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Nochmals: Die Women’s Health Initiative. Unerwünschte Ereignisse 2,4 Jahre nach Beendigung der Hormonersatz-Therapie

Wir haben über keine klinische Studie so oft berichtet wie über die WHI-Studie, zuletzt im November 2007 (1). Die Studie sollte die Frage beantworten, ob eine „Hormonersatz-Therapie” (HRT) bei Frauen nach der Menopause vor Alterskrankheiten, speziell Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schützt. Die Antwort war negativ, und der Studienarm, in dem die kombinierte Therapie mit Östrogen und Gestagen mit Plazebo verglichen wurde, war nach 5,6 Jahren Intervention abgebrochen worden, formal wegen einer erhöhten Zahl von Mamma-Karzinomen in der Verum-Gruppe. Über die Inzidenz unerwünschter Ereignisse (Herzinfarkte, venöse Thromboembolien, neu entdeckte Malignome, Frakturen) in den ersten 2,4 Jahren nach Abbruch der Intervention (Zeitraum 2002-2005) wurde jetzt im JAMA berichtet (2).

Während der Interventionsphase waren von den 8506 Frauen in der Verum-Gruppe 250 gestorben, von den 8102 Frauen in der Plazebo-Gruppe 239. In beiden Gruppen konnten 95% der überlebenden Frauen hinsichtlich der hier interessierenden Ereignisraten nachuntersucht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die während der Interventionsphase unterschiedlichen Ereignisraten in den beiden Gruppen einander angenähert haben. Kardiovaskuläre Ereignisse traten in der ehemaligen Verum-Gruppe mit 1,97%/Jahr etwa gleich häufig auf wie in der ehemaligen Plazebo-Gruppe (1,91%). Das Malignomrisiko war jedoch in der Verum-Gruppe mit 1,56%/Jahr immer noch höher als unter Plazebo (1,26%), überwiegend wegen vermehrter Mammakarzinome. Der Unterschied hinsichtlich Malignomen insgesamt war signifikant. Kolonkarzinome, die in der Interventionsphase unter HRT seltener waren als unter Plazebo, waren jetzt annähernd gleich häufig in beiden Gruppen. Die Gesamt-Letalität war etwas, aber nicht signifikant, höher in der Verum- (1,20%/Jahr) als in der Plazebo-Gruppe (1,06%). Erstaunlicherweise war der deutliche Unterschied in der Zahl von Knochenbrüchen während der Intervention (weniger unter HRT) in der Nachbeobachtungsphase mit einer Hazard ratio von 0,91 (95%-Konfidenzintervall: 0,78-1,06) schon nicht mehr signifikant. Ein errechneter globaler Index, der das gesamte Risiko-Nutzen-Verhältnis anzeigen soll, fiel immer noch – wenn auch weniger deutlich als während der Interventionsphase – zuungunsten der (früheren) HRT aus.

Die Ergebnisse zeigen, dass die kombinierte HRT (konjugierte Östrogene plus Medroxyprogesteron) bei Frauen mit intaktem Uterus auch nach Beendigung der Intervention keinen globalen Nutzen bringt, während die Risiken weiterhin leicht überwiegen. Selbst die deutlich reduzierte Zahl von Knochenbrüchen unter HRT glich sich nach Beendigung der Intervention der Ereignisrate in der Plazebo-Gruppe schnell wieder an. In unserer letzten Mitteilung zur WHI-Studie haben wir darüber berichtet, dass die mit einer kombinierten HRT verbundenen Risiken bei jüngeren Frauen (50-59 Jahre) geringer sind als bei älteren Frauen (1). In die WHI-Studie waren ja wegen der primären Fragestellung (Verhinderung kardiovaskulärer Ereignisse durch HRT) viele ältere Frauen (bis zu 79 Jahren, im Mittel ca. 63 Jahre bei Studienbeginn) eingeschlossen worden. Prinzipiell sind die hier mitgeteilten Befunde aus der Post-Interventionsphase vermutlich aber auch auf jüngere Frauen anwendbar. Die Ergebnisse der WHI-Studie haben trotz kontroverser Diskussion ihrer Ergebnisse zu einem Paradigmenwechsel hinsichtlich der peri/post-menopausalen Hormontherapie geführt.

Fazit: Wie in unserem Leitartikel von 2006 (3) ausgeführt, ist die „Hormonersatz-Therapie” nicht zur Prävention von Erkrankungen der Frau in der zweiten Lebenshälfte geeignet. Sie ist bei fehlenden Kontraindikationen nur noch zur Behandlung erheblicher klimakterischer Beschwerden über einen möglichst kurzen Zeitraum indiziert, wenn eine Frau diese Therapie nach eingehender Aufklärung wünscht.

Literatur

  1. AMB 2007, 41, 85. Link zur Quelle
  2. Heiss, G., et al. (WHI = Women’s Health Initiative): JAMA 2008, 299, 1036. Link zur Quelle
  3. AMB 2006, 40, 57. Link zur Quelle