Harnwegsinfektionen im Zusammenhang mit Blasenkathetern sind weltweit die zweithäufigsten im Krankenhaus erworbenen Infektionen. Vorsichtige Schätzungen gehen von 145.000 solcher Infektionen bei Erwachsenen alleine in den USA für das Jahr 2010 aus (1). Zu den wirksamsten Maßnahmen, solche Infektionen zu verhindern, gehören die sorgfältig abgewogene Indikation zur Insertion und die rechtzeitige Entfernung solcher Katheter, wenn es die klinische Situation erlaubt (2). Möglicherweise können antimikrobiell beschichtete Blasenkatheter solche Infektionen reduzieren (3). Es werden mit Silberlegierungen oder Antibiotika (z.B. Nitrofural) beschichtete Blasenkatheter angeboten. Allerdings ist die Evidenz bisher gering, dass sie Infektionen reduzieren.
Jetzt wurde eine Studie vorgelegt, in der in einer 1:1:1 Randomisierung Silber- bzw. Nitrofural-beschichtete Blasenkatheter mit normalen Kathetern (Polytetrafluoroethylen = PTFE) verglichen wurden (4). In diese multizentrische britische Studie wurden Erwachsene (≥ 16 Jahre) eingeschlossen, die für kurze Zeit (≤ 14 Tage) einen Blasenkatheter benötigten. Als primärer Endpunkt wurde eine klinisch symptomatische Harnwegsinfektion angesehen, die innerhalb der ersten sechs Wochen nach Randomisierung auftrat und eine antibiotische Behandlung erforderte. Um einen klinischen Vorteil der beschichteten Blasenkatheter zu belegen, wurde im Studiendesign eine Risikoreduktion von mindestens 3,3% gegenüber den Kontroll-Kathetern festgelegt. Auch sollte dabei das 95%-Konfidenzintervall (CI) der Differenzen nicht 0 beinhalten.
Von den 7.102 randomisierten Patienten erhielten 708 (10%) aus verschiedenen Gründen doch keinen Blasenkatheter und wurden von der Studie ausgeschlossen. In der Kontroll-Gruppe (normaler PTFE-Katheter) entwickelten 271 von 2.144 Patienten (12,6%) eine klinisch symptomatische Harnwegsinfektion, in der Gruppe mit den Silber-beschichteten Kathetern 263 von 2.097 (12,5%) und in der Gruppe mit dem Nitrofural-beschichteten Kathetern 228 von 2.153 (10,6%). Die Statistik ergab für Silber-beschichtete Blasenkatheter: Differenz der Infektionen: -0,1% (CI: -2,4 bis 2,2) und für die Antibiotikum-beschichteten Katheter -2,1% (CI: -4,2 bis 0,1). Silber-beschichtete Katheter hatten also keine vor Harnwegsinfektionen schützende Wirkung. Bei den Antibiotikum-beschichteten Kathetern war der schützende Effekt minimal.
Nach Schätzung müssten demnach 1.000 Patienten einen Silber-beschichteten Katheter erhalten, um eine Infektion zu verhindern. Die Risikoreduktion durch Nitrofural-beschichtete Katheter lag mit 2,1% deutlich unter der 3,3%-Grenze, die als „klinisch relevant” in der Studie gefordert war. Die günstigste Schätzung für den klinischen Nutzen Nitrofural-beschichteter Katheter ergab, dass 48 Patienten einen solchen erhalten müssten, um eine Infektion zu verhindern. Der wirkliche Effekt liegt statistisch jedoch im Bereich zwischen jedem 24. und 0. Das CI beinhaltet also null, was bedeutet, dass Nitrofural-beschichtete Katheter bei der kurzen Liegezeit Harnwegsinfektionen nur marginal verhindert haben.
In der Gruppe mit Nitrofural-beschichteten Kathetern gab einer von neun Patienten an, Schmerzen durch den Katheter zu haben, eine UAW, die diesen Katheter abwertet. Hinzu kommt die theoretische Möglichkeit, dass bakterielle Resistenzen induziert werden.
Fazit: Silber-beschichtete Blasenkatheter vermindern im Vergleich mit normalen PTFE-Kathetern Katheter-assoziierte und klinisch relevante Harnwegsinfektionen nicht. Nitrofural-beschichtete Katheter reduzieren solche Harnwegsinfektionen zwar marginal, aber klinisch nicht relevant. Sie verursachen zudem häufiger Schmerzen und können theoretisch die Entwicklung bakterieller Resistenzen fördern.
Literatur
- Centers of Disease Controland Prevention. NHSN Annual Reports. Link zur Quelle
- Gould, C.V., et al.: Infect.Control. Hosp. Epidemiol. 2010, 31,319. Link zur Quelle
- Stensballe, J., et al.: Ann. Intern. Med. 2007, 147, 285. Link zur Quelle
- Pickard, R., et al.: Lancet. 2012, 380, 1927. Link zur Quelle