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ACE-Hemmer scheinen die Ruptur von Aortenaneurysmen wirksamer zu verhüten als andere Antihypertensiva

In verschiedenen Tiermodellen mit experimenteller Hypertonie waren ACE-Hemmer wirksamer in der Prävention einer Erweiterung oder Ruptur der Aorta als andere Antihypertensiva, einschließlich Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker (AT-II-RB). Das veranlasste D.G. Hackam et al. aus Kanada (1) zu einer umfangreichen retrospektiven Fall-Kontroll-Studie in der Provinz Ontario (ca. 12 Mio. Einwohner). Es wurde die aktuelle Medikation bei insgesamt 15326 Patienten im Alter über 65 Jahre erfasst, die mit der Hauptdiagnose Aortenaneurysma (rupturiert oder nicht rupturiert) während der letzten zehn Jahre in ein Krankenhaus aufgenommen worden waren. Über verschiedene Datenbanken des kanadischen National Health Service konnten die personenbezogenen Informationen einschließlich weiterer Diagnosen und Risikofaktoren zusammengeführt werden. Leider lagen keine Informationen über den Raucherstatus (einer der wichtigsten Risikofaktoren für Aortenaneurysmen) vor.

22% der Patienten hatten rupturierte, 78% nicht-rupturierte Aneurysmen, 78% waren Männer. Kontraindikationen gegen ACE-Hemmer waren in beiden Gruppen selten (ca. 2%). Die Indikationen für die Verordnung von ACE-Hemmern waren in beiden Gruppen ähnlich. Bei Patienten mit nicht-rupturierten Aneurysmen war, wie zu erwarten, das Aneurysma via bildgebender Diagnostik zuvor häufiger bekannt als bei Patienten mit Ruptur.

Patienten, die ACE-Hemmer genommen hatten (insgesamt 22%), wurden signifikant seltener mit Ruptur aufgenommen als diejenigen ohne ACE-Hemmer (Odds Ratio = OR: 0,82; 95%-Konfidenz-Intervall = CI: 0,74-0,90). Frühere Einnahme von ACE-Hemmern (im Mittel fünf Monate zuvor abgesetzt) oder die aktuelle Behandlung mit Alpha-Blockern (3%), Thiaziden (11%), Betablockern (18%) oder Kalziumantagonisten (25%) war nicht mit einer geringeren Rupturwahrscheinlichkeit assoziiert. Nur 1% der Patienten hatten AT-II-RB eingenommen (OR: 1,24; CI: 0,71-2,18). Auch die Einnahme anderer Medikamente war nicht mit der Rupturwahrscheinlichkeit assoziiert. Über die Blutdruckwerte vor oder bei Krankenhausaufnahme werden keine Angaben gemacht.

Die Autoren zitieren Tierexperimente, die zeigen, dass eine Infusion von Angiotensin II die Steifigkeit der Aorta drastisch erhöht. Bei Patienten mit Aortenaneurysmen sollen ACE-Hemmer, nicht aber andere Antihypertensiva, die Kollagensynthese fördern und die Steifigkeit der Aortenwand herabsetzen.

In einem Kommentar (2) zu der referierten Studie stellen N. Diehm und I. Baumgartner aus Bern fest, dass auch die Patienten mit bekanntem Aortenaneurysma bei Krankenhausaufnahme unzureichend medikamentös behandelt waren. Sie bemängeln das Fehlen von Informationen zum Raucherstatus der Patienten, halten die Studie aber für einen wichtigen Beitrag, dem kontrollierte randomisierte Studien folgen sollten. Es fragt sich jedoch, ob plazebokontrollierte Studien (ohne ACE-Hemmer in der Kontroll-Gruppe) ethisch vertretbar sind, zumal bei Patienten mit Arteriosklerose auch ohne Herzinsuffizienz ACE-Hemmer die kardiovaskuläre Letalität und Morbidität reduzieren (3).

Fazit: Tierexperimentelle und klinische Daten sprechen dafür, dass Patienten mit arteriosklerotischem Aortenaneurysma durch ACE-Hemmer besser vor einer Ruptur geschützt werden als durch andere Antihypertensiva. Die referierte Studie konnte wegen zu kleiner Fallzahl keine klaren Aussagen zu der Wirksamkeit von Angiotensin-II-Rezeptor-Blockern machen. Bei älteren Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren sollte routinemäßig die abdominelle Aorta mit Ultraschall untersucht werden. Patienten mit Aortenaneurysma bedürfen einer intensiven antihypertensiven und lipidsenkenden Therapie und bei Überschreiten eines kritischen Gefäßdurchmessers (≥ 5,5 cm; 4) einer Operation.

Literatur

  1. Hackam, D.G., et al.: Lancet 2006, 368, 659 . Link zur Quelle
  2. Diehm, N., und Baumgartner, I.: Lancet 2006, 368, 622 . Link zur Quelle
  3. Dagenais, G.R., et al.: Lancet 2006, 368, 581 . Link zur Quelle
  4. US Preventive Services Task Force: Ann. Intern. Med. 2005, 142, 198 . Link zur Quelle