Auswertungen der Women’s Health Initiative (WHI)-Studien ergaben, dass ältere postmenopausale Frauen nach im Mittel 7,1 Jahren Einnahme von konjugierten Östrogenen (CEE) als auch nach im Mittel 5,6 Jahren Einnahme von CEE plus Medroxyprogesteron-Azetat (MPA) ein signifikant höheres Gallenstein- und Cholezystektomierisiko haben. Das Relative Risiko im Vergleich ohne HRT war aber bei Frauen der CEE-plus-MPA-Gruppe eher etwas niedriger (RR 1,59) als bei alleiniger CEE-Einnahme (RR 1,67; 1).
Jetzt erschien im BMJ eine Auswertung der britischen Million Women Study hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen der Art der HRT und der Inzidenz von Gallenblasenerkrankungen und Cholezystektomien (2). Über andere Aspekte dieser Studie haben wir früher berichtet (3, 4). Etwas über eine Million Frauen im mittleren Alter von 56 Jahren (und damit deutlich jünger als die Frauen der WHI) unterzogen sich einem vom National Health Service (NHS) angebotenen Mammographie-Screening zwischen 1996 und 2001 und teilten den Untersuchern mit, ob und welche Art von HRT sie benutzten oder benutzt hatten. Kürzlich wurden die NHS-Unterlagen hinsichtlich Krankenhausbehandlungen dieser Frauen und speziell Gallenblasenerkrankungen und Cholezystektomien ausgewertet. In etwas über sechs Millionen Patientinnenjahren wurden 19 889 Frauen wegen Gallenblasenerkrankungen erstmals ins Krankenhaus aufgenommen und 17 190 cholezystektomiert.
Im Vergleich mit „Non-usern” hatten Frauen, die orale östrogenhaltige HRT-Präparate einnahmen ein signifikant höheres Risiko für eine Gallenblasenerkrankung (RR: 1,74, 95%-Konfidenzintervall = CI: 1,68-1,8). Bei transdermaler HRT (Pflaster, Gel, Creme) war das Risiko auch erhöht (1,17; CI: 1,1-1,24), aber viel geringer. Ähnlich sind die Risiken für eine Cholezystektomie, da die weitaus meisten Patientinnen operiert wurden. Dies ist die Hauptbotschaft der Publikation. Auch hier war bei oraler HRT das Risiko für Gallenblasenerkrankungen nach Einnahme von Östrogen plus Progestagen etwas niedriger als nach Östrogen allein. Die Dauer der oralen Therapie (< 5 bis > 10 Jahre) machte keinen großen Unterschied hinsichtlich des Risikos für eine Gallenblasenerkrankung. Auch die Einnahme von Tibolon (Liviella®) war mit einem höheren Risiko als bei transdermaler HRT behaftet. Nach Absetzen der oralen HRT fiel das Risiko allmählich, war aber selbst zehn Jahre nach Absetzen noch leicht erhöht.
Oral verabreichte Östrogene passieren obligat die Leber und werden dort metabolisiert. Bei dieser Leberpassage wird auch der Stoffwechsel der Gallenfarbstoffe, die Bildung von Gerinnungsfaktoren und Plasma-Lipiden und vieles andere beeinflusst. Bei transdermaler Hormonapplikation ist dieser Effekt viel geringer. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass das Thromboserisiko unter transdermaler HRT zu vernachlässigen ist (5).
Fazit: Die postmenopausale orale „Hormonersatz-Therapie”, deren Anwendung erfreulicherweise rückläufig ist (6), erhöht unter anderem das Risiko für Gallenblasenerkrankungen und notwendig werdende Cholezystektomien. Bei transdermaler HRT ist dieses Risiko viel geringer. Wenn wirklich indiziert und wenn immer möglich, sollte – auch aus anderen Gründen (6) – der transdermalen HRT der Vorzug gegeben werden.
Literatur
- Cirillo, D.J., et al.: JAMA 2005, 293, 330. Link zur Quelle
- Liu, B., et al. (MWS = Million Women Study): BMJ 2008, 337, a386. Link zur Quelle
- AMB 2003, 37, 77b. Link zur Quelle
- AMB 2005, 39, 53b. Link zur Quelle
- AMB 2003, 37, 77a. Link zur Quelle
- AMB 2006, 40, 57. Link zur Quelle