Patienten mit Ulkusblutungen profitieren von Protonenpumpenhemmern nach endoskopischer Blutstillung. Dies ist durch mehrere Studien belegt (1-3) und in verschiedene Konsensusempfehlungen aufgenommen worden (4, 5). Die blutstillende Wirkung von Protonenpumpenhemmern bei Ulkusblutungen wird damit erklärt, dass ein ph-Wert über 6 für die Plättchenaggregation entscheidend ist (6). Intravenös und hoch dosiert verabreicht, können Protonenpumpenhemmer einen neutralen ph-Wert im Magen aufrechterhalten (7). Eine indische Studie hat gezeigt, dass die alleinige hoch dosierte Gabe von Omeprazol gegenüber Plazebo bei blutenden Ulzera im oberen Gastrointestinaltrakt wirksam ist (8). Allerdings gab es bisher keine Studie, die den Effekt eines hoch dosierten, intravenös gegebenen Protonenpumpenhemmers vor der endoskopischen Intervention systematisch untersucht hat. Eine solche Studie liegt nun mit Omeprazol vor (9).
Die doppeltblinde, plazebokontrollierte, randomisierte, prospektive Studie wurde an einer Universitätsklinik in Hong Kong durchgeführt. Innerhalb von 17 Monaten wurde konsekutiv jeder Patient, der mit Zeichen einer oberen gastrointestinalen Blutung (Melaena, Hämatemesis) kam, für den Einschluss in die Studie überprüft. Patienten mit hypovolämischem Schock wurden zunächst durch Volumengabe stabilisiert. Patienten, die trotz dieser Maßnahmen im Schock blieben, wurden sofort endoskopiert und von der Studie ausgeschlossen. Außerdem wurden folgende Patienten ausgeschlossen: Alter < 18 Jahre, Schwangere, nicht einwilligungsfähige Patienten, Patienten, die regelmäßig ASS einnahmen sowie Patienten mit bekannter Allergie gegen Protonenpumpenhemmer. Trotzdem konnten in diesem kurzen Zeitraum 319 Patienten in jeden Arm eingeschlossen werden. Sieben Patienten mussten wieder ausgeschlossen werden (fünf in der Omeprazol- und zwei in der Plazebo-Gruppe).
In der Verum-Gruppe erhielten die Patienten 80 mg Omeprazol (Losec®, AstraZeneca) i.v. als Bolus verabreicht und anschließend 8 mg Omeprazol/h i.v. bis zur endoskopischen Untersuchung am nächsten Morgen. Die Plazebo-Gruppe erhielt die gleichen Injektionen, jedoch ohne den Wirkstoff. Die endoskopische Blutstillung erfolgte standardisiert, und der Untersucher musste den Schwierigkeitsgrad der Blutstillung auf einer Skala von 0 bis 10 bewerten. Omeprazol (8 mg/h i.v.) wurde bis 72 h nach der Endoskopie weitergegeben. Danach wurde auf 40 mg/d oral für acht Wochen umgestellt. Patienten, bei denen Helicobacter pylori nachgewiesen wurde, wurden entsprechend therapiert. Der primäre Endpunk der Studie war die Notwendigkeit einer endoskopischen blutstillenden Intervention im Rahmen der ersten Gastroskopie am nächsten Tag. Sekundäre Endpunkte waren in den nächsten 30 Tagen: Notwendigkeit einer Notfallendoskopie, von Bluttransfusionen, von Notfalloperationen, Rate rekurrenter Blutungen, Dauer des Krankenhausaufenthalts und Tod. Die Gruppen waren hinsichtlich ihrer Stratifizierung von Alter, Geschlecht, Komorbiditäten und Lokalisation der Ulzera gleich.
In der Omeprazol-Gruppe musste seltener eine endoskopische Therapie durchgeführt werden als in der Plazebo-Gruppe (60/314 = 19,1% vs. 90/317 = 28,4%; p = 0,007). Auch der Krankenhausaufenthalt war in der Omeprazol-Gruppe kürzer (< 3 Tage bei 60,5% vs. 49,2%; p = 0,005). Bei der ersten Endoskopie hatten Patienten der Omeprazol-Gruppe seltener eine (noch) aktive Blutung (12/187 vs. 28/190; p = 0,001) und der Ulkusgrund war „sauberer”.
Keine Unterschiede gab es hinsichtlich des Verbrauchs von Blutkonserven (1,54 vs. 1,88 Einheiten; p = 0,12), rekurrenter Blutungen (11 vs. 8; p = 0,49), chirurgischer Notfalleingriffe wegen unstillbarer oberer gastrointestinaler Blutung (3 vs. 4; p = 1,0) bzw. Tod (8 vs. 7; p = 0,78). Die Ursachen für den Tod der acht Patienten in der Omeprazol-Gruppe waren: Disseminierte Krebserkrankung (4), Ischämie des Dünndarms (1), Peritonitis (1), Ösophagusvarizenblutung (1), Myokardinfarkt (1). In der Plazebo-Gruppe starben die sieben Patienten an folgenden Erkrankungen: Pankreaskarzinom (2), blutendes Magenkarzinom (1), Kolonkarzinom (1), Subarachnoidalblutung (1), Ösophagusvarizenblutung mit Leberversagen (1), nosokomiale Pneumonie (1). Keines der schwerwiegenden Ereignisse während der Studie konnte auf Omeprazol oder Plazebo zurückgeführt werden.
Die Studie bestätigt, dass eine konsequente Suppression der Magensäure die Stillung der Ulkusblutungen beschleunigt. Die Daten dieser Studie können aber nicht generalisiert werden, da Patienten, die längerfristig ASS eingenommen hatten, ausgeschlossen wurden. Gerade diese Patienten haben aber ein hohes Risiko für Ulkusblutungen. Eine Studie mit diesen Patienten wird zur Zeit von der gleichen Arbeitsgruppe durchgeführt. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass die Studie mit asiatischen Patienten durchgeführt wurde. Es sollte auch klar sein, dass bei Verdacht auf Ösophagusvarizenblutung sofort eine Notfallendoskopie erfolgen muss.
Fazit: Bei blutenden Ulzera im oberen Gastrointestinaltrakt verkürzt die hoch dosierte intravenöse Gabe eines Protonenpumpenhemmers (hier Omeprazol) vor der endoskopischen Untersuchung die Dauer der Blutung und vermindert die Zahl notwendiger endoskopischer Interventionen bei einem klar definierten Patientenkollektiv. Ob dies auch für Patienten mit Ulkusblutungen unter langfristiger ASS-Einnahme gilt, müssen weitere Studien zeigen.
Literatur
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