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Renoprotektion bei Diabetes mellitus Typ 2 durch Losartan plus Aliskiren? Die AVOID-Studie

Seit August 2007 ist der Renin-Inhibitor Aliskiren (Rasilez®) als neuartiges Antihypertensivum auf dem Markt. Wir haben das Medikament kritisch besprochen (1). Es fehlt bisher der Nachweis, dass unter dieser Therapie kardiovaskuläre Folgeerkrankungen seltener auftreten. Bei Kombination von Aliskiren mit ACE-Hemmern und Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten droht jedoch Hyperkaliämie, und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ungünstig.

Nun ist im N. Engl. J. Med. eine Studie erschienen, die den Einfluss der Kombination von Losartan plus Aliskiren auf die Entwicklung einer Albuminurie bei Typ-2-Diabetikern untersucht hat (2). Die Arbeit wurde von der Herstellerfirma (Novartis) unterstützt. Alle fünf Autoren haben Interessenkonflikte.

In die multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie wurden 599 Patienten mit Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2 und diabetischer Nephropathie (Albumin-Kreatinin-Quotient im Morgenurin > 300 mg/g bis 3500 mg/g) eingeschlossen. Ausgeschlossen wurden Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz (GFR < 30 ml/min/1,73 m2), schwerer Hypertonie, chronischer Harnwegsinfektion, schwerer kardiovaskulärer Erkrankung in den sechs Monaten zuvor oder Serumkalium > 5,1 mmol/l. Während einer dreimonatigen Vorphase wurden alle Patienten mit 100 mg Losartan/d und, wenn nötig, weiteren Antihypertensiva behandelt; der RR-Zielwert war < 130/80 mm Hg. Danach wurde randomisiert. Eine Gruppe (A) erhielt zusätzlich Aliskiren, drei Monate lang 150 mg/d, dann drei Monate lang 300 mg/d, die andere Gruppe (P) sechs Monate lang Plazebo. Verglichen wurde die Entwicklung der Albuminurie gemessen am Albumin-Kreatinin-Quotienten.

Ergebnisse: Der Albumin-Kreatinin-Quotient (mittlerer Ausgangswert etwa 530 mg/g) nahm in der Gruppe A im Vergleich zu P in sechs Monaten um 20% ab. Die Differenz war statistisch signifikant. Die Absolutwerte sind nicht angegeben. Der RR in Gruppe A war nach sechs Monaten systolisch um 2 mm Hg, diastolisch 1 mm Hg niedriger als in Gruppe P (n. s.). Kaliumwerte > 5,5 (resp. ≥ 6,0) mmol/l hatten in Gruppe A 13,7% (resp. 4,7%) der Patienten und in Gruppe P 10,8% (resp. 1,7%). Die GFR nahm während der sechs Monate in Gruppe A um 2,4 ml/min/1,73 m2, in Gruppe P um 3,8 ml/min/1,73 m2 ab (n. s.).

Nach unserer Meinung ist diese Studie für eine klinisch bedeutsame renoprotektive Wirkung von Aliskiren nicht beweisend. Dafür war die Beobachtungsdauer (sechs Monate) zu kurz. In Gruppe A war unter der Therapie der systolische Blutdruck etwas niedriger. Auch in anderen ähnlichen Untersuchungen war die Protektion der Nierenfunktion (GFR) mit den Blutdruckwerten korreliert: Wenn eine Behandlung den systolischen Blutdruck auch nur um wenige mm Hg stärker senkte als eine andere, war der nephroprotektive Effekt größer (z.B. 3, 4, 5). Der statistische Ausgleich für die Blutdruckwirkung auf den Verlauf der Niereninsuffizienz ist unsicher. Daher bleibt es strittig, ob es eine substanzspezifische Renoprotektion von Aliskiren gibt, die über die reine Blutdruckwirkung hinausgeht. Auch ist nicht klar, ob die nach sechs Monaten erreichte geringere Albuminurie im Vergleich zur Plazebo-Gruppe (-20%) ein prognostisches Zeichen für das langsamere Fortschreiten der Niereninsuffizienz ist.

Hyperkaliämien waren erwartungsgemäß häufiger in Gruppe A. Das ist ein bedenkenswerter und bedenklicher Befund. In diese Studie wurden nur gering-gefährdete Patienten ohne relevante Komorbidität eingeschlossen. Solche Patienten sind aber in der Praxis eher in der Minderheit.

In einem Editorial von J.R. Ingelfinger (6) wird ausgeführt, dass ein Renin-Antagonist theoretisch eine Bereicherung der antihypertensiven Therapie ist. Das Editorial schließt allerdings mit dem Satz: „Es muss noch gezeigt werden, dass die zweifache Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mit Aliskiren und einem oder mehreren anderen Wirkstoffen eine nachhaltige Renoprotektion bieten kann”. Das Akronym dieser Studie lautet AVOID. Dies sollte zunächst befolgt werden.

Fazit: Unter der Kombinationsbehandlung von Losartan plus Aliskiren nimmt im Verlauf von sechs Monaten die Albuminurie im Vergleich zur Monotherapie mit Losartan bei hypertensiven Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 etwas ab. Eine klinisch relevante Renoprotektion lässt sich aus diesem Studienergebnis nicht ableiten. Hyperkaliämien waren unter der Kombinationsbehandlung häufiger.

Literatur

  1. AMB 2007, 41, 84b. Link zur Quelle
  2. Parving, H.-H. et al. (AVOID = Aliskiren in the eValuation of prOteinuria in Diabetes): N. Engl. J. Med. 2008, 358, 2433. Link zur Quelle
  3. Parving, H.-H., et al. (IRMA II = IRbesartan in patients with Type 2 diabetes and MicroAlbuminuria study group): N. Engl. J. Med. 2001, 345, 870 Link zur Quelle ; s.a. AMB 2001, 35, 73 Link zur Quelle und AMB 2002, 36, 01. Link zur Quelle
  4. Brenner, B.M., et al. (RENAAL = Reduction of Endpoints in Non-insulin-dependent diabetes mellitus with the Angiotensin II Antagonist Losartan study): N. Engl. J. Med. 2001, 345, 861 Link zur Quelle ; s.a. AMB 2001, 35, 73 Link zur Quelle ; AMB 2002, 36, 01 Link zur Quelle ; AMB 2003, 37, 51. Link zur Quelle
  5. Casas, J.P., et al.: Lancet 2005, 366, 2026 Link zur Quelle ; s.a. AMB 2006, 40, 06. Link zur Quelle
  6. Ingelfinger, J.R.: N. Engl. J. Med. 2008, 358, 2503. Link zur Quelle