyklisch und vier in der Alendronat-Gruppe (p = 0,02 unter den Gruppen). Allerdings waren die Gruppen für eine klinische Aussage sehr klein. Die Autoren glauben, dass ein zyklisches Behandlungsregime mit PTH theoretische und praktische Vorteile gegenüber einem kontinuierlichen hat, weil die Frühphase der PTH-Wirkung mit Aktivierung des Knochenanbaus klinisch besonders wichtig erscheint und die spätere Phase mit Knochenresorption durch das freie Behandlungsintervall geringer ausfallen könnte. Zudem ist eine injektionsfreie Phase für die Patientinnen und außerdem aus Kostengründen positiv zu sehen.

Fazit: Beide Studien zeigen, dass PTH (1-84 oder 1-34) bei Frauen mit postmenopausaler Osteoporose zu einem Dichtezuwachs am spongiösen Knochen, insbesondere in den Wirbelkörpern führt. So erfreulich dieser Befund ist, eine körpereigene Substanz als Pharmakon zu haben, die den Knochenaufbau fördert, so problematisch sind bisher ungelöste Fragen des späteren Knochenabbaus unter Weiterführung bzw. nach Absetzen dieser Therapie. Noch fehlen größere Studien zu klinisch wichtigen Parametern, wie Häufigkeit neuer Frakturen, Schmerzen, bestem Regime und unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Auch ist die sc. Injektion aufwendig, der Preis für PTH (Forsteo®) mit Tageskosten von ca. 55 EUR hoch und die zusätzliche (sequenzielle?) Gabe von so genannten Antiresorptiva (Bisphosphonate) wahrscheinlich erforderlich. Für eine generelle Empfehlung ist es aus klinischer Sicht noch zu früh.

Literatur

  1. Black, D.M., et al. (PaTH = PAraThyroid Hormone and Alendronate study): N. Engl. J. Med. 2003, 349, 1207; s.a. AMB 2003, 37, 85b und 2004, 38, 33.
  2. Finkelstein, J.S., et al.: N. Engl. J. Med. 2003, 349, 1216; s.a. AMB 2003, 37, 85bund 2004, 38, 33.
  3. Black, D.M., et al. (PaTH = PAraThyroid Hormone and Alendronate study): N. Engl. J. Med. 2005, 353, 555.
  4. Cosman, F., et al.: N. Engl. J. Med. 2005, 353, 566.

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