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Morbus Whipple: Ceftriaxon genauso wirksam wie Meropenem

Morbus Whipple ist eine seltene, chronische, bakterielle Multiorganinfektion mit dem Actinomyzeten Tropheryma whipplei. Man rechnet in Deutschland mit einer Inzidenz von ca. 1-2/1 000 000 Einwohnern. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Erkrankung wird meist erst im Alter zwischen 45 und 55 Jahren klinisch manifest. Die Symptome sind sehr vielfältig und können jedes Organ betreffen. Besonders dann, wenn nicht gastroenterologische, sondern neurologische oder arthritische Beschwerden im Vordergrund stehen, wird die Erkrankung häufig erst nach Jahren diagnostiziert. Unbehandelt verläuft diese Infektion fatal (1).

J.W. Paulley berichtete zum ersten Mal über eine Heilung der Krankheit durch Antibiotika (2). Seither werden Patienten mit M. Whipple antibiotisch vorwiegend mit Tetrazyklinen behandelt. In retrospektiven Studien wurde aber über – vorwiegend neurologische – Rückfälle berichtet (3-5). Daher werden seither Antibiotika eingesetzt, die die Blut-Hirn-Schranke besser passieren. Aus diesen Überlegungen ist die Idee einer Induktionstherapie mit zweiwöchiger i.v. Gabe von Ceftriaxon oder Meropenem, gefolgt von einer einjährigen Erhaltungstherapie mit Co-trimoxazol, hervorgegangen. Die Überprüfung dieser Strategie ist jedoch wegen der Rekrutierung von Patienten mit dieser seltenen Krankheit erschwert. Jetzt wurde zum ersten Mal eine randomisierte Studie zur Therapie des M. Whipple vorgelegt (6).

Die Studie verglich in zwei Armen zwei Wochen Ceftriaxon mit zwei Wochen Meropenem, gefolgt von einem Jahr Co-trimoxazol. In beide Arme wurden je 20 Patienten (vorwiegend aus Deutschland) rekrutiert. Der erste Patient wurde im Januar 1999 eingeschlossen. Die 36-monatige Nachbeobachtungszeit war beim letzten Patienten im Juli 2006 beendet. Das Hauptkriterium der Studie war die klinische Rezidivfreiheit während der gesamten Nachbeobachtungszeit. In beiden Behandlungsarmen konnte bei allen Patienten eine Remission erzielt werden, die während der drei Jahre anhielt und sich auch histologisch und molekularbiologisch bestätigen ließ. Zwei Patienten starben (je einer in jedem Arm). Bei beiden konnte ein Rezidiv des M. Whipple als Todesursache ausgeschlossen werden.

Hinsichtlich des Ansprechens und der Rezidivfreiheit ergab sich kein Unterschied zwischen der Meropenem- und der Ceftriaxon-Gruppe. Man kann also das preisgünstigere Antibiotikum verwenden. Es bleibt jedoch eine Reihe von Fragen offen, z.B.: Ist eine Induktionstherapie überhaupt erforderlich oder reicht eine alleinige orale Therapie mit z.B. Co-trimoxazol = Trimethoprim-Sulfamethoxazol (wobei nur das Sulfonamid bei diesem Bakterium wirksam ist)? Ist eine kürzere Behandlung genauso gut wirksam? Es sind also weitere Studien nötig, um die optimale Therapie und die Behandlungsdauer bei dieser seltenen, aber potenziell fatalen Krankheit herauszufinden.

Fazit: Bei Morbus Whipple waren in dieser Studie Ceftriaxon und Meropenem im Rahmen einer zweiwöchigen Induktionstherapie, an die sich eine einjährige Therapie mit Co-trimoxazol anschloss, gleich gut wirksam. Alle Patienten waren während der dreijährigen Nachbeobachtung rezidivfrei. Zwei Patienten starben jedoch aus unklaren Gründen im Beobachtungszeitraum.

Literatur

  1. Schneider, T., et al.: Lancet Infect. Dis. 2008, 8, 179. Link zur Quelle
  2. Paulley, J.W.: Gastroenterology 1952, 22, 128. Link zur Quelle
  3. Keinath, R.D., et al.: Gastroenterology 1985, 88, 1867. Link zur Quelle
  4. Fleming, J.L., et al.: Mayo Clin. Proc. 1988, 63, 539. Link zur Quelle
  5. Bai, J.C., et. al.: J. Clin. Gastroenterol. 1991, 13, 303. Link zur Quelle
  6. Feurle, G.E., et al.: Gastroenterology 2010, 138, 478. Link zur Quelle