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Herzschrittmacher-assoziierte Infektionen mit Endokarditis – Ergebnisse einer prospektiven Kohortenstudie

Herzschrittmacher und automatische Kardioverter-Defibrillatoren (AICD) werden weltweit zunehmend implantiert (vgl. auch 1). In den USA waren es zwischen 1993 und 2008 mehr als 4,2 Millionen (2, 3). Infektionen der Gerätetaschen oder der Sonden sind potenziell schwere, lebensbedrohliche Erkrankungen. Die Zahl solcher Infektionen hat in den letzten Jahren alarmierend zugenommen – in den USA zwischen 1993 und 2008 um 210% (2, 4-5). Insbesondere die Infektionen, die zu einer Endokarditis führen, sind mit hoher Letalität behaftet (6). Das Management dieser Infektionen ist schwierig. In der Regel muss das Gerät entfernt und eine längere antibiotische Therapie durchgeführt werden. In einer kürzlich vorgelegten Studie wurde die Schrittmacher-assoziierte Endokarditis (Cardiac devices infective endocarditis = CDIE) klinisch charakterisiert und Risikofaktoren hinsichtlich der Hospital- und Einjahresletalität untersucht (7).

Die prospektive Kohortenstudie verwendete Daten aus der „International Collaboration on Endocarditis-Prospective Cohort Study (ICE-PCS)”, die zwischen Juni 2000 und August 2006 in 61 Zentren und 28 Ländern durchgeführt wurde. In die Studie wurden stationäre Patienten mit gesicherter Endokarditis (modifizierte Duke-Klassifikation; 8) aufgenommen.

Hauptziel der Studie war die Ermittlung der Einjahres-Überlebenszeit bei CDIE. Bei 177 von 2.760 Patienten mit einer bakteriellen Endokarditis wurde eine CDIE diagnostiziert. Von diesen hatten 152 einen permanenten Schrittmacher und 21 einen AICD; bei vier Patienten war das Gerät nicht spezifiziert. Bei 149 (84%) von diesen 177 Patienten konnte der Erreger im Blut nachgewiesen werden. Echokardiographisch waren Vegetationen auf Sonden oder Klappen bei 159 (90%) Patienten nachweisbar. Der Anteil von Patienten mit Klappenbeteiligung war sehr hoch (n = 66 ; 37%). Am häufigsten war die Trikuspidalklappe betroffen (n = 43; 24%). Von der CDIE waren besonders ältere Patienten betroffen (im Median 71 Jahre); die häufigsten Erreger waren Staphylokokken (n = 62); es gab einen hohen Anteil Krankenhaus-assoziierter Infektionen (n = 81), darunter 26 mit MRSA. Der Schrittmacher und die Sonden wurden im Median 12 Tage nach Diagnosestellung bei 141 von 177 Patienten entfernt. Bei 66 wurden zusätzlich Herzklappen ersetzt. 26 (15%) Patienten starben während des Krankenhausaufenthalts und 15 (8%) im weiteren Verlauf eines Jahres nach Diagnose. Während des Krankenhausaufenthalts ergab sich kein Unterschied in der Letalität zwischen operierten und nicht operierten Patienten. Die Regressionsanalysen zeigten als wichtigsten Parameter für das Einjahresüberleben die initiale Explantation des Geräts (28/141 = 20% vs. 13/34 = 38%; Hazard-Ratio: 0,42; 95%-CI: 0,22-0,82). Der Überlebensvorteil zeigte sich allerdings noch nicht während des Krankenhausaufenthalts. Dies könnte auf die insgesamt kleine Zahl der Patienten und die fehlende „statistische Power” zurückzuführen sein. Die beiden Gruppen unterschieden sich in den meisten Charakteristika nicht wesentlich. Allerdings waren Patienten mit Herzinsuffizienz und positiven Blutkulturen häufiger in der Gruppe, in der das Gerät initial nicht explantiert wurde. Es wurden keine Gründe dafür angegeben, warum bei diesen 34 Patienten mit CDIE die Aggregate bei Erstdiagnose nicht entfernt wurden, obwohl dies von den entsprechenden Gesellschaften empfohlen wird. Auch erscheint uns die Zeitverzögerung zwischen Diagnose und Entfernung des Geräts von median 12 Tagen als zu lang. Sie könnte zur hohen Gesamtletalität (41 Patienten; 23%) beigetragen haben. Ein weiterer Parameter, der die Letalität erhöhte, war die Infektion von Herzklappen.

Fazit: Die bisher größte prospektive Kohortenstudie zu Schrittmacher-assoziierten Infektionen mit Endokarditis zeigt eine hohe Letalität und unterstreicht die bisherigen Empfehlungen, die Geräte möglichst rasch nach der Diagnose zu entfernen.

Literatur

  1. AMB 2001, 35, 57 Link zur Quelle. AMB 2003, 37, 33 Link zur Quelle . AMB 2010, 44, 09 Link zur Quelle. AMB 2012, 46, 22a. Link zur Quelle
  2. Greenspon, A.J., et. al.J. Am. Coll. Cardiol. 2011, 58, 1001. Link zur Quelle
  3. Jarcho, J.A.: N. Engl. J.Med. 2006, 355, 288. Link zur Quelle Erratum:N. Engl. J. Med. 2006, 355, 1184.
  4. Chua, J.D., et al.: Ann.Intern. Med. 2000, 133, 604. Link zur Quelle
  5. Cabell, C.H., et al.: Am.Heart J. 2004, 147, 582. Link zur Quelle
  6. Sohail, M.R., et al.: J. Am. Coll. Cardiol. 2007, 49, 1851. Link zur Quelle
  7. Athan, E., et al. (ICE-PCS = International Collaborationon Endocarditis-Prospective Cohort Study): JAMA 2012, 307, 1727. Link zur Quelle
  8. Li, J.S., et al.: Clin.Infect. Dis. 2000, 30, 633. Link zur Quelle