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Auch bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit ist ASS plus Antikoagulation nicht wirksamer als ASS-Monotherapie

Nach akutem Myokardinfarkt ist die Hemmung der Thrombozytenaggregation die wichtigste Langzeitprophylaxe neuer Koronarverschlüsse. Die Kombination von Azetylsalizylsäure (ASS) und Antikoagulation bringt keinen wesentlichen Vorteil, denn sie ist mit einem mindestens zweifach höheren Blutungsrisiko verbunden. Daher werden in Europa nur Patienten mit koronarer Verschlusskrankheit antikoaguliert, wenn sie zusätzlich noch eine besondere, abgrenzbare Indikation haben, z.B. Vorhofflimmern mit Herzinsuffizienz oder Klappenvitien oder venöse Thromboembolien (1-4).

Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist die Situation offenbar weniger klar. Es gibt Leitlinien, die eine Antikoagulation empfehlen (z.B. 5) oder als Option, zumindest für spezielle Indikationen, erwähnen (6). Ist die Kombination von ASS mit Antikoagulanzien bei pAVK wirksamer als die Monotherapie mit ASS? Dazu wurde jetzt eine internationale, randomisierte, multizentrische Studie veröffentlicht (7). Sie wurde von der McMaster-Universität, Hamilton, Kanada, industrieunabhängig organisiert. Es wurden 2161 Patienten eingeschlossen mit pAVK Stadium III/IV, sofern sie keine Risikofaktoren für Blutungen und keine von der Grundkrankheit unabhängige Indikation für eine Antikoagulation hatten. Nach einer Vorperiode, in der alle Patienten zwei bis vier Wochen lang eine Kombinationstherapie (Komb) von Warfarin (bzw. Acenocoumarol) plus Thrombozytenaggregationshemmer (> 98% ASS) erhielten, wurde randomisiert. Danach erhielt eine Gruppe nur ASS (81-325 mg/d), die andere weiter die Kombination (Ziel-INR: 2,0-3,0). Es gab zwei kombinierte primäre Endpunkte: A = Myokardinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulär bedingter Tod und B = Myokardinfarkt, ischämischer Schlaganfall, kardiovaskulär bedingter Tod und schwere kardiale oder periphere Ischämie, die zur Intervention führte. Die Nachbeobachtungszeit war 35 Monate.

Am Ende der Nachbeobachtung war die Häufigkeit beider Endpunkte (A und B) nicht signifikant unterschiedlich zwischen der ASS- und der Komb-Gruppe (s. Tab. 1). Während der gesamten Beobachtungszeit war sie sogar praktisch identisch. Erst im letzten halben Jahr nahm der Unterschied der Endpunkte (zugunsten von ASS) etwas zu. Zu diesem Zeitpunkt waren allerdings sehr viele Patienten aus unterschiedlichen Gründen bereits ausgeschieden. Die bedrohlichen Blutungen (definiert als Transfusionsbedarf von mehr als vier Konserven oder hämorrhagischer Hirninfarkt) waren aber in der Komb-Gruppe signifikant häufiger. Im letzten halben Jahr der Nachbeobachtung stieg die Zahl der Blutungen in der ASS-Gruppe plötzlich um 2% auf 4%. Offenbar ein Zufall, der mit der vor allem am Schluss der Nachbeobachtung hohen „Drop-out-Rate” zusammenhängt. Insgesamt war der Unterschied der Blutungshäufigkeit im Vergleich zur Komb-Gruppe hochsignifikant (s. Tab. 1). Das war nach Meinung der Autoren klinisch viel bedeutsamer als die nicht signifikant geringere Zahl der ischämischen Endpunkte in der Komb-Gruppe. So ist das Editorial im selben Heft (8) in treffender Weise überschrieben mit: „WAVE Goodbye to Combined Anticoagulation and Antiplatelet Therapy?” Das Fragezeichen kann man in aller Regel weglassen.

Fazit: Bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit verhindert die Kombination von ASS plus Antikoagulation nicht wirksamer größere kardiovaskuläre Ereignisse als eine Monotherapie mit ASS, erhöht aber das Risiko für lebensbedrohliche Blutungen.

Literatur

  1. Andreotti, F., et al.: Am. Heart J. 2006, 27 , 519. Link zur Quelle
  2. Testa, L., et al.: Am. J. Cardiol. 2007, 99, 1637. Link zur Quelle
  3. Husted, S.E., et al.: Eur. Heart J. 2006, 27, 913. Link zur Quelle
  4. Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Koronare Herzkrankheit 2004.
  5. Hirsch,A.T., et al Circulation 2006, 113 , e463. Link zur Quelle
  6. Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft pAVK.
  7. WAVE (Warfarin Antiplatelet Vascular Evaluation trial): N. Engl. J. Med. 2007, 357 , 217. Link zur Quelle
  8. Mohler, E.R.: N. Engl. J. Med. 2007, 357 , 293. Link zur Quelle

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